«Typisch Emil» © filmcoopi

Emil, Nöldi und die Säntis-Helden – Filmperlen «Made in Switzerland»

Was einheimisches Schaffen angeht, ist die Herbst-Winter-Saison äusserst vielversprechend. So laden in Porträts Kabarettist Emil Steinberger und Schwinger Nöldi Forrer in ihre persönliche Welt ein. Oder historische Ereignisse sind in packenden Dramen zu erleben. Und es lassen sich noch mehr Produktionen aus der Schweiz entdecken.

Text: Marco Hirt

Eine Fülle an Filmen, die ein Schweizer Publikum ganz besonders ansprechen, locken nach den heissen Sommertagen in die Lichtspieltheater. Nebst Hollywood-Blockbustern oder europäischen Produktionen ist in den Kinos ab Ende August aber auch «Made in Switzerland» bestens vertreten.

Nöldi und Emil – zwei Persönlichkeiten hautnah

Schwinger Nöldi Forrer
«Nöldi Forrer – Ein Wille aus Titan» © moviebizfilms

Acht Kränze waren es, die ihm Anfang 2017 noch fehlten. Sein ehrgeiziges Ziel: 150 Kränze. Als damals die Dreharbeiten zum Dok-Film «Nöldi Forrer – Ein Wille aus Titan» starteten, schien dies in entspannter Reichweite zu sein. Den Rekord hatte der Schwinger 2016 zwar mit dem 137. Eichenlaub bereits geknackt. Da habe es aber einfach noch nicht «Klick» gemacht, erinnert sich der heute 45-Jährige. Er wollte mehr. Und das um jeden Preis, obwohl ihm gesundheitliche Probleme mehr und mehr zusetzten. Stärker werdende Hüftprobleme, das zunehmende Alter und ein erneuter Kreuzbandriss verunmöglichten zusehends Wettkampfeinsätze. Eine Zeit, in der Nöldi Forrer von der Kamera begleitet wird – und die dabei Höhen und Tiefen im Leben eines Spitzensportlers, dem bisher erfolgreichsten Kranz-Schwinger, hautnah festhält. 

«Nöldi Forrer – Ein Wille aus Titan», Kinostart: 29. August 2024


Filmplakat Emil

Eine verdiente Würdigung verpackt in ein filmisches Denkmal: «Typisch Emil» taucht ein in 90 Jahre Emil Steinberger, ist aber mehr als bloss ein nostalgischer Blick auf seine erfolgreiche Karriere als Kabarettist mit seinen unvergesslichen Bühnenfiguren. Der Dokumentarfilm blickt auch auf die Schattenseiten in seinem Leben, lässt uns jedoch ebenso an seinem grossen privaten Glück mit Ehefrau Niccel teilhaben. «Während der intensiven Vorbereitungsphase haben wir uns nicht nur auf die aussergewöhnlichen Leistungen von Emil Steinberger konzentriert, sondern auch auf den Menschen hinter der öffentlichen Figur», sagt Regisseur Phil Meyer. «Es war uns wichtig, Emil in seiner Authentizität zu zeigen, und ich bin dankbar, dass wir die Möglichkeit hatten, ihm und Niccel so nahe zu kommen.» An «Typisch Emil» mitzuarbeiten, war für den heute 91-Jährigen ebenso ein besonderes Erlebnis. «Jeder Dreh wird zu einem tiefgreifenden Erlebnis, wie meine bisherigen Erfahrungen zeigten», meint Emil Steinberger, der seit einigen Jahren mit seiner Frau in Basel lebt. «Typisch Emil» mache da keine Ausnahme. Was ihn auch zum Staunen bringt: «Im Nachhinein war ich von mir selbst überrascht, mit welcher Leichtigkeit ich im Film von grossen Entscheiden in meinem Leben erzähle, als ob es nichts Leichteres gegeben hätte.»

Premiere feiert «Typisch Emil» am «Zurich Film Festival» (ZFF), das vom 3. bis 13. Oktober 2024 stattfindet, im Rahmen einer grossen Gala. Zumal Emil Steinberger dabei mit dem «Lifetime Achievement Award» für sein Lebenswerk geehrt wird. «Kein anderer Schweizer Kabarettist und Schauspieler versteht es so gekonnt, typisch schweizerische Charakterzüge mit einem Augenzwinkern liebevoll zu überzeichnen, sodass wir am Schluss immer auch ein bisschen über uns selbst lachen», sagt Christian Jungen, künstlerischer Leiter des ZFF. Darüber hinaus habe er als grosser Charakterdarsteller mit seinem Charme und Witz den erfolgreichsten Schweizer Film «Die Schweizermacher» geprägt. «Die Auszeichnung macht mich wirklich glücklich», freut sich Emil Steinberger. «Natürlich steckt hinter allem, was ich gemacht habe, immer auch harte Arbeit. Zum Erfolg wird es aber erst dann, wenn die Menschen darin Momente entdecken, die sie als kostbar und berührend empfinden.»

«Typisch Emil», Kinostart: 7. November 2024


Landesverräter, Berghelden und Kindsmörderin

Szene mit Dimitri Krebs (Ernst Schrämli) aus dem Film "Landesverräter"
Landesverräter Dimitri Krebs (Ernst Schrämli) © SRF, SRG SSR

Ein Landstreicher wird zum ahnungslosen Spion: «Landesverräter» ist denn auch der Titel des Dramas, das auf wahren Begebenheiten basiert und in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs spielt. Der aus schwierigen Verhältnissen stammende Ernst Schrämmli gerät in St. Gallen an einen Nazi-Geheimagenten. Dieser wird zu seinem Schicksal: Denn der Deutsche weiss ihn so zu manipulieren, dass ihm der naive Schrämmli geheime Militärinformationen liefert. Er fliegt auf – und wird wegen Landesverrats als erster Schweizer zum Tod verurteilt. Besetzt ist der historische Spielfilm mit Dimitri Krebs, Fabian Hinrichs, Luna Wedler und Stefan Gubser.

«Landesverräter», Kinostart: 24. Oktober 2024


«Die stillen Helden vom Säntis»
© Säntis-Helden

«Säntisträger» wurden sie genannt, die Menschen, die ab 1879 die Versorgung der Wetterstation auf dem Säntis sicherstellten. Ihnen ist es zu verdanken, dass eine solche auf dem 2504 Meter hohen Berg überhaupt betrieben werden konnte. Bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter ging es hoch und hinunter – denn die Schwebebahn wurde erst 1935 in Betrieb genommen. Im Doku-Drama «Hölde – Die stillen Helden vom Säntis« stehen sie, aber auch die Wetterwarte und ihre wissenschaftliche Arbeit im Mittelpunkt – und auch der schockierende Säntis-Mord 1922 wird thematisiert. Aufbereitet wird alles in authentischen, vor Ort im Alpstein-Gebiet entstandenen Aufnahmen auf der Originalroute der Säntisträger, gemischt u.a. mit Zeitzeugenaussagen und historischen Fotos, aber auch eingestreuten Spielfilmsequenzen. Und lässt so das Publikum intensiv die vergangene Zeit spüren.

«Hölde – Die stillen Helden vom Säntis», Kinostart: 28. November 2024


Friedas Fall: Stefan Merki (als Staatsanwalt Walter Gmür), Julia Buchmann (als Frieda), Regisseurin Maria Brendle, Rachel Braunschweig (als Erna Gmür), Max Simonischek (als Anwalt Arnold Janggen)

«Friedas Fall»: Stefan Merki (als Staatsanwalt Walter Gmür), Julia Buchmann (als Frieda), Regisseurin Maria Brendle, Rachel Braunschweig (als Erna Gmür), Max Simonischek (als Anwalt Arnold Janggen) © Condor Films

Ein trauriges Schicksal greift «Friedas Fall»: Die 25-jährige Frieda Keller steht 1904 vor Gericht, weil sie ihren fünfjährigen Sohn getötet hat. Beim Prozess in St. Gallen stellt sich dann allerdings die Frage, wie viel Opfer in der Täterin steckt. Denn sie war vergewaltigt worden, das Kind stammte von ihrem Peiniger. Den historischen Stoff hatte Michèle Minelli im Roman «Die Verlorene» 2015 aufgearbeitet, nun auch als Co-Autorin das Drehbuch verfasst. Ein tiefgründiger Fall, der die Debatten über Frauenrechte und die Entwicklung des Strafrechtssystems massgeblich beeinflusste. Maria Brendle, die 2022 für ihren Kurzfilm «Ala Kachuu» für einen «Oscar» nominiert war, inszenierte das Gesellschaftsdrama mit der Newcomerin Julia Buchmann, Max Simonischek und Rachel Braunschweig.

«Friedas Fall», Kinostart: 16. Januar 2025

Noch mehr «Made in Switzerland»

  • «Brunaupark»: Porträt der Siedlung in Zürich, welche abgerissen werden soll, um einem neuen Gebäudekomplex zu weichen. Wie gehen die Menschen damit um, ihr Zuhause zu verlieren? Ab 29. August im Kino, Vorpremieren ab 23. August
  • «Die wundersame Verwandlung der Arbeiterklasse in Ausländer»: Filmemacher Samir erzählt von den Arbeitskräften aus Europas Süden, die Anfang der 60er-Jahre u.a. in die Schweiz kamen. Und verwebt in seinem Dokumentarfilm die gesellschaftlichen Umwälzungen mit seiner persönlichen Geschichte als Migranten-Bub. Premiere am 13. August am Locarno Film Festival, ab 5. September im Kino.
  • «Der Spatz im Kamin»: Im Abschluss ihrer Trilogie widmen sich die Zwillingsbrüder Ramon und Silvan Zürcher wiederum dem menschlichen Zusammenleben. Ein Geburtstag hat ungeahnte Folgen – und zwei Schwestern prallen aufeinander, als verborgene Sehnsüchte und Geheimnisse aufbrechen. Ab 19. September im Kino.
  • «Die Tabubrecherin»: «Ich sammle Leben, nicht Jahre», sagt Michèle Bowley, die an Krebs erkrankt ist und um ihr Ende weiss. Sie stellt sich ihrer Krankheit wie auch dem Sterben – und nimmt in diesem Dok-Film mit auf eine Reise ins Unabänderliche. Ab 24. Oktober im Kino.
Beitrag vom 01.08.2024

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