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Unterschiedliches Hunderecht

Vorschriften zur Hundehaltung finden sich nicht nur im eidgenössischen Tierschutzrecht, sondern auch in den kantonalen Erlassen jedes Kantons. Diese zum Teil sehr unterschiedlich ausgestalteten Einzellösungen führen zu einer unübersichtlichen Gesetzeslage.

Portrait von Christine Künzli, MLaw und stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin bei der Stiftung Tier im Recht.
Christine Künzli*

Während der Schutz von Tieren vor Eingriffen des Menschen durch das Tierschutzrecht schweizweit einheitlich geregelt ist, fällt der Schutz des Menschen vor Tieren in die Kompetenz der Kantone. Dies gilt auch für die Regelung des Umgangs mit «potenziell gefährlichen Hunden». Die meisten Kantone haben ein eigenes kantonales Hundegesetz erlassen, das ihre Bevölkerung vor gefährlichen Hunden schützen soll.

Kantonale Gemeinsamkeiten finden sich bei den allgemeinen Anforderungen an die Hundehaltung (Kotaufnahmepflicht, Hundesteuer, Haftpflichtversicherung etc.). Zudem sind Hunde in vielen Kantonen an stark frequentierten, öffentlich zugänglichen Orten, etwa an Bahnhöfen, auf Friedhöfen Spielplätzen oder Schulanlagen, generell an der Leine zu führen.

Darüber hinaus sehen mehrere Kantone Bestimmungen vor, die nur für gewisse Hundetypen oder Rassen gelten. Die radikalste Form sind Halte- und Zuchtverbote für gewisse Rassen und ihre Mischlinge etwa in den Kantonen Freiburg, Genf, Solothurn, Wallis und Zürich. In anderen Kantonen finden sich (aus der Sicht des Tierschutzes bedenkliche) generelle Maulkorb- oder Leinenpflichten für bestimmte Rassen. Wieder andere Kantone haben auf eine Regelung in Bezug auf «gefährliche» Hunde gänzlich verzichtet. Damit verfügt die kleinräumige Schweiz über eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen, wobei sich die jeweiligen Erlasse hinsichtlich Konzept, Normendichte sowie Eingriffsstärke stark voneinander unterscheiden.

Kantonale Lösung führt zu Rechtsunsicherheit

Die 26 kantonalen sehr unterschiedlich ausgestalteten Einzellösungen führen angesichts der hohen Mobilität der Hundehaltenden in der heutigen Zeit zu einer sehr unübersichtlichen Gesetzeslage. Hinzu kommt, dass sich der Vollzug der Bestimmungen sogar bei inhaltlich ähnlichen Gesetzen von Kanton zu Kanton stark unterscheidet. Weiter sind gewisse Regelungen für Hundehaltende auch in anderen kantonalen Erlassen (wie beispielsweise dem kantonalen Jagdrecht) enthalten. In einigen Kantonen existieren zudem gar keine spezifischen Hundegesetze und die für Hundehaltende einschlägigen Bestimmungen müssen in anderen kantonalen Erlassen zusammengetragen werden.

Obligatorische Ausbildungspflicht wünschenswert

Nachdem der national geltende Sachkundenachweis (SKN) für Hundehaltende 2017 abgeschafft wurde, bestehen bezüglich der Ausbildung nur noch die kantonalen Bestimmungen. Eine generelle Ausbildungspflicht für Hundehaltende wäre indes zu begrüssen, denn nur gut informierte und ausgebildete Personen sind in der Lage, den Bedürfnissen ihrer Tiere gerecht zu werden. Leider wird allzu oft verkannt, dass das Problem eines verhaltensauffälligen Hundes in erster Linie nicht beim Tier selber, sondern am anderen Ende der Leine – also beim Menschen – liegt. 

*Christine Künzli, Rechtsanwältin, LL.M., stv. Geschäftsleiterin Stiftung für das Tier im Recht (TIR) © Sonja Ruckstuhl

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Beitrag vom 29.06.2023

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