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Haben Tiere ein Recht auf Leben?

Anders als etwa in Deutschland oder Österreich, wo für die Tötung von Tieren ein vernünftiger Grund vorliegen muss, gewährt das Schweizer Recht Tieren tatsächlich keinen ausdrücklichen und generellen Anspruch auf Leben.

Die Tierschutzgesetzgebung in der Schweiz dient lediglich dem Schutz der Würde und des Wohlergehens von Tieren, worunter etwa auch die Vermeidung von ungerechtfertigten Schmerzen, Leiden, Schäden und Ängsten fällt. Der Entscheid über Leben oder Tod eines Tieres liegt indes bei dessen Eigentümer.

Der Grund für den fehlenden Lebensschutz sind vor allem die vielfältigen menschlichen Nutzungsinteressen, mit denen die Tötung von Tieren zumindest teilweise untrennbar verbunden ist. So beispielsweise werden in der Schweiz allein im Rahmen der Schlachtung oder bei der Schädlingsbekämpfung jährlich Millionen von Tieren getötet. Hunderttausende sterben jedes Jahr zudem in Tierversuchen, auf der Jagd und bei der Fischerei.

Rechtliche Vorgabe für die Tötung von Tieren

Immerhin bestehen zumindest detaillierte Vorschriften zur Art und Weise der Tötung. Diese sollen sicherstellen, dass der Vorgang für die Tiere so schonend wie möglich ist. Ein zentraler Grundsatz bestimmt, dass die Tiere vor ihrer Tötung zu betäuben sind. Die Betäubung muss unverzüglich und unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden zu einem bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit führen. Ein Laie ist kaum in der Lage, die Tötung inklusive vorherige Betäubung eines Tieres fachgerecht durchzuführen.

Eine Schar Hühner.
Haben Tiere ein Recht auf Leben? © Thomas Iversen/ unsplash

Die Tierschutzgesetzgebung hält darum ausdrücklich fest, dass Tiere nur von Personen getötet werden dürfen, die die hierfür notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen, die nötige Erfahrung mitbringen sowie regelmässig Tiere töten. Von der generellen Betäubungspflicht bestehen einige wenige Ausnahmen, etwa bei der Jagd und im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmassnahmen.

Sind bei der Betäubung und/oder Tötung nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, liegt eine strafbare Handlung, möglicherweise sogar eine qualvolle Tötung und somit eine Tierquälerei im rechtlichen Sinne vor. Ebenfalls verboten ist die Tötung aus Mutwillen, also aus verwerflichen Motiven wie etwa aus purer Freude am Töten oder aus Rache am Tierhalter. 

Ausdrücklicher Lebensschutz aus Tierschutzsicht wünschenswert

Aus tierschutzrechtlicher und tierethischer Sicht wäre ein grundsätzlicher Lebensschutz für Tiere auch im Schweizer Recht ein bedeutender Fortschritt. Weil ihm mit dem Leben sein wohl wertvollstes Gut genommen wird, kann der Tod als einschneidendste Schädigung eines Tieres betrachtet werden. Zudem ist das Fehlen eines Lebensschutzes auch mit der rechtlich geschützten Tierwürde kaum vereinbar. Die Verankerung eines grundsätzlichen Lebensschutzes für Tiere, wie ihn andere Staaten bereits kennen, wäre daher auch im Schweizer Recht dringend geboten.

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org.

Beitrag vom 18.04.2024
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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