Ein Lebenskünstler vor der Haustür

Füchse leben nicht allein in Wald und Flur, sondern längst auch in Siedlungsgebieten. Sie sind geschickte Mäusejäger, können aber als anpassungsfähige Kleinraubtiere ganz unterschiedliche Nahrungsquellen nutzen.

Text: Esther Wullschleger Schättin

Dass Füchse schlau sind, muss unseren Vorfahren schon vor Urzeiten aufgefallen sein. Jedenfalls ist die Raffinesse dieses kleinen Hundeverwandten seit Jahrhunderten in Erzählungen und Legenden überliefert. Kleine Haustiere wie Huhn oder Kaninchen holt sich «Meister Reineke», wo sich die Gelegenheit bietet, etwa in aller Morgenfrühe, wenn noch kaum Aufpasser bei Hof oder Haus wach sind. Er untergräbt manchen Zaun oder öffnet allzu morsche Holzluken zum Stall. Der opportunistische Fuchs nutzt viele Gelegenheiten. Vor allem aber ist er ein äusserst geschickter Mäusejäger, der dazu beiträgt, ausufernde Wühlmauspopulationen auf den Feldern der Bauern in Schach zu halten.

Geschickter Jäger

Dabei hilft ihm sein feines Gehör, die kleinen Nagetiere auf der Wiese genau zu lokalisieren. Die grossen, sehr beweglichen Ohrmuscheln wirken als «Verstärker» und werden auf die Geräuschquelle hin ausgerichtet. Manchmal sieht man, wie der Fuchs den Kopf leicht schief stellt, um noch besser hören zu können. Ist die Position der Maus klar, stürzt er sich im typischen Fall in einem gewaltigen Sprung auf die Beute und hält sie mit den Pfoten fest, um sie totzubeissen. Der zierliche Fuchs ist im Vergleich zu den grösseren Verwandten, Wölfen und Hunden, sehr leichtgewichtig gebaut. So schafft er bei seinem charakteristischen Mäusesprung manchmal spektakuläre Sätze von zwei Metern oder mehr.

Ein Rotfuchs macht bei der Jagd einen Sprung.
© shutterstock

Seine Jagdstrategie ähnelt in mancher Hinsicht jener von Hauskatzen. Auch sie sind kleingewachsene Anschleichjägerinnen, die sich auf kleine Beutetiere konzentrieren und diese in einem Überraschungsangriff überwältigen. Interessanterweise sind die Pupillen der Füchse wie bei den Hauskatzen senkrecht, während Wolf und Hund, Tiger und Löwe runde Pupillen tragen. Es handelt sich offenbar um eine Anpassung an die Lebensweise, denn senkrechte Pupillen sind bei Kleinraubtieren verbreitet, die vor allem in Bodennähe und aus dem Hinterhalt jagen. Wahrscheinlich sind diese Pupillenschlitze vorteilhaft, um bei schwachen Lichtverhältnissen die genaue Distanz zum Beutetier einzuschätzen.

Anpassungsfähiger Allesfresser

Der Fuchs erbeutet auch junge Hasen und Rehkitze, wenn er die gut verborgenen Jungtiere auf dem Feld findet. Ist die Rehmutter anwesend, wird sie ihren Nachwuchs jedoch mit grösster Entschlossenheit gegenüber dem Angreifer verteidigen. Ausgewachsene Feldhasen, die den Jäger früh genug erkennen, sind zu schnell für den verhältnismässig kurzbeinigen Fuchs. Er ist kein ausdauernder Sprinter wie der Wolf und jagt fliehenden Tieren nicht lange hinterher. Viel eher erbeutet er auch Vögel in Bodennähe wie Wildhühner oder unvorsichtige Enten, oder er stöbert als anpassungsfähiger Allesfresser nach Fallobst, Beeren, Aas oder Vogeleiern, den ein oder anderen grösseren Insekten oder Regenwürmern. Die Katzen hingegen sind reine Jägerinnen und verzehren keine vegetarische Nahrung.

Auf der Jagd sind die Füchse meist allein. Sie verzehren die kleinen Beutetiere umgehend, und wenn sie satt sind, werden die kostbaren Stücke sorgfältig vergraben. Das feingliedrige Tier trägt wenig Körperreserven und kann nicht so lange hungern wie etwa ein Wolf. Wenn der Fuchs seine Nahrungsvorräte verbirgt, achtet er darauf, nicht von möglichen «Dieben» wie Krähen beobachtet zu werden.

Manchmal tragen Füchse gleich mehrere Mäuse in ihrer langen Schnauze vom Feld weg. Es handelt sich dann typischerweise um Elterntiere, welche die Nahrung zu ihren Jungen im Bau tragen. Die Füchse kennen keine gemeinsame Jagd im Team, wie dies Wölfe oder Löwen tun, um grössere und schwierige Beutetiere zu überwältigen. So sieht man sie meist allein unterwegs, und glaubte lange, die Rotpelze würden als Einzelgänger leben.

Flexibles Sozialleben

Über das Sozialleben der Rotfüchse wurde indes Faszinierendes berichtet. Fuchspaare widmen sich gemeinsam der Aufzucht des Nachwuchses und bleiben über mehrere Saisons zusammen, wenn sie so lange überleben. Sie nutzen dabei ein gemeinsames Streifgebiet, und verteidigen dieses vor allem zur Zeit der Jungenaufzucht im Frühling bis Sommer gegenüber eindringenden Artgenossen. Dann benötigen sie besonders viel Nahrung. Oft erscheinen die Füchse zu diesen Zeiten auch dreister, wenn sie nach Beute suchen.

Rotfüchsin mit Jungtier
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Der Rüde schafft die Nahrung herbei, während die Fähe im Bau oder in einer Erdnische gut geschützt ihre Jungen gebärt und versorgt. Das Sozialleben erscheint aber im Ganzen sehr flexibel. Bei gutem Nahrungsangebot bleiben oft Jungtiere vom Vorjahr bei den Eltern, wobei die Töchter als Helferinnen bei der Betreuung der jungen Füchslein einspringen und auch mit ihnen spielen. Obwohl Füchse meist monogam sind, stammen die Jungen einer Fähe, wie Genanalysen zeigten, nicht in jedem Fall ausschliesslich vom versorgenden Partner. Je nach Situation wandern viele Jungfüchse als Einzelgänger ab und streifen auf der Suche nach einem neuen Quartier weit umher.


  • Fuchsratgeber mit Antworten auf häufige Fragen: www.fuchsratgeber.ch
  • Buchtipp: Das verborgene Leben der Füchse. Andreas Tjernshaugen, Insel Verlag, 2023
© shutterstock

Häufigstes Raubtier der Welt 

Rotfüchse sind die häufigsten mittelgrossen Raubtiere in Europa und haben dadurch einen grossen Einfluss auf Kleintierpopulationen. Die Lebenskünstler sind nicht nur hierzulande äusserst anpassungsfähig, sie besiedeln auch das weltweit grösste Verbreitungsgebiet aller Raubtiere. Natürlicherweise sind sie über die ganze Nordhalbkugel verbreitet, wobei verschiedene Unterarten mit leicht unterschiedlichen Eigenschaften vorkommen. Dabei leben Rotfüchse nordwärts bis zum Polarkreis und südwärts bis in Gebiete Nordafrikas, auf der arabischen Halbinsel sowie im nördlichen Indien.

Beitrag vom 27.02.2024

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