Mein Beerdigungssong

Welchen Song mögen Sie so sehr, dass Sie sich vorstellen könnten, dass er an Ihrer Abdankungsfeier gespielt werden soll? Das haben wir bekannte Schweizer Persönlichkeiten wie Peach Weber, Ruth Dreifuss oder Rolf Knie gefragt. Hier sind ihre Antworten.

Von Fabian Rottmeier und Jessica Prinz


Peach Weber (68), Komiker

Hanery Amman – «Isch es wahr»

«Hanery Amman ist für mich einer der meistunterschätzten Schweizer Musiker, der immer im Schatten von Polo Hofer stand, aber seine besten Songs geschrieben hat. Das Album ‹Solitaire› ist ein Diamant in meiner Musiksammlung und ich höre es immer wieder. Bei ‹Isch es wahr› finde ich die Stimmung des Songs wunderschön, etwas melancholisch, aber gerade das gefällt mir. Hanery stellt darin sehr rührende Fragen, so zum Beispiel: ‹Isch es wahr, dass chliini Chind am beschte tröschte chönd› und sein Fazit ‹Es geit alls so schnäll verbii›, das berührt mich tief, auch wenn ich nicht genau erklären, weshalb. Ich glaube, dass das Leben oft verstanden wird als das Suchen nach Antworten, bis man am Ende merkt, dass die Fragen viel interessanter waren …»

Hanery Amman – Isch es wahr

Christine Lauterburg (65), Sängerin und Schauspielerin

Doppelbock mit Christine Lauterburg – «S’Liechtli»

«Ich könnte mir gut vorstellen, an meiner eigenen Trauerfeier ein Lied spielen zu lassen, das ich im Oktober 2020 auf unser neues Doppelbock-Album ‹Froh & Roh› gebannt habe: ‹S’Liechtli›. Ich fände es schön, wenn dann meine eigene Stimme ertönen würde. ‹S’Liechtli›  ist melancholisch und wünscht sich eine Welt, in der die Menschen liebevoll miteinander leben!»

Christine Lauterburg – S’Liechtli

Eveline Widmer-Schlumpf (65), Alt-Bundesrätin und Stiftungsratspräsidentin Pro Senectute Schweiz

Patsy Cline – «Just A Closer Walk With Thee»

«Musik hat in unserer Familie einen hohen Stellenwert. Ich habe selbst Musik gemacht und in Chören mitgesungen. Wenn eine Abdankungsfeier stattfindet – was diejenigen, die zurückbleiben, entscheiden –, würde ich mir wünschen, dass ‹Just A Closer Walk With Thee› gespielt wird, wenn möglich von meinem Sohn Ursin auf der Trompete. Dieser Gospel-Song, so wie ihn Patsy Cline mit ihrer wunderbaren, ausdrucksvollen Stimme gesungen hat, gehört seit meiner Gymnasialzeit zu meinen Lieblingsliedern. Er berührt und inspiriert.»

Patsy Cline – Just A Closer Walk With Thee

Lesen Sie hier ein ausführliches Zeitlupe-Interview mit Eveline Widmer-Schlumpf, in dem sie über die vielen Herausforderungen von Pro Senectute in Zeiten von Corona spricht.


Rolf Knie (71), Künstler und Schauspieler

John Lennon – «Imagine»

«Für John Lennons Lied ‹Imagine› braucht es eigentlich gar keine Erklärung. Hören Sie nur mal in das Lied hinein – es sagt mehr aus als 1000 Sätze.»

John Lennon – Imagine

Gardi Hutter (68), Clown und Schauspielerin

Santana – «Black Magic Woman»

«1970, Santana brachte den Song ‹Black Magic Woman› heraus, ich war siebzehn, und sofort elektrisiert. Ich habe damit Nächte durchgetanzt. Bis heute ist es so, dass ich tanzen muss, wenn ich das Lied höre. Und wird der Song bei meiner Abdankungsfeier gespielt, wird ganz bestimmt mein Gerippe tanzen …»

Santana – Black Magic Woman

Bernard Thurnheer (71), Sportreporter und TV-Moderator

Queen – «Another One Bites The Dust»

«Das ist natürlich humoristisch gemeint, denn ‹Another One Bites The Dust› bedeutet ja wörtlich übersetzt ‹Schon wieder beisst einer ins Gras›. Aber der Hit gefällt mir, und das Thema passt. Es würde der tiefen Trauer etwas von ihrer Schwere nehmen und den Tod durch dessen ‹flapsige› Behandlung etwas relativieren. Aber wahrscheinlich wäre dieser Wunsch etwas respektlos gegenüber der Trauergemeinde, deshalb weiss ich selber noch nicht, wie ernst ich es damit meine …»

Queen – Another One Bites The Dust

Ruth Dreifuss (81), Alt-Bundesrätin

Violeta Parra – «Gracias a la vida»

«Ich traf Violeta Parra in den 60er Jahren, als sie in Genf lebte. Sängerin, Poetin, Malerin: Sie sammelte Volkslieder und rettete sie vor dem Verschwinden. Das Lied ‹Gracias a la vida› wurde weltweit bekannt. Der Titel und die erste Strophe sind genügend klar: ‹Danke an das Leben, das mir so viel gegeben hat. Es gab mir das Lachen und es gab mir die Tränen.›»

Violeta Parra – Gracias a la vida

Sue Schell (70), Sängerin

Volkslied – «Du fragsch mi wär i bi»

«Ich muss Ihnen gestehen, ich habe mir noch nie explizit Gedanken gemacht über die Musik oder Lieder, die ich mir an meiner eigenen Abschiedsfeier wünschen würde. Ich selber habe schon oft an Beerdigungen gesungen, von ‹Lueget vo Bärg und Tal› über ‹Du fragsch mi wär i bi› bis zu Indianerchants wie ‹Firechild› oder ‹And when I rise› … Und während ich das schreibe – so merke ich gerade – gibt mir die Vorstellung, das zarte Volkslied ‹Du fragsch mi wär i bi› würde an meiner Feier erklingen, ein süsses Gefühl. Ein Liebeslied, das direkt ins Herz geht … Hier die letzte Zeile: ‹Jitz weiss i wär i bi, jitz weiss i was i cha, i gib mi ganz, so wie n i bi, i gloub du nimmsch mi aa!›»

Volkslied – Du fragsch mi wär i bi

Lesen Sie hier im Zeitlupe-Interview mehr über Sue Schells Lebensweg – und ihre Zeit bei Peter, Sue & Marc.


Urs Musfeld (69), langjähriger Musikredaktor bei Schweizer Radio SRF

Nick Cave & The Bad Seeds – «Push The Sky Away»

«Die geisterhafte Orgelkantate schafft eine Atmosphäre einer beruhigenden Hypnose. Das halb geflüsterte ‹You gotta keep on pushing› wird wiederholt wie ein Mantra. Der Song zeigt, wie alles doch weitergehen könnte: indem man nie aufhört, ‹den Himmel beiseite zu schieben›, um was zu sehen? Die Sterne? Die Erlösung? Das Gesicht von Jesus? Und dann die Schlussfolgerung: ‹Some people say ist ’s just rock ’n’ roll/ Oh but it gets you right down to your soul› (‹Und einige Leute sagen, es ist nur Rock ’n’ Roll/ aber es fährt dir tief in die Seele›).»

Nick Cave & The Bad Seeds – Push The Sky Away

Urs Musfeld schreibt regelmässig für die Zeitlupe über «Songs und ihre Geschichten». Hier gehts zu den Hintergründen von «Short People» von Randy Newman – und weiteren Texten aus dieser Rubrik.


  • Memento mori – sei dir deiner Sterblichkeit bewusst: In unserem Themenschwerpunkt widmen wir uns einen Monat lang Themen rund um den Tod und das Sterben. Zum Dossier.
Beitrag vom 24.03.2021

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte sie auch interessieren

Musik

«Yesterday once more» von den Carpenters

Mit Karens samtigem, Gesang und Richards Fähigkeiten als Songschreiber, Multiinstrumentalist und Arrangeur leistete das Geschwister-Duo Carpenters Pionierarbeit für melodischen, melancholischen Pop.

Musik

«Il est cinq heures, Paris s’éveille» von Jacques Dutronc

Jacques Dutronc wird mit «Il est cinq heures, Paris s’éveille» über Frankreich hinaus bekannt. Mit einer Mischung aus Charme, Coolness und Schüchternheit wird er vom Teenie-Idol zum Grandseigneur des Pop.

Musik

«Sign o’ the times» von Prince

Prince, war einer der erfolgreichsten Popmusiker der Welt. Bereits mit 17 begann er seine Karriere – und wurde mit seinem androgynen Auftreten, seiner Sexyness und seiner Mischung aus schwarzen und weissen Musiktraditionen zum Idol. Mit dem Doppelalbum «1999» gelang ihm 1982 der Durchbruch.

Musik

«Winter» von Tori Amos

Tori Amos debütierte in den 1990ern mit Songs aus weiblicher Perspektive, wurde zur feministischen Ikone und erfand sich immer wieder neu. Zu ihren bekanntesten und beliebtesten Liedern zählen «Cornflake girl», «Winter» oder «Professional widow».