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Kräftiger Wühler unter der Erde

Maulwurfshügel sind ein Ärgernis für ordnungsbewusste Gärtner, doch über den Urheber sollte man eigentlich froh sein. Denn wo der Maulwurf lebt, ist die Qualität der Böden gut.

Text: Esther Wullschleger Schättin

Wie kaum ein anderes Säugetier ist der Maulwurf auf ein Leben im Erdreich spezialisiert. Was man von ihm sieht, sind meist nur die Erdhügel im Garten oder in der Wiese, wo sich eines dieser Tiere einquartiert hat und im Untergrund sein Gangsystem gräbt.

Nicht mit seiner Schnauze, sondern mit einer seiner breiten Hände drückt der Maulwurf die Erde nach oben, während er sich mit der anderen am Untergrund abstützt. Im typischen Fall entsteht ein vulkanartig runder Maulwurfshügel mit einem Loch in der Mitte, während die Schermaus eher unregelmässige, längliche Haufen mit seitlichem Eingang bildet.

Alles für mehr Power

Zwei breite Schaufelhände zeichnen den ausserordentlich kräftigen Maulwurf aus. Die fünf Finger tragen mächtige Krallen, mit denen er auch harte Erde aufreissen kann. Sein Schlüsselbein ist besonders stark ausgebildet und direkt mit den Oberarmen verbunden, was dem Gräber zusätzliche Kraft verleiht. Am Brustbeinknochen, der ähnlich wie bei Vögeln verbreitert ist, setzt die mächtige Muskulatur des Vorderkörpers an. Und die Halswirbelsäule des kompakten Tieres ist ebenfalls verstärkt, denn drei der Halswirbel sind miteinander verschmolzen.

Sein seidiges, meist schwarz schimmerndes Fell ist sehr geschmeidig und gibt in alle Richtungen nach, hat also keinen «Haarstrich». So bleiben die kurzen Haare intakt, wenn sich der Maulwurf während seiner Aktivitäten im engen Gang hin- und herwendet. Das glatte Haarkleid isoliert gut, und feuchte Erde bleibt kaum daran haften. Noch im frühen 20.  Jahrhundert war das dichte seidige Fell in der Kürschnerei geschätzt. Auch deswegen stellten den Tieren, die man damals für Schädlinge hielt, Scharen von Maulwurfsjägern nach. Muffs, also Handwärmer für Damen, Verbrämungen, aber auch Jacken wurden aus den kleinen Fellen hergestellt.

Nahaufname eines Maulwurfs
Das seidige Fell des Maulwurfs wurde einst zu Handwärmern verarbeitet. © shutterstock

Der Maulwurf verbringt sein Leben grösstenteils unter der Erde, und so sind seine Sinnesorgane stark auf die Orientierung im Erdreich ausgerichtet. Mit den winzigen, fast im Fell verborgenen Augen sieht er nicht besonders gut, doch die Nahorientierung über den Geruchs- und Tastsinn ist äusserst verfeinert. So nimmt der Maulwurf noch feinste Erschütterungen wahr, die ihm nahe Beutetiere wie Insektenlarven oder Regenwürmer verraten. Im Gegensatz zu den Schermäusen und anderen Nagern verzehrt er nur tierische Nahrung und nie Pflanzenwurzeln.

Wenn rundum alle Reviere besetzt sind, müssen herangewachsene Jungmaulwürfe oft oberirdisch abwandern – ein gefährliches Unterfangen für die Gräber. So geschickt und schnell sie sich in den Erdtunnels bewegen: An der Oberfläche sind die Maulwürfe weitgehend hilflos und -gestresst. Sie kommen mit ihren Grabhänden nur langsam voran und werden zur leichten Beute für manche tierische Jäger. Gegenüber Angreifern setzen sie sich aber heftig zur Wehr, wobei ihr Fauchen sehr bedrohlich klingt.

Wer je einen Maulwurf (nur mit dicken Handschuhen!) in die Hand nahm, vielleicht um ihn aus einem Kellergeschoss zu retten, weiss, wie kraftvoll diese Geschöpfe sind. Das kleine Tier windet sich mit enormer Kraft und ist kaum festzuhalten, sodass es zum Hinaustragen besser gleich in einen Kübel gesetzt wird.

Territorium sichert Nahrungsressourcen

Ausserhalb der Paarungszeit und der Jungenaufzucht ist der Maulwurf unverträglich und einzelgängerisch. Er markiert sein Territorium stetig, um Artgenossen fernzuhalten und sich so seine Nahrungsgrundlage zu sichern. Ein Maulwurf verzehrt im Jahresverlauf Unmengen von Regenwürmern und Insektenlarven wie Engerlinge oder andere Wirbellose. Ähnlich wie die Spitzmaus muss er täglich viel Nahrung aufnehmen, da seine Stoffwechselrate sehr hoch ist.

Er ruht jeweils nur ein paar Stunden lang, bevor er wieder auf Beutesuche geht, und hält auch keinen Winterschlaf. Wenn sehr viele Regenwürmer zu erbeuten sind, legt der Maulwurf indes einen Vorrat an, was ihm in nahrungsknappen Winterzeiten zugutekommt. Dazu beisst er gezielt in den Kopfbereich der Würmer, sodass sich diese nicht mehr bewegen können, aber doch frisch bleiben.

Über sein Erscheinen im Naturgarten sollte man sich nicht ärgern, denn Maulwürfe belüften und lockern den Boden und halten tierische Wurzelfresser in Schach. Ihre Anwesenheit zeigt auch, dass der Boden gesund und reich an Kleinlebewesen ist. Die Hügel können abgetragen werden. Sie bestehen aus ausgezeichneter Pflanzenerde, gut gelockert und, da die Erde aus einiger Tiefe stammt, frei von Unkrautsamen.

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Der Sternmull – ein Nasenwunder

Der ostamerikanische Sternmull ist der wohl seltsamste aller Maulwürfe, denn seine Nasenlöcher sind von einem Kranz haarloser Tentakel umgeben. Diese sind extrem feine Tastsinnesorgane, die geringste Tastreize und elektrische Impulse einer Beute wahrnehmen können. Mit der hochempfindlichen «Sondiernase» stochert der Sternmull nach Kleintieren wie Käfern. Innert einer Fünftelsekunde hat er eine Beute identifiziert und verschluckt, um sofort weiter zu stöbern, wie Hochgeschwindigkeits-Filmaufnahmen zeigten. Damit kann der Sternmull schneller Nahrung vertilgen als jedes andere Säugetier, was ihm einen Eintrag ins Guinness-Buch der Weltrekorde beschert hat.

Beitrag vom 26.08.2023

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