© Vögele Kultur Zentrum / Maurice Grünig

Wie uns die Arbeit prägt

Das «Vögele Kultur Zentrum» widmet sich in seiner neusten Ausstellung dem Thema Arbeit. Es ist eine Auseinandersetzung, die weit über den Begriff und das Berufsleben hinausgeht.

Text: Fabian Rottmeier

42,7 Jahre sind eine lange Zeit – sie entspricht der durchschnittlichen Dauer eines Schweizer Arbeitslebens bis zur Pensionierung. Kein Wunder, wollen die meisten Menschen diese Zeit mit einer Tätigkeit verbringen, die ihnen Spass macht. Oder sinnstiftend ist. Letzteres prägt eine neue Ausstellung, die sich in Pfäffikon SZ dem Thema Arbeit widmet. «Arbeiten wir, um zu leben? Oder leben wir, um zu arbeiten?», fragen denn auch die Verantwortlichen von «Arbeit: Vom Wollen, Dürfen und Müssen» in ihrer Mediendokumentation. 

Fragen ziehen sich denn auch wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Sie zwingen die Besuchenden unweigerlich dazu, sich bei der Beantwortung mit sich selbst zu beschäftigen: «Wie zufrieden bist du mit deinem aktuellen Berufsleben?» «Fühlst du dich eher über- oder unterfordert?» Immer wieder macht diese Auseinandersetzung deutlich, dass sich die Grenzen zwischen Arbeit, Persönlichkeit, Privatleben und den eigenen Bedürfnissen oft nicht klar ziehen lassen. Das macht den Besuch im «Vögele Kultur Zentrum» besonders lohnenswert. Und bald einmal wird auch klar, dass die eigenen Antworten über das Pensionsalter hinausgehen, weil sie zentrale Punkte ansprechen. Wie fülle ich meine freie Zeit mit einer Aufgabe, die mich erfüllt – oder mit der ich einen wertvollen Beitrag leisten kann? 

Der Blick geht in drei Richtungen

Die Ausstellung ist in fünf Kapitel gegliedert. Mal geht es neben der «Suche nach dem Sinn» um die «Arbeit im Wandel», um Dinge wie Arbeitsethos, Teamarbeit oder persönliche Wertvorstellungen. Zusätzliche Orientierung bieten die in drei unterschiedlichen Farben gehaltenen Bereiche «Gestern», «Heute» und «Morgen», die immer wieder Überraschendes aufgreifen. Oder hätten Sie gewusst, dass es früher – vor den Zeiten des Weckers – den Beruf des Aufweckers gab? Seine Weckmethoden: mit langem Stecken ans Fenster klopfen oder Steinchen an die Fensterscheibe werfen.

Ausstellung zum Thema Arbeit in Pfäffikon SZ
© Vögele Kultur Zentrum / Maurice Grünig

Beim Blick auf die aktuelle Berufswelt reflektieren unter anderem 13 Menschen an Videostationen über ihre Jobs. Den Raum kontrastieren immer wieder visuelle Werke aus der Kunst, so etwa zwei Betonmischer, die (an einer Hörstation) darüber diskutieren, ob sie nicht auch etwas Sinnvolleres anstellen könnten, zum Beispiel, einen Krieg zu beenden. Toll sind auch die beiden Fotoserien, die sich einerseits Schweizer Jugendlichen widmen, die ihre Berufslehre begonnen haben, oder Porträtierten aus New York, die ihren letzten Arbeitstag begehen.

Berufsberatung mit KI gefällig?

Zudem gibt es acht interaktive Stationen. Während die eine die eigenen Stärken und Schwächen beleuchtet, hinterfragt eine andere Arbeitsmythen. Es gibt aber auch Tablets, die zu einer kurzen Umfrage animieren. So erfährt man nach dem Ausfüllen eines Umfragekatalogs von einem KI-gesteuerten Programm, welche Berufe für einen in Frage kämen. Für den 12-jährigen Schüler Leandro, der uns anlässlich des Zukunftstages an die Ausstellung begleitet (siehe auch Box weiter unten), schwebt KI folgende Berufsoptionen vor: Projektmanager in gemeinnützigen Organisationen, Verkaufsleiter, Teamcoach oder Personalentwickler. Für Leandro klingen diese Vorschläge dann doch noch etwas zu abstrakt.

Beim Blick voraus gefällt der Posten, an dem KI auf Wunsch die Zukunft eines bestimmten Berufes auslotet. Journalistinnen und Journalisten prophezeit das Tool folgendes: «Dieser Beruf wird sich in den kommenden Jahren erheblich durch den Einfluss von künstlicher Intelligenz und Automatisierung verändern.» Immerhin steht im nächsten Abschnitt auch: «Dennoch wird der Beruf nicht vollständig ersetzt werden.» Aber was heisst schon «nicht vollständig»? Im zur Ausstellung erschienenen Magazin «Bulletin» wählt Kurator Christian allgemein beunruhigende Worte: «Die künstliche Intelligenz wird unsere Arbeit verändern wie zuvor wohl nur das Feuer, das Rad und die Elektrizität.» Roboter und KI würden viele Jobs ersetzen, «auch solche, die wir gerne behalten würden».

Seine Antwort greift eine der drei Fragen auf, mit der sich das Ausstellungsteam laut «Bulletin» am intensivsten beschäftigt hat:

  • Ist die Angst, durch die Digitalisierung den Job zu verlieren, berechtigt?
  • Was ist sinnvolle Arbeit?
  • Was müsste sich in der Arbeitswelt ändern, damit wir uns alle weniger gestresst fühlen?

«Arbeit: Vom Wollen, Dürfen und Müssen», bis 21. September 2025, «Vögele Kultur Zentrum», Pfäffikon SZ, voegelekultur.ch, Telefon 055 416 11 11. Öffnungszeiten: Di. bis So. 11 bis 17 Uhr, Do. bis 20 Uhr (neu ist der Eintritt donnerstags ab 17 Uhr frei).

Welcher Beruf passt zu mir?

Anlässlich des Zukunftstages stellte der 12-jährige Aargauer Schüler Leandro Gilli den Verantwortlichen der Ausstellung jeweils eine passende Frage:

Wie finde ich heraus, welcher Beruf am besten zu mir passt?
«Zwei Dinge sind dabei wichtig. Erstens: Sprich mit deinen Eltern oder deinen Freunden darüber, welcher Beruf dir gefallen könnte. Zweitens: Ausprobieren. Mach so viele Schnupperlehren wie möglich.»
Christian Fichter, Kurator und Sozial- und Wirtschaftspsychologe, Forschungsleiter der Kalaidos Fachhochschule und Leiter des Instituts für Wirtschaftspsychologie

Wie kamen Sie auf die Idee, eine Ausstellung zum Thema Arbeit zu machen?
«Diese Frage wird uns immer wieder gestellt. Unsere Ausstellungen orientieren sich immer an Themen, die möglichst viele Menschen betreffen – da drängt sich das Thema Arbeit geradezu auf.»
Karolina Widla, Projektleitung Ausstellungen «Vögele Kultur Zentrum»

Was wollten Sie als Kind werden?
«Als Mädchen wollte ich Opernsängerin werden – konnte aber leider nicht wirklich gut singen. Heute bin ich als kulturelle Unternehmerin tätig.»
Monica Vögele, Präsidentin des Stiftungsrates der Stiftung Charles und Agnes Vögele

Was ist Ihnen bei der Arbeit wichtig?
«Dass ich mich als Szenografin immer wieder intensiv auf neue Themen einlassen kann.»
Antonia Banz, Szenografin der Ausstellung

Beitrag vom 23.11.2024

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