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«7 seconds» von Youssou N’Dour feat. Neneh Cherry Songs und ihre Geschichten

Mit seiner Mischung aus Tradition und Moderne veränderte der senegalesische Superstar Youssou N’Dour die westafrikanische Musikszene und trug sie in die ganze Welt. 

Text: Urs Musfeld

 «7 seconds», sein Duett mit Neneh Cherry, machte ihn 1994 international bekannt. So wurde sein Name nicht nur der wachsenden World Music-Gemeinde, sondern auch den Pop-Konsument*innen in Europa ein Begriff.

Ein Jahr vor der Unabhängigkeit von Frankreich wird der senegalesische Sänger und Songschreiber 1959 in der verarmten Medina von Dakar, der islamischen Altstadt der Hauptstadt, geboren.

Von seiner Mutter, einer Griot-Sängerin, bekommt er seinen ersten Gesangsunterricht. Mit 12 steht er zum ersten Mal auf der Bühne. Mit 16 macht sich Youssou N’Dour in der Musikszene Dakars bereits in der «Star Band de Dakar» einen Namen und beeindruckt mit seiner kraftvollen und markanten Tenorstimme.

Durch die Gruppen« Étoile de Dakar» und «Super Étoile de Dakar» wird er Ende der 1970er-, anfangs 1980er-Jahre zum lokalen Star der Hauptstadt und macht den Mbalex-Stil populär. In ihm finden traditionelle, senegalesische Perkussion, Gesang in Wolof (der meistgesprochenen Sprache des Landes) und kubanischer Rumba, Jazz, Soul und Funk zu einem eigenständigen, tanzbaren Mix zusammen. Darüber hinaus thematisiert N’Dour in seinen Songtexten zunehmend drängende politische und soziale Fragen wie die Apartheid und die Bedeutung der Erhaltung der afrikanischen kulturellen Identität in einer vernetzten Welt.

«Super Étoile de Dakar» bringen den Mbalax Mitte der 1980er Jahre auf Konzertreisen nach Europa und Nordamerika und begleiten 1986 Peter Gabriel auf seiner Welttournee. 

Als Amnesty International im Jahr 1988 eine weltweite Tournee unter dem Titel «Human Rights Now!» organisiert, spielt N’Dour an der Seite von Peter Gabriel, Bruce Springsteen, Sting und Tracy Chapman. 

1994 veröffentlicht er sein Bestseller-Album «The Guide (Wommat)» mit der Hit-Single «Seven seconds» im Duett mit Neneh Cherry, der schwedisch-britischen Sängerin und Songschreiberin, bekannt geworden durch Hits wie «Buffalo stance», «Manchild» oder «Woman», einem Mix aus Hip  Hop, Pop und Electro.

«7 seconds» handelt von den universellen Themen Hoffnung, Einheit und Durchhaltevermögen, angesichts von Widrigkeiten und Vorurteilen. Der Song hebt das Bedürfnis nach Frieden und Verständnis zwischen Menschen verschiedener Kulturen und Hintergründe hervor.

Der erste Vers singt Youssou N’Dour auf Wolof:

Boul ma sene, boul ma guiss madi re nga fokni mane
Khamouma li neka thi sama souf ak thi guinaw
Beugouma kouma khol oaldine yaw li neka si yaw
Mo ne si man, li ne si mane moye dilene diapale

Du siehst mich nicht von Weitem, siehst mein Lächeln nicht 
Glaub nicht, dass ich nicht wüsste, was alles neben mir passiert
Ich will nicht, dass du mich anschaust und denkst
Was in dir ist, sei auch in mir 
Was in mir ist, ist ihnen zu helfen

Im zweiten Vers gibt Neneh Cherry zu verstehen, dass der Kampf gegen Diskriminierung und Vorurteile niemals vorbei ist, auch wenn es scheint, als ob Fortschritte gemacht worden seien:

Roughneck and rudeness
We should be using on the ones who practice wicked charms
For the sword and the stone
Bad to the bone
Battle is not over
Even when it’s won
And when a child is born into this world
It has no concept
Of the tone of skin it’s living in

Grobheit und Unhöflichkeit sollten wir gegen die richten, die bösartigen Zauber praktizieren
Für das Schwert und den Stein 

Böse bis auf die Knochen
Der Kampf ist nicht vorbei

Sogar wenn er schon gewonnen ist.
Und wenn ein Kind in diese Welt geboren wird,
Hat es keine Ahnung von seiner Hautfarbe

In einem Interview mit der BBC erklärte N’Dour: «Hinter dem Lied steht die Idee, wie sich ein Neugeborenes in den ersten sieben Sekunden seines Lebens fühlt. Das ist für alle gleich. Sie wissen nicht, ob sie in eine reiche oder eine arme Familie hineingeboren werden … eine schwarze oder eine weisse Familie … ob sie ein Junge oder ein Mädchen sind…

Wenn du sieben Sekunden alt bist, kann dein Verstand keines dieser Konzepte begreifen. Alles, was du hast, ist das Glück, sich mit der Frau zu verbinden, die dich die letzten neun Monate mit sich herumgetragen hat und die dich für den Rest deines Lebens lieben wird.

Für die meisten von uns geht es danach stetig bergab, aber diese ersten sieben Sekunden sind das, was einem perfekten Leben auf Erden am nächsten kommt.»

It’s not a second

We’re seven seconds away
Or just as long as I stay
I’ll be waiting
It’s not a second
We’re seven seconds away
Or just as long as I stay
I’ll be waiting
I’ll be waiting
I’ll be waiting

Es ist nicht eine Sekunde 
Wir sind sieben Sekunden entfernt
Oder genauso lange, wie ich bleibe

Werde ich warten …

Die dritte Strophe singt Youssou N’Dour auf Französisch. Er betont die Bedeutung von Offenheit und Kommunikation, um Menschen zusammenzubringen:

J’assume les raisons qui nous poussent de changer tout
J’aimerais qu’on oublie leur couleur pour qu’ils esperent
Beaucoup de sentiments de race qui font qu’ils desesperent
Je veux les portes grandements ouvertes
Des amis pour parler de leur peine, de leur joie
Pour qu’ils leur filent des infos qui ne divisent pas
Changez!

Ich stehe zu den Gründen, die uns dazu bewegen, alles zu verändern
Ich möchte, dass man ihre Hautfarbe vergisst, damit sie hoffen können
Viele rassistische Ressentiments, die sie verzweifeln lassen
Ich möchte weit geöffnete Türen 
Freunde, um über ihren Kummer, ihre Freude zu reden 
Damit sie ihnen Nachrichten zukommen lassen, die nicht spalten
Ändert (euch)!

And when a child is born into this world
It has no concept
Of the tone of skin it’s living in
And there’s a million voices
And there’s a million voices
To tell you what you should be thinking
So you better sober up for just a second

Und wenn ein Kind in diese Welt geboren wird,
Hat es keine Ahnung von seiner Hautfarbe
Es gibt Millionen Stimmen
Die dir sagen, was du denken sollst
Also sei besser mal nur eine Sekunde vernünftig

Seit über 45 Jahren im Musikgeschäft, ist Youssou ‘Ndours Popularität ungebrochen, und das nicht nur auf dem afrikanischen Kontinent. Im Laufe seiner Karriere hat er über 30 Alben veröffentlicht und zahlreiche Preise gewonnen. Er steht für den friedlichen Dialog zwischen den verschiedenen Ländern, Rassen, Ethnien, Geschlechtern und Religionen. Er hat sich sozial und politisch engagiert, hat gegen die Apartheid in Südafrika gesungen und sich für die kulturelle Identität seines Kontinents in einer globalisierten Welt eingesetzt. 

2012 war er ein Jahr lang Minister für Kultur und Tourismus im Senegal. Noch heute fungiert er als «besonderer Berater» des umstrittenen, autokratischen Präsidenten.

Zudem ist er in seiner Heimat als Geschäftsmann und Medienunternehmer aktiv, besitzt ein eigenes Tonstudio und Plattenlabel. 


Urs Musfeld alias Musi

Portrait von Urs Musfeld

© Claudia Herzog

Urs Musfeld alias MUSI, Jahrgang 1952, war während 39 Jahren Musikredaktor bei Schweizer Radio SRF (DRS 2, DRS 3, DRS Virus und SRF 3) und dabei hauptsächlich für die Sendung «Sounds!» verantwortlich. Seine Neugier für Musik ausserhalb des Mainstreams ist auch nach Beendigung der Radio-Laufbahn nicht nur Beruf, sondern Berufung.

Auf seiner Website «MUSI-C» gibt’s wöchentlich Musik entdecken ohne Scheuklappen zu entdecken: https://www.musi-c.ch/

Beitrag vom 21.11.2023

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