Rufus Sewell und Gillian Anderson© Peter Mountain/ Netflix

Ein royales Desaster – und seine Folgen

Mit einem TV-Interview wollte der britische Prinz Andrew sein Ansehen retten und sich von Missbrauchsvorwürfen reinwaschen. Doch genau das Gegenteil passierte. Der Netflix-Streifen «Scoop» greift die damaligen Geschehnisse auf und blickt hinter die Kulissen des Debakels.

Text: Marco Hirt

Wenn der Schuss nach hinten losgeht: Ein Wortwendung, die in diesem Fall nicht besser passen könnte. Passiert ist das Prinz Andrew (64) vor fünf Jahren: Wie das dritte Kind von Königin Elizabeth II. (+) und Prinz Philip (+) seinen Ruf komplett ruinierte, wurde jetzt filmisch aufbereitet – im Netflix-Film «Scoop – Ein royales Interview».

Blick zurück ins Jahr 2019: Die britische Königsfamilie gerät immer wieder stark unter Beschuss – wegen Andrew und seiner Verbindung zum Sexualstraftäter Jeffrey Epstein (+). Die Vorwürfe von Virginia Giuffre, als Minderjährige vom Prinzen missbraucht worden zu sein, wollen nicht aus den Schlagzeilen verschwinden. Da entscheidet er sich für einen folgenschweren Schritt: Er stimmt einem TV-Interview zu, um seinen Ruf wiederherzustellen, die Anschuldigungen zu entkräften und seine Sicht zu schildern. Doch mit dem einstündigen Gespräch, das die BBC am 16. November zeigt, erreicht er das Gegenteil: Er verteidigt seine Freundschaft zu Epstein, verheddert sich in Widersprüche, wirkt in seinen Aussagen unglaubwürdig – und das Interview wird zur Blamage, obwohl er zunächst noch glaubt, es sei für ihn gut gelaufen. Was folgt, ist der tiefe Fall: Das Königshaus sieht sich gezwungen, ihn von seinen royalen Aufgaben zu entheben. Zudem muss er alle militärischen Titel und Schirmherrschaften abgeben.

Rufus Sewell als Prinz Andrew und Gillian Anderson als Emily Maitlis © Peter Mountain/ Netflix

«Scoop» basiert u.a. auf dem Buch der BBC-Journalistin Sam McAlister, der Produzentin des Interviews. Wie dieses zustande kam, was hinter den Kulissen passierte und warum es zum Debakel wurde, erlebte sie hautnah. Emily Maitlis fühlte damals Prinz Andrew vor der Kamera auf den Zahn – gespielt wird sie von Gillian Anderson («Akte X»), ihr Gegenüber von Rufus Sewell. Sewell sagte sogleich zu, bedauerte dies dann. «Zuerst fühlte ich mich sehr geschmeichelt, weil es eine schauspielerische Herausforderung ist. Aber dann kamen die Zweifel, ob ich es schaffe, eine solch öffentliche Figur wahrhaftig verkörpern zu können.» Gillian Anderson wollte erst gar nicht, weil sie fürchtete, Emily Maitlis nicht gerecht zu werden. «Ich bewundere sie und ihre Arbeit am Fernsehen. Dann habe ich gedacht, es gerade deswegen zu tun, weil ich so Angst vor der Rolle hatte.»

Emily Maitlis weigerte sich übrigens, sich mit Gillian Anderson zu treffen. Denn es gibt ein zweites Projekt über das Skandal-Interview, das von Maitlis für Amazon Prime produziert und derzeit gedreht wird: In der dreiteiligen Mini-Serie «A Very Royal Scandal» wird sie von Ruth Wilson gespielt, Prinz Andrew von Michael Sheen, beides bekannte britische Schauspielgesichter.

«Scoop» ist jetzt auf dem Streaming-Sender Netflix abrufbar. Die Buchvorlage «Scoops – Behind the Scenes of the BBC’s Most Shocking Interview» von Sam McAlister ist bisher nur auf Englisch erschienen.

Beitrag vom 03.04.2024

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Das könnte sie auch interessieren

Filme

Kino-Tickets für «My Favourite Cake» zu gewinnen

Die Zeitlupe verlost 3 x 2 Tickets für die herzerwärmende Tragikomödie um eine 70-jährige Iranerin, die sich nochmals verlieben will.

Filme

Ihre erste Hauptrolle – mit 94 Jahren!

June Squibb glänzt in «Thelma» mit viel Schalk. Die US-Schauspielerin spielt eine Seniorin, die auf Enkeltrickbetrüger hereingefallen ist – und ihr Geld zurückerobern will. Auf einem Elektroscooter! Die Zeitlupe verlost 3 x 2 Tickets.

Filme

Leonard Cohen: Von der Sinnsuche und der Liebe für die Ewigkeit

Am 21. September 2024 wäre Leonard Cohen 90 Jahre alt geworden. Ein frühes Kapitel seines Lebens greift aus diesem Anlass die neue Serie «So long, Marianne» auf – als der Song-Poet nach Griechenland flüchtet und dort eine Frau trifft, die ihn nie mehr loslassen wird.

Filme

«Crossing» – oder wie man Grenzen überwindet

Im Film «Crossing» macht sich die pensionierte Lia auf nach Istanbul – um ihre Nichte zu suchen, die als Transfrau vor ihrem Umfeld geflohen ist. Eine Horizonterweiterung.