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Clicquot – eine Witwe gegen alle Widerstände

Zu ihrer Zeit gab es für Frauen keinen Platz in der Geschäftswelt. Wie sich die «Grande Dame der Champagne» diesen dennoch erkämpft hat, ist nicht nur in Biografien nachzulesen, sondern jetzt auch erstmals auf der Leinwand in «Die Witwe Clicquot» zu sehen.

Text: Marco Hirt

In Frankreich regierte König Ludwig XVI., als am 16. Dezember 1777 Barbe-Nicole Ponsardin zur Welt kam. Sie stammte aus gutem Haus, ihr Vater war Textilunternehmer. Als Barbe-Nicole 1798 François Clicquot heiratete, war die Monarchie weggefegt und das Land zur Republik geworden. Und Napoleon stand kurz vor der Machtübernahme. Turbulente politische Zeiten – und ereignisreich entwickelte sich auch das Leben der jungen Frau. Denn nur sieben Jahre nach der Hochzeit starb ihr Ehemann und Vater ihrer Tochter und hinterliess ihr ein kleines Champagnerunternehmen.

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Weitsichtig an der Firmenspitze

Von dieser kurzen Liebe und ihrem tragischen Ende sowie der Wandlung zur unbeirrbaren Geschäftsfrau erzählt der Kinofilm «Die Witwe Clicquot» und schafft ein beeindruckendes Frauenporträt. Denn Barbe-Nicole wollte die Firmenführung nach dem Tod ihres Gatten nicht wie gefordert ihrem Schwiegervater überlassen: Sie nahm die Zügel selbst in die Hand. Ungeheuerlich in einer Zeit, in der Frauen von Stand nicht arbeiten durften und ihre Anliegen den Männern zu überlassen hatten. 

Nicht sie: Entschlossen und weitsichtig begann die «Veuve Clicquot», die Firma nicht nur zu leiten, sondern auch weiterzuentwickeln. Bald wurde der Schaumwein zum Lieblings-Getränk der Reichen und Schönen in Europa. Dabei half ihr ein Kellermeister bei der Idee, das sogenannte Rüttelverfahren zu entwickeln. Somit konnte die Hefe, die den Champagner trübte, aus der Flasche entfernt werden. Und in der klaren, glänzenden Flüssigkeit stieg die prickelnde Kohlensäure sichtbar und verführerisch auf!

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Ein Schloss für die Witwe

Barbe-Nicole war auch Vorreiterin in Sachen Werbung. Im Archiv des Unternehmens Veuve Clicquot sind 100’000 Briefe von ihr erhalten, die sie Einflussreichen, Mächtigen und Vermögenden schrieb, um ihr Produkt bekanntzumachen. Und sie schickte Handelsreisende an alle Herrscherhöfe Europas – einer der eifrigsten Abnehmer des Schaumweins war der Zarenhof in St. Petersburg. Die Verkaufszahlen stiegen kontinuierlich, es wurden jährlich bis zu 750’000 Flaschen abgesetzt.

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Die Witwe Clicquot liess zudem das typische goldgelbe Flaschenetikett als Handelsmarke eintragen, gründete eine Bank, um den Gewinn selbst zu verwalten und zu vermehren, kaufte in der Champagne Land an den allerbesten Lagen zu. Und sie liess ihr persönliches Schloss, Château de Boursault, errichten. Wo sie sich später zurückzog und 1866 im Alter von knapp 89 Jahren starb. Die Firma Veuve Clicquot ehrt ihr Andenken bis heute mit dem Prestige-Champagner «La Grande Dame». Das Schloss kann besucht werden – natürlich inklusive Champagner-Kostproben.

In «Veuve Clicquots» Fussstapfen

Als erste Frau, die ein Champagnerhaus führte, ebnete Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin den Weg für weitere weibliche Unternehmerinnen. Louise Pommery war 39, als 1858 ihr Mann starb und sie die Geschäfte übernahm. Sie baute diese aus, erfand 1874 mit der neuen Geschmacksrichtung «Brut» den ersten trockenen Champagner, der bis dahin nur süss abgefüllt wurde.

Die dritte legendäre Witwe des 19. Jahrhunderts war Mathilde-Emilie Perrier. Sie war beim Tod ihres Ehemanns Eugène Laurent 1887 erst 35-jährig und gab dem Unternehmen den kombinierten Namen Laurent-Perrier. Kurze Zeit brachte auch sie einen weitere Novität auf den Markt – einen Champagner ohne Zuckersatz, heute «Ultra Brut» genannt.

Auch aktuell werden bedeutende Champagnerhäuser von Frauen geleitet – so von Carol Duval-Leroy (69, Champagne Duval-Leroy), Vitalie Taittinger (45, Champagne Taittinger) und Nathalie Vranken (45, Champagne Pommery). Die Herkunftsbezeichnung ist geschützt, das Produktionsgebiet in der Region Champagne, gelegen im Nordosten Frankreichs, wurde in einem Gesetz von 1927 auf 34’000 Hektar begrenzt. Man darf einen Schaumwein nur Champagner nennen, wenn er dort angebaut und gekeltert wird. Seit 2015 stehen die Weinberge, Weingüter und Weinkeller der Champagne auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Gut zu wissen

Eindrückliches und Wissenswertes rund um Champagner – zu lesen und zu sehen!

  • «Die Witwe Clicquot» startet am 7. November 2024 in den Deutschschweizer Kinos. Die Titelrolle verkörpert Hayley Bennett (36), u.a. bekannt aus «Girl on the Train».
  • «Prickelnd – Die Geschichte des Champagners» (2021/zu streamen via Sky Store, CHF 4.50) befasst sich mit der Entstehung des Schaumweins und der Theorie, dass die wahren Entdecker die Engländer sind. Der britische Dok-Film beleuchtet auch die Auswirkungen des Klimawandels auf den Anbau.
  • «Champagner – eine deutsch-französische Geschichte» (2020/abrufbar in der ARD-Mediathek) erzählt vom eher unbekannten deutschen Einfluss auf die Entwicklung des Schaumweins im 18./19. Jahrhundert.
  • «Im Rausch der Zeit – Das temperamentvolle Leben der Witwe Clicquot» von Tilar J. Mazzeo ist die Buchvorlage für den Kinofilm (HarperCollins, CHF 34.90).
  • Die Lebensgeschichte der Witwe Clicquot ist auch in folgenden Roman-Biografien nachzulesen: «Die Unbeirrbare» von Marie-Luise Wolff (Edition W, CHF 33.90), «Die Champagnerfürstin» von Annette Fabiani (Goldmann, CHF 17.90) und «Madame Clicquot und das Glück der Champagne» von Susanne Popp (Rowohlt, CHF 19.90).
Beitrag vom 02.11.2024

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