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Marroni: Die Glücksbotin

Einst war sie das Arme-Leute-Brot, heute geniessen Marroni den Ruf des Superfood. Dank ihrer Inhaltsstoffe und ihrer Vielseitigkeit.

Text: Anita Lehmeier

Der Anblick des ersten Marroni-Häuschens ist für Sommer-Typen und Gfrörli wie mich stets Schreck und Trost zugleich. Es markiert den Beginn der kalten Jahreszeit, verspricht aber auch Wärme in Fingern und im Bauch. Eine kleine Portion Glück für unterwegs: Denn eine Aminosäure in der gerösteten Delikatesse kurbelt die Produktion des Glückshormons Serotonin an. Das tut Schokolade auch, allerdings nicht so «schlank» wie Marroni. Diese hat nämlich kaum Fett, im Gegensatz zu Schoggi oder zu ihren botanischen Verwandten, den Nüssen, die vor Fett «triefen».

Nicht zur Familie gehört leider die weitverbreitete Rosskastanie, trotz der optischen Ähnlichkeit. Beide haben eine doppelte Hülle: dick, grün und mehr oder weniger stachelig die äussere; glatt, zäh und braun die innere. Der matchentscheidende Unterschied: Rosskastanien sind zum Verzehr ungeeignet. Maronen, eine Weiterzüchtung der Edelkastanie, sind hingegen Superfood. Sie bestehen hauptsächlich aus den Kohlehydraten Stärke und Saccharose sowie einem hohen Wassergehalt. Ausserdem liefern sie uns wichtige Dinge wie Kalium, Vitamin B, Magnesium, Calcium und Linol- und Linolensäuren. Der weise Doktor Vogel rechnete sie zu den «warmen» und somit bekömmlichen Lebensmitteln. Da sie glutenfrei ist, wird ihr Mehl von Zöliakie-Kranken als Getreide-Ersatz sehr geschätzt.

Diese Wertschätzung genoss sie während Jahrhunderten in breitem Mass. Gerade in Berggebieten, wo kein Getreide wächst, war die Kastanie die perfekte Quelle für Kohlenhydrate und machte sie regelrecht zum Brot der Armen. Unsere Vorfahren würden sich sehr wundern zu erfahren, welche Preise wir heute für eine Tüte Marroni bezahlen. Ernte und Auslese, noch heute in Handarbeit verrichtet, sind die Preistreiber. Jeder Baum muss vier- bis sechsmal abgelesen werden, danach werden die Nüsse sechs bis sieben Wochen gedörrt. Und seit zehn Jahren macht den Kastanienbauern ein aus Asien eingeschleppter Schädling Sorgen: die Gallwespe, die sich gern in den Nüssen einnistet.

Um die heimische Nachfrage nach Maronen zu decken, müssen zur jährlichen Schweizer Ernte von rund 100 Tonnen weitere 2500 importiert werden. In den Läden findet man sie als ganze Nüsse, gefroren oder als Pürée – das vielgeliebte Vermicelle, getrocknet, als Mehl oder Flocken fürs Frühstück, glasiert als Marrons Glacés zum Naschen.

Im Bergell steht der grösste Kastanienhain Europas. Auf einem 2,5 Kilometer langen Lehrpfad erfährt man alles über die feine Nuss. In den ersten drei Oktoberwochen wird ihr hier im Festival della Castagna gehuldigt. Mitte Oktober begeht das Puschlav die Settimana della castagna. In Greppen LU findet am 23. Oktober mit der Chestene-Chilbi der grösste Kastanienmarkt des Landes statt, in Fully VS das Fête de la châtaigne mit 300 Ständen, am 15./16. Oktober. Die grösste Plantage liegt zwischen dem aargauischen Bremgarten und Lenzburg. In den Hügeln ob Lugano lockt eine fünfstündige Wanderung durch Kastanienwälder. Am Walensee in Murg sind über 1800 Bäume zu bewundern. Hier dürfen übrigens alle Marroni, die auf dem Rundkurs liegen, gratis eingesammelt werden

© Migusto/ Christian Küng

Spaghetti mit Marroni, Tomaten und Speck

400 g Spaghetti
Salz
600 g Datteltomaten
500 g tiefgekühlte geschälte Marroni, vor Gebrauch aufgetaut
2 Knoblauchzehen
12 Tranchen Kräuterspeck
Pfeffer
2 EL Olivenöl
1⁄4 Bund glattblättrige Petersilie
ca. 12 essbare Blüten, z. B. Kapuzinerkresseblüten nach Belieben

So gehts: Spaghetti in reichlich Salzwasser al dente kochen. Inzwi­schen Tomaten und je nach Grösse Marroni halbieren. Knoblauch in Scheiben schneiden. Speck in einer weiten Pfanne bei starker Hitze kurz braten. Auf Haushaltspapier abtropfen lassen. Knoblauch und Marroni in derselben Pfanne bei mittlerer Hitze braten, bis sie Farbe annehmen. Tomaten zugeben und kurz mitbraten. Spaghetti abgies­sen, tropfnass zu den Tomaten geben. Speck in Stücke brechen und dazu mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Mit Öl beträufeln. Petersilie dazuzupfen und nach Belieben mit Blüten garnieren.

Gewusst wie: Den Speck durch dünn geschnittene Tofuscheiben ersetzen und mit zusätzlichem Öl anbraten.

Zubereitung: ca. 25 Minuten


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Beitrag vom 11.10.2022

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