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Wie muss man Tiere im Freien halten?

Für Tiere ist das Leben im Freien oftmals bereichernd, es besteht jedoch auch die Gefahr, dass ihre Anpassungsfähigkeit überfordert wird. Das Tierschutzrecht verbietet es darum, Schafe & Co. über längere Zeit extremer Witterung schutzlos auszusetzen.

Schafe, die als robust und genügsam gelten, werden im Vergleich zu anderen Haustieren, insbesondere von Schweinen und Hühnern, häufig draussen gehalten. Dabei werden sie nicht selten auf wenig strukturierten Weideflächen untergebracht, die für wechselnde Witterungsbedingungen nur bedingt geeignet sind. Der Schutz der Tiere vor widrigen Wettersituationen stellt hierbei ein ernsthaftes Problem dar.

Gemäss den Grundsätzen der Tierschutzgesetzgebung haben Tierhaltende die Pflicht, für das Wohlergehen ihrer Tiere zu sorgen. Dazu gehört unter anderem, für eine angemessene Ernährung, Pflege und Beschäftigung zu sorgen sowie – soweit nötig – eine Unterkunft bereitzustellen. Bei der Haltung ist darauf zu achten, dass die Körperfunktionen der Tiere und ihr Verhalten nicht gestört und sie in ihrer Anpassungsfähigkeit nicht überfordert werden. Bei Arten, die sich der Witterung nicht anpassen können, haben Tierhaltende für den notwendigen Schutz zu sorgen. Unterkünfte und Gehege müssen den Tieren ein arttypisches Verhalten ermöglichen und die Beschaffenheit der Böden darf die tierliche Gesundheit nicht beeinträchtigen.

Haltung im Freien

Die Haltung von Haustieren im Freien wird in der Tierschutzverordnung sowie in der Nutz- und Haustierverordnung geregelt. Haustiere dürfen demnach nicht über längere Zeit extremer Witterung schutzlos ausgesetzt sein. Werden sie unter solchen Bedingungen draussen gelassen, ist ihnen ein geeigneter natürlicher oder künstlicher Unterstand zur Verfügung zu stellen, der allen Tieren gleichzeitig Platz und Schutz vor Nässe und Wind sowie vor starker Sonneneinstrahlung bietet. Zudem muss ein ausreichend trockener Liegeplatz vorhanden sein. In Bereichen, in denen sich die Tiere vorwiegend aufhalten, dürfen die Böden nicht morastig und nicht erheblich mit Kot oder Harn verunreinigt sein. Neben dem Witterungsschutz muss auf der Weide für alle Tiere der Gruppe ausreichend Futter vorhanden sein. Bietet die Weide selber zu wenig Nahrung, ist geeignetes zusätzliches Futter zur Verfügung zu stellen. Rinder, Schafe und Ziegen müssen zudem zweimal täglich Zugang zu Wasser haben, Lamas und Alpakas sogar jederzeit. Schweine in Freilandhaltung müssen mehrmals täglich getränkt werden.

Extreme Witterung

Als «extreme Witterung» gelten gemäss dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) Bedingungen, bei denen entweder starke Sonneneinstrahlung und Hitze oder Kälte in Kombination mit Regen oder Wind herrschen. Wörtlich genommen widerspricht diese Definition jedoch den aktuellen Erkenntnissen aus der Verhaltensforschung, wonach unter Umständen ein Witterungselement für sich allein genügen kann, um Schafe mangels Anpassungsfähigkeit zu veranlassen, einen Witterungsschutz aufzusuchen. Die Stärke der Belastung hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, etwa von der Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlagsmenge, Windstärke oder Intensität der Sonneneinstrahlung. Daneben spielen auch die Tierart, das Alter, der gesundheitliche Zustand sowie die Nutzungsintensität eine Rolle, weshalb exakte Grenzwerte nicht generell definiert werden können. 

Gesundheitskontrolle

Der Gesundheitszustand und das Wohlergehen der Tiere sind täglich zu kontrollieren, insbesondere hinsichtlich des Allgemeinzustands und des Auftretens von Verletzungen, Lahmheiten, Durchfall und anderen Krankheitsanzeichen. Auf den Kontrollgang darf ausnahmsweise verzichtet werden, wenn die Versorgung der Tiere mit Wasser und Futter sichergestellt ist. Stehen Geburten an oder sind neugeborene Tiere vorhanden, so ist die Kontrollfrequenz auf mindestens zweimal täglich oder nach Bedarf zu erhöhen. Müssen Komplikationen erwartet werden oder herrschen spezielle Bedingungen, sind die Kontrollfrequenzen entsprechend anzupassen oder die betroffenen Tiere einzustallen. 

Meldung von Tierschutzverstössen

Wer eine Tierhaltung beobachtet, bei der die Tiere womöglich nicht tierschutzkonform gehalten werden, kann dies dem kantonalen Veterinäramt melden oder Strafanzeige bei der Polizei beziehungsweise bei der zuständigen Staatsanwaltschaft einreichen. Sämtliche Verstösse gegen die Tierschutzgesetzgebung sind sogenannte Offizialdelikte und müssen daher von Amtes wegen verfolgt werden. Sobald die Polizei oder der Veterinärdienst Kenntnis von einem allfälligen Tierschutzdelikt hat, sind die Behörden bei hinreichendem Tatverdacht verpflichtet, tätig zu werden.  

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org

Beitrag vom 31.12.2024
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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