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Was heisst «Filterblase»?

Suchmaschinen und soziale Netzwerke stimmen ihre Informationen auf die Interessen und Vorlieben der Benutzerinnen und Benutzer ab. Das ist praktisch, aber nicht ungefährlich.

Das Abstimmungsergebnis vom letzten Wochenende hat mich überrascht – ich hatte die Stimmung im Vorfeld ganz anders erlebt!», bemerkt Felix während des Ausflugs der Wandergruppe. «Welche Stimmung denn?», fragt Regula zurück. «Naja, dort, wo wir darüber gesprochen haben: im Turnverein, aber insbesondere auch bei Facebook.» Regula muss lächeln: «Ach so! Dann bist du wohl Opfer deiner Filterblase geworden.» Weil Felix sie verständnislos anschaut, erklärt sie: «Als Filterblase oder Echokammer bezeichnet man das Phänomen, dass du im Internet oft nur das zu hören bekommst, wovon du sowieso schon überzeugt bist. Mit der Zeit lebst du dadurch in einer Art eigener ‹Blase› und hast vielleicht eine ganz verzerrte Sichtweise der Welt.»

«Tja, Felix hat zwar oft eigenartige Ansichten – aber was hat das mit dem Internet zu tun?», wirft Erwin ein. «Auch in der Beiz setze ich mich doch lieber zu den Leuten, die meine Ansichten teilen. Und ich lese diejenige Zeitung, die meiner eigenen politischen Meinung entspricht.»

Regula nickt: «Menschen neigen dazu, eher Informationen und Meinungen zu glauben, die zu ihrem bisherigen Weltbild passen. Das nennt man confirmation bias. Entsprechend wählen sie auch ihre Nachrichtenquellen und Freunde aus. Mit dem Internet wird es aber eine Spur gefährlicher, und es hat Methode. Sowohl Suchmaschinen als auch soziale Netzwerke wie Facebook haben ein Geschäftsinteresse daran, deine Wünsche zu erkennen und ihnen nachzukommen, damit du ihre Dienste möglichst lange benützt. Suchmaschinen versuchen, ihre Ergebnisse zu personalisieren: Wenn du nach Golf suchst, werden dir vor allem Ergebnisse zur Sportart Golf geliefert. Die Suchmaschine weiss von deinen früheren Anfragen, dass du dich für Begriffe wie Handicap oder Greenfee interessierst. Ich hingegen erhalte eher Informationen zum VW Golf, weil ich in den letzten Wochen im Internet nach Occasions-Autos gesucht habe.

Bei sozialen Netzwerken ist es ähnlich: Sie wollen dich bei Laune halten, damit du möglichst viel Zeit bei ihnen verbringst. Sie zeigen dir zwar durchaus Neues und Unbekanntes an, aber nichts, was dich nachhaltig verärgert oder abstösst. Problematisch daran ist, dass sich die wenigsten Leute dieser Mechanismen bewusst sind. Und selbst ein entsprechendes Bewusstsein hilft wenig: Es ist nicht einfach, diesen Filterblasen auszuweichen. Schalte ich etwa bei Google die Personalisierung ab, gerate ich einfach in die Standardblase.»

«Malst du da nicht etwas gar schwarz?», wendet Erwin ein. «Bei uns im Dorf war es früher auch schwierig, der lokalen Filterblase auszuweichen: Stammtisch, Lokal­zeitung, Pfarrer – andere Meinungen hörte man nicht. Mit dem Internet dagegen stehen mir heute alle Informationsquellen dieser Welt zur Ver­fügung. Dadurch kann ich mich bewusst mit ganz verschiedenen Informationen und Meinungen aus­einandersetzen.»

«Genau!», meldet sich Felix wieder zu Wort. «Auch dazu ist unsere Wandergruppe gut: Könnt ihr mir erklären, warum ihr am vergangenen Wochenende dieser Initiative zugestimmt habt?

Dieser Digitalratgeber ist in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Schwyz erschienen.

Total digital

Bereit für eine Reise in die digitale Welt? Im Themenschwerpunkt «total digital» schauen wir nach vorn – aber auch zurück: Wir zeigen, dass Künstliche Intelligenz nicht nur jüngeren Generationen vorbehalten ist, erinnern uns an unsere ersten Erfahrungen mit der digitalen Technologie, zeigen eine innovative Community-Wohnform und kommen mit virtueller Realität hoch hinaus: zeitlupe.ch/total-digital

Beitrag vom 12.07.2023
Beat Döbeli Honegger

ist Professor am Institut für Medien und Schule an der Pädagogischen Hochschule Schwyz
© Micha Eicher

 

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