Die wertvollen Helfer am Skilift
Viele kleine Skigebiete sind auf Freiwillige angewiesen, um bestehen zu können. In Bürchen und Törbel packen Einheimische wie Chaletbewohner gemeinsam am Bügellift an. Ein Besuch im Wallis – in der «Moosalpregion».
Text und Fotos: Fabian Rottmeier
Skigebiete habens auch nicht leicht. Mussten sie sich in den letzten Jahren immer stärker auf den Klimawandel einstellen und deshalb Schneekanonen kaufen und Beschneiungsanlagen installieren, kam in den vergangenen beiden Saisons ein weiterer Spielverderber ins Spiel: das Coronavirus. Die finanziellen Einbussen waren gross. Umso wertvoller waren in dieser Zeit Menschen, die von den Skifahrenden wohl nicht genug gewürdigt werden: freiwillige Helferinnen und Helfer, die kostenlos arbeiten – auch dort, wo man es als Skiliftgast wohl gar nicht vermutet. Oder hätten Sie gedacht, dass Ihnen schon mehrfach jemand am Skilift den Bügel gereicht hat, der dies umsonst tut?
Im Oberwalliser Skigebiet Moosalpregion beispielsweise sind seit mehreren Jahren Winter für Winter 10 bis 15 «Pensionierte im Einsatz» (so der Name des Projekts). Sie leisten rund 12 Tagesschichten, für die sie als Gegenleistung ein kostenloses Saisonabonnement, ein gemeinsames Abendessen sowie drei freie Fahrten auf Schweizer Bergbahnen erhalten – und am Mitarbeitenden-Ausflug teilnehmen dürfen. Eine Schicht dauert sieben Stunden. Macht total bis zu 1260 Stunden Freiwilligenarbeit.
«Das System funktioniert sehr gut und hat sich extrem bewährt», schreibt Fabrizio Gull, Geschäftsleiter der Moosalp Tourismus AG und der Moosalp Bergbahnen AG. Falls möglich, wolle man das System in Zukunft ausbauen.
Doch was hat die Senioren dazu bewegt, sich zu engagieren? Wir haben zwei Pensionierte am Skilift in Bürchen und Törbel besucht – und uns zwischen den «leeren» Bügeln unterhalten, während im Hintergrund die Skianlagen surrten.
«Ich lasse den Bügel nicht aus den Augen»
- Peter Seematter, Einheimischer aus Törbel, pensionierter Chemielaborant
- Einsatzort: Talstation Bügellift Moosalp (Baujahr 1995, Fahrzeit 6 Minuten 40 Sekunden) auf 1880 m ü. M.
«Ich muss zugeben: Die Arbeit an der Talstation habe ich etwas unterschätzt. Es ist das erste Mal, dass ich hier am Start des Moosalpliftes arbeite, obwohl dies bereits meine siebte Saison als freiwilliger Helfer ist. Weil die Bügel recht dicht aufeinanderfolgen, erst kurz vor dem Anbügeln ums Eck schiessen und dabei manchmal wild hin und herspringen, muss ich gut aufpassen, dass sie den Gästen nicht um die Ohren fliegen. Mein Rezept: Wenn ich den Bügel vorab nicht mehr aus den Augen lasse, kommts gut. Trotzdem: Der Bewegungsablauf bei der Anbügel-Hilfe ist hier nicht ganz ohne. Ich bewege mich in der Drehung, leicht nach vorn gebeugt, und muss gleichzeitig in die Knie gehen. Das geht ganz schön in den Rücken.
Abends bin ich immer recht müde nach den Einsätzen. Am strengsten sind die Tage, an denen wenig Leute unterwegs sind. Dann ist es alleine am Lift schon etwas langweilig und die Tage sind lang. Aber ich habe meine Einsätze gerne geleistet. Es ist mein kleiner Beitrag für unser Skigebiet, das ich selbst oft nutze. Es ist toll, wie die jüngere Leitung das Skigebiet seit 2018 neu lanciert hat. Man kann nicht immer im alten Fahrwasser bleiben.
Ende Saison ist Schluss mit meinen Einsätzen als Helfer. Ich wollte aufhören, solange es mir noch Freude bereitet. Die schönsten Momente habe ich an ‹meiner› Bergstation erlebt, die auf knapp 2400 Metern liegt. Die Aussicht dort ist wunderbar, und hie und da ergab sich auch ein kurzes Gespräch mit Bekannten. Corona hat das Ganze etwas erschwert, da ich die Leute mit Helm, Skibrille und Maske kaum noch erkennen konnte. Einzig auf das Skidress konnte ich noch achten.»
«Ich kann hier etwas zurückgeben»
- Urs Umbricht, Feriengast und Chaletbewohner in Bürchen, pensionierter Bankfachmann aus Lohn-Ammannsegg im Kanton Solothurn
- Einsatzort: Bergstation Bügellift Ronalp (Baujahr 1967, Fahrzeit 7 Minuten 40 Sekunden) auf 2068 m ü. M.
«Achtung, jetzt kommt wieder der Spezialist … Auf Kinder muss ich immer besonders aufpassen beim Lift-Ausstieg. Sobald ein Kind Probleme bekundet oder stürzt, drücke ich den Stop-Knopf und helfe ihm. Per Funk gebe ich durch, wann mein Kollege an der Talstation den Lift wieder starten kann. Es sind schöne Momente, wenn sich die Kleinsten freuen, weil sie den Bügel am Ende ohne Probleme loslassen konnten.
Es ist mein erster Winter als Freiwilliger. Ich habe im Newsletter der Moosalp-Region davon erfahren. Die Verantwortlichen haben dabei bewusst auch die Chaletgäste angesprochen, und ich dachte: ‹Weshalb eigentlich nicht?› Schliesslich war ich 60 Jahre als Kunde in vielen Skigebieten unterwegs. So kann ich der Allgemeinheit etwas zurückgeben – und bin selber ja auch froh, wenn ich in Bürchen weiterhin Ski fahren kann. Kleine Skigebiete haben heutzutage jede Hilfe nötig. Zudem ist es interessant, einmal die Seite zu wechseln und zu sehen, was es bedeutet, ein Skigebiet aufrechtzuerhalten. Man kriegt so einiges mit.
Ein Tag im Schnee, an der frischen Luft, macht mich immer glücklich. Ausser vielleicht, wenn minus 15 Grad vorherrschen. Solche Einsätze hatte ich auch schon. Ich blieb im Skilifthüsli, denn dort gibt es nebst einer Heizung auch einen Teekocher, eine Mikrowelle, einen Radio und ein Trocken-WC. Der einzige menschliche Kontakt blieb da jeweils der Besuch der Pistenpatrouille, die immer mal wieder als Routinekontrolle vorbeischaut.
Die Arbeit an der Bergstation hat etwas Paradoxes: Sie ist oft langweilig und anstrengend gleichzeitig, da man fast immer konzentriert bleiben muss. Die unbesetzten Bügel sind meine Pausen. Am Abend bin ich jeweils geschafft, aber zufrieden. Trotzdem möchte ich es noch offen lassen, ob ich nächste Saison wieder dabei bin, da ich zu Hause noch immer einige Verpflichtungen habe. Ich könnte es mir aber gut vorstellen, mir die Einsätze im Duo mit jemandem zu teilen.»
Wer sich für die Freiwilligeneinsätze in der Moosalpregion interessiert, kann sich per Telefon 027 934 17 16 oder per E-Mail an info@moosalpregion.ch melden. moosalpregion.ch/jobs
- Noch Lust auf etwas Winter: Dann schauen Sie sich hier unsere 10 Ausflugstipps an.
- Nostalgikerinnen können in diesem Artikel hier in ein Skilager im Jahr 1955 eintauchen.
- Ski-Fans empfehlen wir zudem unsere Interviews mit Erika Hess und Dumeng Giovanoli.
Lang lebe das Moosalp-Duo!
Skiprofi Ramon Zenhäusern weiss es schon längst: Im Walliser Restaurant Moosalp in Törbel gibt es die besten Crèmeschnitten der Welt – auf 2000 Metern. Per Auto ist es im Sommer und Winter erreichbar – oder von Mitte Juni bis Mitte Oktober auch über eine spektakuläre Postautofahrt von Visp via Bürchen. Die Haltestelle «Moosalp» liegt direkt beim Restaurant. Wer etwas wandern möchte, findet auf dem nahegelegenen «Stand» eine grandiose Panoramasicht.
Restaurant Moosalp: Geöffnet bis 20. März und wieder vom 28. Mai bis 16. Oktober 2022, Telefon 027 952 14 95. Panorama-Rundweg Moosalp–Stand: leichte Wanderung (im Sommer), 105 Min.
Der Bericht über die Mosalp ist super, man sollte die Gegend besuchen. Danke.