Schloss Heidegg © Seetal Tourismus/ Beat Brechbühl

Ein Schloss, zehn Kapellen und viel Natur

Wandernd unterwegs im Luzerner Seetal: Der vor einem Jahr eröffnete Kapellenweg führt an den Hängen des Lindenbergs vorbei an zehn Kirchen und Kapellen. Über dem Baldeggersee thront auch Schloss Heidegg.

Text: Usch Vollenwyder

Der Weg beginnt mit einem Aufstieg: Rund zweihundert Höhenmeter gilt es vom Kloster Baldegg an der Seetallinie hinauf nach Ibenmoos zu überwinden. Das zunächst asphaltierte Strässchen führt entlang von Feldern und Grasland, vorbei an vereinzelten Bauernhöfen und kleinen Weilern. Nach einer Stunde ist das Alters- und Pflegeheim Ibenmoos erreicht. Von dort aus fällt der Blick den Hang des Lindenbergs hinunter zum Baldeggersee. Richtung Luzern sind die Rigi und der Pilatus zu erkennen. Hinter dem Heim, etwas versteckt am Waldrand, befindet sich die kleine Kapelle «Maria zum Schnee».

Kapelle Maria zum Schnee am Kappellenweg
Kapelle «Maria zum Schnee». Quelle: Troxler Grafik © Kapellenweg im Seetal

Die 1985 renovierte Kapelle mit dem geschindelten Zwiebeltürmchen gilt weitherum als Wallfahrts- und Gnadenort. Davon zeugen auch die im «Sorgenbuch» eingetragenen Anliegen und die brennenden Kerzen neben dem Altar, einer Rokokoarbeit aus graublauem Stuckmarmor. Den Namen verdankt die Kapelle einer Legende: Im 4. Jahrhundert hatte ein römisches Ehepaar im Sinn, sein ganzes Vermögen der Muttergottes zu vermachen. Es bat den Himmel um ein Zeichen, wo die geplante Marienkirche gebaut werden sollte. Am nächsten Morgen war – mitten im Sommer – auf einem der sieben Hügel Roms frischer Schnee gefallen.

Die damals erbaute Kirche mit dem Namen «Santa Maria Maggiore» entwickelte sich zu einer der grossen Wallfahrtskirchen Roms. In einer Seitenkapelle ist die alte Legende dargestellt. Im späten Mittelalter verbreitete sich der Maria-Schnee-Kult auch nördlich der Alpen. Das Luzerner Seetal zeugt auch heute von einer lebendigen katholischen Tradition. So sind zahlreiche Wegkreuze und Bildstöcke mit frischen Blumen geschmückt, drei Rosenkranzwege aus verschiedenen Richtungen führen zur Kapelle in Ibenmoos, und der erst vor einem Jahr gestaltete Anastasius-Hartmann-Rundweg hält das Andenken an den einst in Indien tätigen Bischof aus Altwis lebendig.

Rebberge und Wein

2019 wurde der Verein «Kapellenweg im Seetal» gegründet. Ziel war es, die Gotteshäuser im attraktiven Wandergebiet miteinander zu verbinden. Der farbig ausgeschilderte Themenweg führt vorbei an zehn Kapellen und Kirchen von Ibenmoos zum Schloss Heidegg und weiter bis nach Richensee. Geübte Wandervögel schaffen den rund fünfzehn Kilometer langen Weg an einem Tag. Wer’s gemütlich nehmen will, unterteilt den Weg in zwei oder mehr Etappen. Die einzelnen Orte und Kapellen sind mit dem öffentlichen Verkehr problemlos zu erreichen.  

Nach dem Mittagspicknick aus dem Rucksack geht es von Ibenmoos durch lichten Laubwald weiter nach Lieli. Dort steht mitten im Dorf die denkmalgeschützte Kapelle St. Wendelin. Sie wurde im 16. Jahrhundert von der gleichnamigen Bruderschaft gestiftet, als Stadt und Republik Luzern von einer Pestepidemie heimgesucht wurden. Danach führt der Weg durch ein ausgedehntes Waldgebiet, und nach einer weiteren Stunde ist das Schloss Heidegg mit der Kapelle St. Karl Borromäus erreicht.

Schloss Heidegg mit Rosengarten
Das Schloss Heidegg mit der Kapelle St. Karl Borromäus und Rosengarten © zVg

Von weither sieht man das Schloss mit seinen weissen Mauern und den gelb-schwarzen Fensterläden hoch über dem Dorf Gelfingen thronen. Im 13. Jahrhundert residierten dort die Herren von Heidegg, heute ist es im Besitz des Kantons Luzern. Der schmucke Rosengarten geht auf einen Spruch des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer zurück, der 1951 anlässlich seines Besuchs mit der Luzerner Regierung gesagt haben soll: «Hier sollten Rosen blühen!» Seither werden im Schaugarten Hochstammrosen und Kletterrosen, Strauch- und Edelrosen gehegt, gepflegt und weiterentwickelt.

Laurentiuskapelle in Richensee. Quelle: Troxler Grafik © Kapellenweg im Seetal

Im über 800-jährigen Turmkeller erzählt ein geheimnisvolles Raum-Hörspiel die Schlossgeschichte, und in einer Sonderschau werden alte Fotos aus dem Schlossarchiv präsentiert. Im dritten Obergeschoss lädt ein Museum in die Wohnkultur seiner einstigen Bewohnerinnen und Bewohner ein – mit Fumoir und Boudoir, mit Salle à dîner, Schlafzimmer und Salon Louis XV. An den Hängen unterhalb des Schlosses erstrecken sich die Rebberge, im dazugehörigen Weingut werden Riesling-Sylvaner, Blauburgunder und Weine mit regionalem Seltenheitswert produziert.

Schloss Heidegg liegt etwa in der Hälfte des Kapellenwegs. Von dort aus ist es nur ein Katzensprung hinunter zur S-Bahn-Station Gelfingen. Wer weiterwandern will, kommt schon bald einmal nach Hitzkirch und an der schlichten Marienkapelle und der barocken Pfarrkirche St. Pankratius vorbei. Danach geht es steil hinauf nach Hämikon. Am Ende des Aufstiegs wartet ein «Hof-Kafi» mit Selbstbedienung. Das Kaffee gibt es an einem kleinen Tisch in der Sonne, ein schwarzes Kätzchen guckt neugierig um die Ecke. Von Hämikon aus geht es den Waldrand entlang hinunter nach Altwis. Die Jakobuskapelle in Ermensee und die Laurentiuskapelle in Richensee – beide Dörfer liegen wieder an der Seetallinie – bilden den Abschluss des Themenwegs.

Mehr Infos: www.kapellenweg-seetal.ch


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Beitrag vom 09.06.2021

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