E Troum Von Elisabeth Zurbrügg

Si hets nie vergässe, wie si einisch im Läbe am ne Bild begägnet isch. Pär Zuefall. Und ire Zyt, wo si mit ihrer Familie nume dank spitzem Rächne schuldefrei isch über d Runde cho.

E Maler us der Region het denn grad zu re Usstellig vo syne Wärch yglade. Und will si als Husfrou u Mueter grad e Momänt lang familiefrei het gha, isch si dört verbyggange. Nume hurti chly go luege, het si wölle. U Luege choschtet jo bekanntlich nüt. Aber dört hets ihre du der Ärmu ugsinnet u zgrächtem ynegno. Si isch amne Bild begägnet, wo so schlicht und schön isch gsy, dass si wie aagnaglet dervor het müesse blybe stoh.

Was für ne Ougefröid. 
Was für ne Seelefröid.

Si isch ungläubig stuunend diräkt i die gmalti Bildergschicht ynegwanderet: E prächtige Öpfuboum, i der volle Bluescht, het se verfüehrt. D Sunnestrahle hei dür syni Zweige düre Liecht u Schattefläcke uf e früehligsgrüen Grasteppich zouberet. Und dört isch e jungi Mueter gstange mit zwöine Ching. Die hei zäme mit ihre grad übersüünig glücklich wölle Ringelreihe tanze.

Der Maler, e läbenserfahrene Maa, isch undereinisch näb ihre gstande. Är het se nid wölle störe. Är het gspürt, dass sich do zwöi begägnet sy, wo zunenand hei wölle ghöre. Die Frou vor em Bild und das Chinder-Mueter-Boumbild. Das isch Liebi gsy. Liebi uf e erscht Blick …

Äs syg ihm wäger no nüt im Wäg, so het är lyseli gseit. Är chönns guet no e Zytlang tännetue. Ds Chouffe pressieri nüt. Die Ustelligsbsuechere und dä Künschtler hei enand aagluegt und die Sach isch ohni viel Wort entschide gsi … E Verrucktheit syg das, so het d Vernunft mit ihre z Bode gstellt. Das syg dumms Züüg. Si sölls so gleitig wie müglech vergässe. Aber ds Härz und d Seel hei nid wölle lose. Si hei Bilder troumet und im Chopf sy die verrücktischte Sparfantasie erwachet.

So sy es paar Johr umeggange … Aber irgendeinisch het si sich du doch uf e Wäg zu däm Maler gmacht. Mit em ne schlächte Gwüsse. Si het sich gschämt. Dä wird ou dänke.

Aber wills im Läbe mängisch Sache git, wo eso und nid angers müesse gscheh, isch das Bild gäng no im Atelier verstouet gsy. Äs het uf se gwartet.

Der Künschtler het se nid überhöischet, nei, ganz im Gägeteil, und si het der nötig Betrag zämegha. Und so isch du das Wärch zu ihre heicho. Heicho i ihri Wohnstube. Dört häre, wo’s het häreghört.

Die ganzi Familie het Fröid gha dranne, und heimlich hei alli gstuunet über Mueters Sparerfolg. Die gueti und starchi Energie, wo mit jedem Pinselstrich i das Gemälde ygflosse isch, isch dört drinne gspycheret gsy. Jetz het äs hie i dere Stube mit Zins und Zinseszins dervo abggä a alli, wo se grad bbruucht hei …

D Ching si du erwachse worde. Si sy gsägnet vom unerschütterliche Vatter u Muetervertroue zum Huus us. Si sy i ihres eigete Läbe gstartet.

Ds Elterpaar, die Frou mit em Bild und ihre Maa, hei du no lang dörfe zämeblybe. Und spöter, wo ds Alter het aafo Müei mache u mängs nümme so ring ggangen isch, hei si sich ou dört drygschickt. Si heis guet gha zäme. Und si sy dankbar für ihres Läbe gsy. Wo du der Maa chrank u müed gstorbe-n-isch, het du e Zytlang ds Sunneliecht uf ihrem liebschte Bild nume no schüüch möge schyne …

Sälber ou nümme gross bi Chräft, läbt die Frou jetz sit Churzem do im Senioreheim. Das isch e gwaltige Schritt gsy. Dä Übergang het weh to. Si het fescht truuret. Zum Glück hei ihri Ching grad scho am erschte Tag ihres Bild a der Wand hingerem Pflegebett platziert. Das müessi doch bi ihre blybe. Das syg doch sälbstverständlich.

Und der Boum het i sym tröie stille Doosy si Blüetebaldachin über ds Wachsy und über ds Schloofe vo dere Frou gspannet. Und süferli het ds gläbte Läbe zumne Troum und der Troum zumne nöie gläbte Läbe dörfe wärde …


D Elisabeth Zurbrügg isch e bekannti u sehr beliebti Outorin. Si hets als jung bi ihrne Pflegeltere nid eifach gha, ja, si het nid emal sälber dörfe schrybe. So isch ihri erschti Gschicht under em ne Pseudonym erschune. Das het sech de aber mit der Hürat vom Peter schlagartig gänderet. Si isch glücklich gsy u het o under ihrem eigete Name afo veröffentliche. Es ganzes Läbe lang hei der Peter u si der Hof in Dotzige bewirtschaflet, bis si sich 2010 de hei zrugg zoge und hütt i re Wohnig in Dotzige läbe. Die Junge fahre jetz wyter.


«Voll im Wind»

Geschichten von A wie Altersheim bis Z wie Zwetschgenschnaps

Grossvater riecht nach Schnaps und Grossmutter lacht nicht mehr. Was ist passiert? «Älterwerden ist kein Spaziergang», erzählen Betroffene – und die Jüngeren nehmen es irritiert zur Kenntnis. Ruth und Fritz haben es doch schön in der Alterswohnung, und Trudi wird im Pflegeheim rund um die Uhr verwöhnt. Was ist daran so schlimm?

Es sind dies die Übergänge und Brüche; vermehrt gilt es, Abschied zu nehmen: vom Haus, vom Partner, vom Velofahren. Das Gehen verändert sich weg von der Selbstverständlichkeit hin zur Übung und Pflicht; das Autofahren ist ohnehin ein Tabu, so will‘s die Tochter. Ist es da so abwegig, den Kopf hängen zu lassen? Sich Pillen verschreiben zu lassen oder ein Glas über den Genuss hinaus zu trinken? Ja, es ist abwegig, weil es auf Abwege führt und nicht auf einen grünen Zweig.

22 Schweizer Autorinnen und Autoren erzählen Geschichten über ältere Menschen, denen der Wind derzeit mit voller Wucht entgegenbläst. Ein Anhang mit einfachen Infos und Tipps sowie weiterführenden Adressen bietet den nötigen Windschutz.

  • «Voll im Wind – Geschichten von A wie Altersheim bis Z wie Zwetschgenschnaps», Hrsg. Blaues Kreuz Schweiz, © 2020 by Blaukreuz-Verlag Bern, ISDN 978-3-85580-549-5
  • Cover-Illustration: Tom Künzli, TOMZ Cartoon & Illustration, Bern. Lektorat: Cristina Jensen, Blaukreuz-Verlag. Satz und Gestaltung: Stephan Cuber, diaphan gestaltung, Liebefeld. Druck: Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg
  • Das Projekt wird vom Nationalen Alkoholpräventionsfonds finanziell unterstützt. Für Begleitpersonen stehen unter www.blaueskreuz.info/gesundheit-im-alter weitere Fachinformationen zu den Themen des Buches bereit.

Beitrag vom 01.05.2022

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