Darf ich Sie zum Tanz bitten?

Regelmässig erreichen uns Geschichten, Texte und Zuschriften unserer Leserinnen und Leser. Diese wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Heute erzählt Heinz Ruch, wie ein Zufall sein Liebesglück rettete.

Guten Tag

Ich lese gerne Lebensgeschichten und schreibe über mein Leben. Habe vor kurzem meine Lebensgeschichte geschrieben; ein 506-Seiten-Buch ist entstanden. Daraus möchte ich einen kleinen Einblick geben.


Mit freundlichen Grüssen
Heinz Ruch


Im November 1965, ich war damals 23 Jahre alt, verbrachte ich den Wochenendurlaub meines ersten WK bei meinen Eltern in Burgdorf. Ich sah eine Annonce: «Tanz im Restaurant Landhaus» – und entschied mich, hinzugehen.

Beim Eingang des Restaurants löste ich die Eintrittskarte für den Tanzanlass. In guter Laune stieg ich die Treppe hoch und betrat den Saal. Er war schon gut besucht. Ich setzte mich an einen Sechsertisch, an dem bereits drei Personen sassen. Die Kellnerin, eine Frau um die fünfzig, trat an den Tisch und fragte: «Wo sind Sie im Militär, in Burgdorf?» – «In Worb. Bin nur im Urlaub bei meinen Eltern in Burgdorf, sonst wohne ich in Zürich», antwortete ich. «Aha, was wünschen Sie zu trinken?» – «Ein Bier, bitte.» Sie verschwand und kehrte rasch mit dem Gewünschten wieder. In der Zwischenzeit sah ich mich im Saal um. Mir fiel eine junge Frau auf, die mit drei anderen an einem Tisch schräg gegenüber sass. Sie gefiel mir – enorm!

Als es endlich so weit war und die Musikband zu spielen begann, setzte ich mich sofort in Bewegung. Nicht dass einer mir zuvorkomme bei so einer schönen Frau, war mein Gedanke. «Darf ich Sie zum Tanz bitten?», sagte ich, mich zu ihr beugend. Sie sah mich an, lächelte und stand auf. Wir begannen zu tanzen. «Wie heissen Sie?», fragte ich. «Susi Kräuchi. Und Sie?» Es ging formell ab, dieses Gespräch. In jener Zeit war man nicht so schnell per Du. «Sind Sie aus Burgdorf?», fragte ich. «Ja, und Sie?» «Ich lebe in Zürich, bin nur im Urlaub bei meinen Eltern.» «Was arbeiten Sie?», fragte Susi. Ich erzählte ihr, dass ich als Maschinenzeichner seit einem Jahr in Zürich arbeite, vorher war ich anderthalb Jahre in Neuseeland gewesen. Das habe sie beeindruckt, sagte sie mir später. Sooo weit weg!

Der Tanz war zu Ende. Ich ging wieder an meinen Platz zurück und genoss das Bier. Die Band begann mit Rock ’n’ Roll. Ich ging zu Susi. «Nein, das kann ich nicht tanzen», sagte sie. Ich akzeptierte. Enttäuscht ging ich an meinen Platz. Und was sah ich von dort aus mit Schrecken? Susi tanzte! Ich war am Boden zerstört. Ich hatte einen argen Korb erhalten, dabei war ich in Susi bereits verliebt. Aber was machte ich, ich Gehörnter? Ich wollte meine Zeche bezahlen und den Tanzanlass verlassen. Aber die Serviererin kam nicht. So musste ich warten. Die Enttäuschung war riesig. Ich habe einfach kein Glück bei Frauen, jammerte es in mir.

Der Bandleader ergriff nach einer kurzen Pause das Mikrofon und sagte: «Nächster Tanz: Damenwahl!» Die Band begann zu spielen. Ich sah Susi fast fliegend über die Tanzfläche laufen, direkt auf mich zu. Mein Herz machte einen argen Hüpfer. «Von wegen nicht Rock’n’Roll tanzen», sagte ich. «Das war ein Schulkollege, der hat mich einfach auf die Tanzfläche gezogen. Dabei kann ich Rock’n’Roll wirklich nicht.»

Später warf sie mir vor: «Du warst kein Draufgänger, hast einfach aufgegeben, als ich sagte, ich könne das nicht». Ganz ehrlich: Ich kann Rock’n’Roll auch nicht, auch Walzer nicht. Aber ich tanze einfach gerne.

Ich begleitete Susi an diesem Abend nach Hause, und wir vereinbarten, am Sonntag eine Wanderung zu machen. Mittlerweile dauert unsere Wanderung seit achtundfünfzig Jahren an. Heute haben wir fünf Enkelkinder und drei Urenkel.

«Echte Männer weinen nicht – Ein Leben unter schwarzem Schleier» von Heinz Ruch 

Depression ist weitgehend ein Tabu. Kranke sind oft Unverständnis und Missbilligung ausgesetzt. Von Männern wird erwartet, dass sie nicht weinen. Tränen werden als Zeichen der Schwäche angesehen. In diesem Buch wird eine 64 Jahre dauernde Leidenszeit geschildert, in der viele Tränen geflossen sind. In diesem Leben gab es Höhepunkte, aber ebenso viele Tiefs, die niemand erleben möchte. Es ist eine Schilderung, die einen steinigen Weg zur Gesundung aufzeigt. Es ist ein Weg zur Vergebung.

Das Buch «Echte Männer weinen nicht – Ein Leben unter schwarzem Schleier» von Heinz Ruch ist per sofort erhältlich, zum Beispiel bei orellfuessli.ch für CHF 29.90.
ISBN 978 375 831 5664

 

Beitrag vom 20.03.2024

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