Ausflug in eine Eishöhle
Regelmässig erreichen uns Geschichten, Texte und Zuschriften unserer Leserinnen und Leser. Diese wollen wir Ihnen nicht vorenthalten. Heute: Werner Karth (95) aus Basel erinnert sich an einen Ausflug in eine Eishöhle vor über neunzig Jahren, der in Tränen endete und ihn eine Lektion fürs Leben lehrte.
Als 4-jähriger Knirps durfte ich mit meinen Eltern und Grosseltern nach Mürren in die Ferien. Wir machten unter anderem einen Ausflug nach Grindelwald und besuchten dabei den Gletscher, der ja seinerzeit bis ins Tal hinunter reichte. Das Eis in der Höhle machte mir einen solch grossen Eindruck, dass ich unbedingt ein Stück davon als Andenken nach Hause nehmen wollte.
Meine Eltern gingen also nach langem Hin und Her mit mir zu einem nahestehenden Kiosk, und die Verkäuferin packte mir das Eisstück professionell in eine Papiertragtasche. Mit geschwellter Brust und glücklich spazierte ich auf den Heimweg – aber bald unter Tränen, da der Papiersack fortwährend tropfte, bis der Sack wieder leer war. Ich war sehr enttäuscht vom langsamen Verschwinden meines «Ferien-Andenkens» und nur mit Mühe zu beruhigen. In der Rückschau war dies eine der vielen Erkenntnisse und Erfahrungen, die man im Laufe des Erwachsenwerdens machen muss.
In den 1930er Jahren waren solche Ausflüge noch die Ausnahme. Der Lohn eines Familienvaters betrug damals durchschnittlich 300 Franken im Monat. Da lagen Ausflüge in die Umgebung drin, mehr nicht. Ein Velo war ja schon der pure Luxus.
Die Aufnahmen von der Eishöhle und von unterwegs auf der Axenstrasse machte mein Vater mit einer 6×6 Stereo-Kamera. Die ganze Ausrüstung habe ich noch, zusammen mit Dutzenden von 2x6x6 Glasbildern aus dieser Zeit, zum Beispiel von der Zeppelin-Landung in Basel, dem Gordon-Bennet-Ballonwettfliegen 1932 ab Basler Gaswerk etc.
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