© Jungfraubahnen/ David Birri

Zur Nachahmung empfohlen

Die Zeitlupe-Redaktion hat 20 sommerliche Ausflugstipps zusammengetragen – für Abenteuerlustige ebenso wie für Romantiker, Geniesserinnen, Nachteulen und Stillesuchende.

© Jungfraubahnen/ David Birri

Fliegen für Anfängerinnen

FÜR ABENTEUERLUSTIGE

Mit dem «Grindelwald First Glider» können sich alle wie ein Adler fühlen. Ein Abenteuer mit 83 km/h und garantiertem Glückshormon-Ausstoss. Nicht nur die Enkel werden darauf fliegen!

Grindelwald sehen heisst: die Welt sehen. Da von hier aus die Bahn aufs weltberühmte Jungfraujoch startet, ist das Bergdorf eine Art inoffizieller asiatischer Aussenposten. Chinesische Influencerinnen in Mikro-Kleidchen bringen ihre Selfie-Sticks in Stellung. Indische Matronen erklimmen die Berge in Sari und Hausschuhen. Die Kondukteure der Jungfrau-Bahn sprechen Hindi und Mandarin, und die Passagiere schnüffeln aus Angst vor zu dünner Luft an Sauerstoff aus der Spraydose.

Das alles ist natürlich viel interessanter als Murmeltiere beobachten. Doch eigentlich bin ich zum Fliegen hergekommen. Der «Grindelwald First Glider» ist eine Art Riesendeltasegler in Form eines Adlers, der mit vier Personen an Bord zu Tale schwebt und beruhigenderweise an einem Stahlseil gesichert ist. Genau das Richtige für Schmalspur-Abenteurerinnen wie mich, die sich niemals mit einem echten Deltasegler von den Hängen stürzen würden.

Ich teile den Adler mit drei saudi-arabischen Teenager-Mädchen, die erst einmal ein Selfie mit der Swiss Lady machen müssen. Dann werden wir alle in Spezialanzüge verpackt und an Haken unter dem Adler aufgehängt wie vier in Reih und Glied baumelnde Rollschinkli. Jetzt geht es erst 800 Meter rückwärts hoch zum Gipfel, dann sausen wir mit 83 Sachen zurück zur Mittelstation. Wir können gar nicht anders, wir müssen uns einfach die Seele aus dem Leib schreien vor lauter Freude, ein vierstimmiges, schweizerisch-saudi-arabisches «Aaaaaaaaaaahh!!!». Der Wind braust um die Ohren, die Hijabs flattern, die stolzen Saudi-Eltern knipsen. Es stimmt: Fliegen ist einfach das Grösste. (Claudia Senn)

Firstbahn bis Schreckfeld. Der Glider befindet sich direkt neben der Bergstation. Infos/Tickets: jungfrau.ch, Telefon 033 828 72 33. Mindestalter: 10 Jahre. Tipp: Weniger Andrang vormittags

Drei weitere Tipps

  • Mutprobe: Der «Peak Walk» bei Les Diablerets verbindet auf fast 3000 Metern mit einer Hängebrücke zwei Gipfel. Aussicht auf Matterhorn, Mont Blanc, Eiger, Mönch und Jungfrau. Infos: glacier3000.ch, Telefon 024 492 33 77 
  • Steiles Panorama: Die steilste Zahnradbahn der Welt ist seit dieser Saison mit neuen Panorama-Triebwagen von Alpnachstad nach Pilatus Kulm unterwegs. Infos: pilatus.ch, Telefon 041 329 11 11 
  • Auf Wolfstour: Wolf-Spezialist und Ex-Schafhirt David Gerke führt im Wallis, im Jura und im Mittelland auf die Fährte unseres grössten Raubtiers. Infos: wolfstouren.ch 

© Foto Müller, Neuhausen am Rheinfall

Waldbaden – unter Gräbern

FÜR STILLESUCHENDE

Im Waldfriedhof Schaffhausen wachen Rotbuchen, Eichen, Föhren und Lärchen über die Grabmale. Die 170 000 Quadratmeter grosse Anlage lädt zum Innehalten und Erinnern ein.

Ein Friedhof mitten in einer Waldlandschaft – das war vor über hundert Jahren eine ganz neue Idee. Der 1914 am Schaffhauser Stadtrand eröffnete Waldfriedhof war der erste in der Schweiz und gehört heute zu den schönsten Pärken des Landes. Uralte Bäume, verschlungene Pfade, moosbewachsene Skulpturen, lauschige Lichtungen, eindrückliche Grabmale sowie kleine und grössere Grabfelder machen den Friedhof zu einem Ort der Ruhe und Besinnung. Leben und Tod, Natur und Kunst werden hier eins. Und in warmen Sommernächten schwärmen die Glühwürmchen zur Brautschau aus: ein zauberhaftes Naturschauspiel! (Annegret Honegger)

Anreise: Bus Nr. 1 bis Haltestelle Waldfriedhof, Infos: zeitlupe.ch/waldfriedhof, Telefon 052 632 56 50. Ebenfalls zu den schönsten Friedhöfen hierzulande zählen der Cimitero monumentale in Morcote TI und der Lausanner Park und Friedhof Bois-de-Vaux.

Drei weitere Tipps

  • Uraltes Gestein, glasklares Wasser: Sanft gleitet das Boot durch die Stille des grössten unterirdischen Sees Europas, dem Lac Souterrain in St-Léonard im Wallis. Infos: lac-souterrain.com, Telefon 027 203 22 66
  • Durchatmen: Sörenberg rühmt sich der «schönsten Kneippanlage der Schweiz». Also: Wanderschuhe aus und ab in den Schwandalpweiher in Flühli. Info: kneipperlebnis.ch, Telefon 041 488 11 85
  • Entschleunigen: Zur Ruhe kommen im barocken Kloster(hotel) Fischingen TG beim Übernachten ineiner ehemaligen Mönchszelle oder beim Meditieren. Infos: klosterfischingen.ch, Telefon 071 978 72 20

Moderne Nachtwandler

FÜR NACHTSCHWÄRMER

Die Nacht rückt Städte in ein anderes Licht. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das auf geführten Touren mit Nachtwächtern. Diese führen zu verwaisten Gassen und quer durch die Historie.

Nachtwächter Martin Harzenmoser mit Laterne im nächtlichen Zürich.

© Sophie Stieger

Langsam legt sich Dunkelheit über Zürich. Die Hektik in den Strassen und Gassen verklingt, der Lärm schwindet, die Stadt kommt zur Ruhe. «In der Nacht ist Zürich eine andere Stadt», sagt Martin Harzenmoser. Er will an diesem späten Abend Interessierte durch die leeren Gassen der Limmatmetropole führen – und noch wichtiger, durch vergangene Jahrhunderte.

Martin Harzenmoser trägt einen schwarzen Umhang. In der einen Hand hält er eine Hellebarde, in der anderen eine Laterne. Die historische Kleidung der Nachtwächter. Diese schlossen bis 1865 in Zürich die Stadttore, drehten danach ihre Runden und riefen an 94 Plätzen stündlich die Zeit aus. 20 Männer waren dafür unterwegs. Zu ihren wichtigsten Aufgaben aber gehörte die Brandwache. Sobald die Nachtwächter züngelnde Flammen erspähten, weckten sie die Bevölkerung mit drei Fanfarenstössen aus ihrem Horn. Füürio!

Martin Harzenmoser ist die Tradition dieser Berufsleute wichtig. «Ihr Wirken sagt viel über das frühere Stadtleben aus», sagt der Historiker: «Die Geschichten, die ich auf meiner Tour über die Männer der Nacht erzähle, lassen alte Zeiten für kurze Momente auferstehen.»

Und tatsächlich: Im Bann seiner Anekdoten scheint man Schriftsteller Gottfried Keller zu erspähen. Dieser war ein stadtbekannter Süffel, er machte sich oft genug zu später Nacht wankend auf den Heimweg – und war bei Nachtwächtern entsprechend bekannt. Keller wird auf der Tour denn auch gleich mehrfach erwähnt. Auch sonst rückt die Moderne auf der Tour immer wieder in weite Ferne, und man wähnt sich zurückversetzt in uralte Tage. Was für eine vergnügliche und spannende Zeitreise. (Roland Grüter)

Die Zürcher Nachtwächter-Touren starten um 20.30 Uhr, am ersten und letzten Dienstag des Monats. Dauer: 1 Stunde, CHF 15.–. Anmeldung: altstadtfuehrungen-zuerich.ch; Infos zu Führungen in anderen Städten: nachtwaechterzunft.ch

Drei weitere Tipps

  • Die Lichtershow: «Light Ragaz» projiziert nachts ein multimediales Lichtspektakel auf die Naturleinwand der Taminaschlucht. Bis 21. Oktober. Infos: lightragaz.com, Telefon 081 515 78 10 
  • Der Gipfelgenuss: Auf dem Niederhorn über Beatenberg BE kann man den Sonnenuntergang bestaunen – und bis 22 Uhr ein Gourmet-Menü geniessen. Infos: niederhorn.ch, Telefon 033 841 08 41 
  • Das Sternenzimmer: Die Wanderung auf die Alpe San Romerio im Val Poschavio ist schön, die Übernachtung im Doppelbett, das dort unter freiem Himmel steht, noch schöner. Infos: sanromerio.ch, Telefon 081 846 54 50 

Nur die Sonne geht unter

FÜR ROMANTISCHE

Segelneulinge können dank Sailbox auf diversen Seen bei Abendausfahrten mitreisen. Das Segelboot ist sportlich, die zusammengewürfelte Crew herzlich, die Dämmerung romantisch.

Segelboote bei Sonnenuntergang auf dem Bodensee

© mauritius images

So gross der Bodensee, so klein scheint das Segelboot, auf das ich im Kreuzlinger Hafen hüpfe. In den nächsten drei Stunden teile ich die 8 Meter lange und 2,2 Meter schmale «Mocean» mit drei Unbekannten – als blutiger Anfänger. Skipper Frank und die beiden Hobbysegler wechseln sich in ihren Aufgaben fliessend ab, während ich mich darauf konzentriere, nicht im Weg zu sein, nicht von Bord zu fallen und dem Grossbaum auszuweichen, an dem das Hauptsegel am unteren Ende befestigt ist. Dieser schwenkt bei Manövern quer übers Boot – aber erst nach vorgängigem Kommando.

Ein paar Klicks und Einträge online reichen, um sich als eine von maximal fünf Personen für ein «Sundowner Sailing» auf den grössten Schweizer Seen anzumelden. Das Segeln bis in die Dämmerung ist eines von mehreren gemeinsamen Ausfahrtsangeboten von Sailbox, einer Non-Profit-Organisation von Swiss Sailing. Das Boot kann im Gegensatz zur Sonne aber nicht untergehen: Dafür sorge der Kiel am Schiffsbauch, versichert Skipper Frank.

Der Segelsport ist auch eine Welt der Seile und Fachbegriffe. So heisst das Hauptsegel Grosssegel und die kleinen Vorsegel Fock, die Neigung des Bootes nennt man Krängung. Es ist aufregend, wenn sich der Rumpf je nach Windstärke plötzlich seitlich anhebt. Ganz ohne Motorengeräusche, lauscht man dem Wind und dem Plätschern des Wassers. Wer die Steuerpinne erstmals bedient, merkt: Es ist ein feines, entschleunigendes Zusammenspiel von Wind, Strömung, Segel und Ruder. An Bord ergeben sich Gespräche und Stille von alleine, und das Quartett segelt mit 13 km/h dem Sonnenuntergang davon – und abwechselnd entgegen. (Fabian Rottmeier)

«Sundowner Sailing», bis Ende September, 18 bis 21 Uhr, diverse Standorte, CHF 40.– (bei mehrmaliger Teilnahme nur mit zusätzlicher Jahresgebühr von CHF 90.–). Infos und Anmeldung: sailbox.ch, Telefon 032 511 15 26

Drei weitere Tipps

  • Romantisches Rendezvous: Die französische Brasserie Zimmermania scheint einem Pariser Seitengässchen entrissen – mitten in der Berner Altstadt. Parfait! Infos: zimmermania.ch, Telefon 031 311 15 42
  • Der Liebesweg: Auf dem 4 km langen Liebesweg im luzernischen Blatten bei Malters können sich Paare an acht Stationen durch Fragestellungen (seelisch) näherkommen – idealerweise. Infos: st-jost.ch
  • Film ab: Frischluftkino an traumhafter Lage, unmittelbar am Wassergraben? Möglich beim Schloss Hallwyl im aargauischen Seengen. Infos: open-air-kino.ch, 30. August bis 19. September

© Destination Gstaad / Yannick Romagnoli

Fondue ohne Stinken

FÜR GENIESSER

Geniessen Sie die urschweizerische Käsespezialität in der Wanderregion um Gstaad an sieben herrlichen Orten unter freiem Himmel.

Die Region um Gstaad entreisst das Schweizer Traditionsgericht den stickigen vier Wänden. Fünf riesige Holz-Caquelons und zwei Hüttli mit jeweils bis zu acht Plätzen laden zum Fondue-Genuss unter freiem Himmel ein. Für den Spass muss man lediglich am Vortag telefonisch einen mietbaren Fondue-Rucksack bestellen (online zwei Tage im Voraus). Entweder bei den Molkereien Schönried, Gstaad und Zweisimmen, im Fromage & Pain Lädeli und im Berghaus Wispile in Saanen oder im Dorfladen Annen oder im Hotel Alpenland in Lauenen. Im Rucksack ist alles enthalten: Käsemischung, Brot, Caquelon, Gabeln und Teller. Die XXL-Caquelons und die Hütten sind zu Fuss, mit dem Bike oder per Postauto erreichbar. Die Wanderwege sind leicht bis mittelschwer und zwischen 830 Meter und gut acht Kilometer lang. (Marc Bodmer)

«Fondueland Gstaad», Infos: zeitlupe.ch/gstaad, Telefon 033 748 81 81

Drei weitere Tipps

  • Süsse Belohnung: Am Ende des Roseg-Tals bei Pontresina warten auf Wanderinnen, Biker und Kutschenfahrende im Hotel Roseg ein gigantisches Dessertbuffet und ein toller Blick auf schwindende Gletscher. Infos: roseg-gletscher.ch, Telefon 081 842 64 45 
  • Bike & Wine: Auf der geführten Fahrradtour durch die Weinberge des Mendrisiotto darf man bis zu zehn lokale Tropfen probieren. Infos: mendrisiottoterroir.ch, Telefon 091 697 63 41 
  • Hochgenuss: In den Sommernächten verwandelt sich die Luftseilbahn Weggis-Rigi Kaltbad in ein schwebendes Restaurant – mit Dreigang-Menü. Infos: rigi.ch, Telefon 041 399 87 87 

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