Aromatherapie ist eine Form der Pflanzenheilkunde und eine komplementärmedizinische Behandlungsart. Verwendet werden dabei ätherische Öle, um den Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Text: Ursula Borer
Düfte steuern unser limbisches System und damit unsere Gefühle und unser Wohlbefinden. In der psychosomatischen Medizin fand man heraus, dass im limbischen System und in seinen Verknüpfungen die wesentlichen Schaltstellen zwischen körperlichen und seelischen Prozessen liegen. Die bedeutendsten Strukturen sind dabei der Hippocampus und die Amygdala (Mandelkern). Dieser sensible Bereich ist über doppelläufige Bahnen mit den Gehirnarealen verbunden, in denen Denken und Erinnerungen lokalisiert sind und die Verarbeitung von Sinneseindrücken stattfindet. Gerüche bewirken darum viel mehr, als uns bewusst ist.
Die Geschichte der Duftkultur beginnt vor mehr als 5000 Jahren. Wohlriechende Essenzen wurden bereits von Assyrern, Ägyptern und Griechen verwendet. Indigene Stämme wie die Inkas und Mayas behandelten mit Riechstoffen und Kräuterbädern erfolgreich viele Krankheiten. Und in tibetischen und indischen Tempeln hingen grosse, mit Kräutern gefüllte Stoffballen von den Decken, die die Luft mit aromatischen Düften erfüllten, um Kranke zu heilen.
Aromatherapie kann heute zur Vorbeugung, aber auch als Begleittherapie für Erkrankungen eingesetzt werden. Lebensbedrohliche Zustände und schwere Krankheiten sind hingegen tabu. Menschen mit chronischen und belastenden Erkrankungen können Düfte aber dennoch zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität verhelfen. So sind etwa in der Palliativpflege Aromatherapeuten mittlerweile immer mehr gefragt.
Die Dufttherapie eignet sich am besten zur Behandlung von akuten Erkrankungen wie Infektionskrankheiten oder Beschwerden wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Muskelverspannungen. Auch psychisch-seelische Probleme wie Stress und Schlafstörungen oder hormonelle Störungen wie PMS oder Wechseljahrbeschwerden können mit einer Dufttherapie gut behandelt werden. Als angenehm empfundene Aromen können sich unter anderem positiv auf Atmung, Puls oder das Level an Stress- und Glückshormonen auswirken und so beispielsweise Entspannung, Aktivierung und Lebensfreude fördern.
Ätherische Öle sind komplexe Vielstoffgemische, die in verschiedensten Pflanzenteilen stecken – von Blüten und Blättern über Früchte bis hin zu Wurzeln, Rinden oder Samen. Sie werden aus unterschiedlichen Verfahren wie Destillation und Extraktion gewonnen.
Die Dosis macht das Gift: Als Heilmittel ist bei ätherischen Ölen eine sorgfältige Dosierung elementar. Essenzen sollten normalerweise nicht unverdünnt zum Einsatz auf der Haut oder in Kontakt mit Schleimhäuten und Augen kommen. Nicht eingesetzt werden sollte Aromatherapie bei offenen Wunden, Krampfadern und bei Neigung zu Thrombose. Für Säuglinge und Kleinkinder sind ätherische Öle, die Cineol, Kampfer oder Menthol enthalten, nicht geeignet. Sie können eine lebensbedrohliche Atemnot auslösen. Die Reinheit der Öle ist sehr wichtig. Synthetische Öle haben ausser dem künstlichen Duftstoff keine heilenden Inhaltsstoffe. Nur zu 100 Prozent naturreine Öle, am besten in Bio-Qualität, sind daher wirksam. Darauf sollte man beim Kauf unbedingt achten!
Aromatherapie lässt sich am besten selbst erfahren. Lassen Sie sich vom Fachpersonal in Naturapotheken oder Drogerien beraten, besuchen Sie einen Aromatherapeuten oder eine -therapeutin oder/und folgen einfach Ihrer Nase.
Ätherische Öle und ihre Wirkung
Manuka (Leptospermum scoparium)
Manuka wird auch Südseemyrte genannt und ist vor allem im Norden Neuseelands weit verbreitet. Sie gilt als traditionelle Heilpflanze der Maori, den Ureinwohnern des Inselstaates. Der Manukabaum mit seinen weissen oder rötlichen Blüten gehört wie Niaouli, Cajeput und Kanuka zur Familie der Teebäume. Kanuka- und Manuka-Pflanzen ähneln sich vom Aussehen her, von Laien sind sie nicht leicht zu unterscheiden. Wenn man jedoch die Blätter befühlt, kann man wohl feststellen, dass die des Kanuka weicher sind.
Wirkung:
Starke keimtötende Wirkung gegen Bakterien, Viren und Pilze
Löst Verschleimungen und fördert den Auswurf Husten, Bronchitis)
Wirkt bei Erkältungen. Ist zur Inhalation und auch für ein Fussbad gut geeignet.
Antihistaminisch, entzündungshemmend
Juckreizstillend
Bei Akne
Bei Hautverletzungen
Stärkt das Immunsystem
Beruhigend bei einem empfindlichen vegetativen Nervensystem
Lemongras oder Zitronengras (Cymbopogon citratus)
Zitronengras ist in tropischen Regionen heimisch, z. B. in Indien, Afrika, Indonesien oder Südamerika. Liebhaber der südasiatischen Küche schätzen die zu den schilfartigen Süssgräsern zählende Pflanze in frischer Form als wohlschmeckende und exotische Würzzutat. Tees aus oder mit Zitronengras sind ganz besonders im Sommer sehr erfrischend. Lemongras-Öl kann bei besonders empfindlicher Haut zu Reizungen führen.
Wirkung:
Antiseptisch
Bei fieberhaften Infekten
Verdauungsstörungen
Gegen Fusspilz
Raumbeduftung
Mückenschutzmittel (Repellents)
Belebt die Psyche
Steigert die Konzentration
Benzoe Siam (Styrax tonkinensis)
Der immergrüne Benzoe-Siam-Baum (Styraxbaum) stammt ursprünglich aus Asien und kann eine Höhe von bis zu 20 Metern erreichen. Wenn die Rinde des Styraxbaumes angeritzt wird, tritt ein Harz aus, das süss und lieblich duftet und an der Luft aushärtet. Die Gewinnung erfolgt schonend, damit sich die Pflanze anschliessend wieder davon erholen kann. Durch Extraktion gewinnt man aus dem Harz schliesslich das dickflüssige, bräunliche ätherische Öl.
Wirkung:
Antibakteriell dient es auch als natürliches Konservierungsmittel.
Entzündungshemmend
Antiseptisch
Krampflösend
Harntreibend
Schleimlösend (Husten und Bronchitis)
Hautregenerierend bei Reizungen, Entzündungen und Narbenpflege
Gegen Stress und Hektik
Wirkt beruhigend und kann bei Angstzuständen, depressiver Stimmung, Erschöpfung und Reizbarkeit (PMS) eingesetzt werden.
Cistrose oder Zistrose (Cistus incanus)
Das Harz der Cistrose ist auch als Labdanum bekannt, das bei Räucherungen eingesetzt wird. Mit Labdanum wurden früher Könige und Hohepriester gesalbt, und es wurde bereits in der Bibel erwähnt. Das Strauchgewächs ist im gesamten Mittelmeerraum beheimatet und bildet wunderschöne rosafarbene, leicht knittrige Blüten.
Wirkung:
Wundheilend bei Geschwüren, Hautproblemen und Ekzemen
Antiseptisch
Antiviral
Immunsystem stärkend
Schleimlösend
Beruhigend
Entkrampfend
Ausgleichend bei Schlafstörungen
Teebaum (Melaleuca alternifolia)
Der Teebaum zählt zur Familie der Myrtengewächse und kommt ursprünglich aus Australien. Er kann bis zu neun Meter hoch werden, bildet schmale, hellgrüne und sehr weiche Blätter sowie kleine gelbe, manchmal auch cremefarbene Blüten aus. Bei unverdünnter Anwendung des Teebaumöls ist allerdings Vorsicht geboten, denn es kann empfindliche Haut schädigen.
Wirkung:
Keimtötend und leicht desinfizierend
Entzündungshemmend
Juckreizlindernd
Zimt (Cinnamomum verum)
Zimt zählt zu den ältesten Gewürzen und wurde wohl schon 3000 vor Christus in China verwendet. Gewonnen wird er aus der getrockneten Innenrinde der immergrünen Zimtbäume. Das ätherische Öl wird hauptsächlich aus kleineren Ästen und den Blättern hergestellt. Man unterscheidet zwei Arten: den Cassia-Zimt, der aus China kommt, und den Ceylon-Zimt, der aus Sri Lanka (ehemals «Ceylon») stammt. Unterschiede gibt es auch beim Gehalt an Cumarin, das bei höherer Dosierung als leberschädigend gilt. Für den Privatgebrauch sollte man daher lieber den hochwertigeren Ceylon-Zimt verwenden.
Wirkung:
Antiseptisch
Antiviral
Antibakteriell
Gegen Infekte der Atemwege, des Darmtrakts, der Harnwege oder des Genitalbereichs
Regt die Durchblutung an
Gegen Muskelschmerzen und Verspannungen
Wärmende Fussbäder bei kalten Füssen
«Das Schöne an der Aromatherapie sind die vielfältigen Anwendungsbereiche »
Tamara Lamprecht Pharma-Assistentin in der Nature First Apotheke mit Fachgebiet Phytotherapie, Aromatherapie, Ceres, Naturheilpraktikerin TENin Ausbildung. naturefirst.ch
Wann empfehlen Sie Kundinnen und Kunden Aromatherapie? Tamara Lamprecht: Aromatherapie erfreut sich stetig grösserer Beliebtheit und wird in verschiedenen Situationen eingesetzt. Die natürlichen Essenzen können auf vielfältige Weise das Wohlbefinden unterstützen: Zitrusfrüchte muntern auf, Lavendel und Neroli beruhigen und Walddüfte spenden Kraft. Sie können auch helfen, Stress zu reduzieren oder einen gesunden Schlafrhythmus zu entwickeln. Düfte können positive Emotionen und Erinnerungen bei älteren Menschen oder bei Demenz wecken. In der Palliativpflege schenkt sie Sterbenden Momente der Ruhe und des Friedens.
Wo liegen die Grenzen der Aromatherapie? Trotz ihrer vielen Vorteile ist Aromatherapie nicht für alle Situationen geeignet. Bei schweren Erkrankungen oder starken Infektionen ist sie als alleinige Behandlungsmethode nicht ausreichend, sie kann jedoch als Unterstützung dienen und die Lebensqualität steigern. Es besteht zudem das Risiko von Allergien. Vorsicht geboten ist bei Kleinkindern, in der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Epilepsie oder Asthma. In diesen Fällen ist eine vorherige Abklärung mit einem Arzt oder einer Fachperson nötig.
Wie bewahrt man Aroma-Öle richtig auf? Ätherische Öle sind licht- und temperaturempfindlich. Man sollte sie dunkel und kühl lagern, am besten bei Zimmertemperatur, und direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, da sie sonst an Wirksamkeit verlieren. Zudem sollten die Fläschchen stets gut verschlossen sein, da ätherische Öle flüchtig sind.
Wie lange sind sie haltbar? Ätherische Öle sind bis auf wenige Ausnahmen wie beispielsweise Zitrus-Öle mehrere Jahre haltbar. Deshalb werden sie als natürliche Konservierungsstoffe in der Kosmetik eingesetzt.
Wo liegt der Unterschied zwischen äusserlicher und innerlicher Anwendung? Ätherische Öle sind hochkonzentrierte Substanzen. Die meisten Öle dürfen nicht unverdünnt auf die Haut aufgetragen oder innerlich angewendet werden, da sie haut- und schleimhautreizend wirken können. Für die äussere Anwendung werden sie daher stets mit einem Basis-Öl wie z. B. Jojoba gemischt. Besonders wichtig ist die Qualität der Öle. 100% naturreine ätherische Öle in Bioqualität sind zu bevorzugen. In besonderen Fällen kann eine punktuelle, unverdünnte Anwendung sinnvoll sein wie z. B. bei unseren speziellen Hausmischungen gegen Warzen oder Fusspilz. Vor einer innerlichen Anwendung raten wir für den Selbstgebrauch ab – dies sollte nur unter ärztlicher Aufsicht oder durch einen erfahrenen Aromatherapeuten erfolgen.
Das Thema interessiert Sie?
Werden Sie Abonnent/in der Zeitlupe.
Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».
Um diese Website optimal bereitzustellen, verwenden wir Cookies.
Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Erfahren Sie mehr in der
Datenschutzerklärung.