Covermotiv: Gemälde von Elizabeth Lennie © Elizabeth Lennie

Wir holen alles nach, Kapitel 5 Von Martina Borger

Punkt halb neun Uhr klingelt Elvis an ihrer Tür, in Shorts, T-Shirt und Turnschuhen, seinen Rucksack über der Schulter. Er murmelt wie üblich mit gesenktem Blick eine Begrüssung und betritt zögernd den Flur.

Dann übergibt er ihr ein Gastgeschenk, einen Korb mit Obst und Tüten mit verschiedenen Nüssen, mit Grüssen von seiner Mutter. Ellen bedankt sich, sie freut sich über diese Aufmerksamkeit, die laut Etikett aus dem teuren Bioladen zwei Strassen weiter stammt. Allerdings ist auch eine Avocado dabei, die sie, vor allem wegen des hohen Wasserverbrauchs beim Anbau, schon lange nicht mehr kauft, aber das hat Sina nicht wissen können. Sie wird, wenn auch mit leicht schlechtem Gewissen, damit eine Guacamole zubereiten, die isst sie sehr gerne.

Sie schlägt vor, zusammen einen Obstsalat zu machen, den sie nachher mitnehmen können, wenn sie unterwegs sind. Elvis stellt seinen Rucksack ab und folgt ihr erst auf Aufforderung in die Küche. Er ist noch scheu, und bisher kennt er von ihrer Wohnung nur die Toilette und das Wohnzimmer, in dem Ellen unterrichtet.

In der Tür bleibt er stehen und sieht sich aufmerksam um. Dann entdeckt er den Hund, der unter dem Tisch auf dem Steinboden liegt, im Moment ist er ständig auf der Suche nach kühlen Plätzen.

«Darf ich ihn streicheln?»
«Ja. Aber lass ihn erst mal an deiner Hand schnuppern, er kennt dich ja noch nicht so gut.»

Während ihrer Nachhilfestunden zieht sich der Hund meistens in die Küche zurück, wo er seine Ruhe hat. Oder er liegt unter ihrem Bett im Schlafzimmer. Elvis kniet sich auf den Boden und nähert seine Hand ganz vorsichtig der Schnauze. »
«Hallo, guten Morgen», sagt er. «Jetzt hab ich dir gar nichts mit- gebracht, tut mir leid.»
«Doch, das hast du», Ellen nimmt eine Nektarine aus dem Körbchen und zeigt sie Elvis. «Sogar eine seiner Leibspeisen. Willst du sie ihm füttern?»
«Wenn ich darf?»
«Du musst sie nur erst kleinschneiden.»

Sie gibt Elvis ein kleines Küchenmesser und sieht zu, wie er die Frucht in Stücke schneidet, er sollte sich nicht gleich in den ersten zehn Minuten unter ihrer Aufsicht verletzen. Aber ihre Sorge ist unbegründet, er zerteilt die Nektarine ruhig und bedachtsam.

Während sie den Obstsalat zubereitet, füttert der Junge den Hund, der sich zum Dank für diesen unerwarteten Leckerbissen danach streicheln und kraulen lässt und dann den roten Gummiball holt, damit Elvis ihn im Flur für ihn wirft. Als aus- gewiesener Menschenkenner hat er Elvis offenbar sofort ins Herz geschlossen, und nicht nur wegen der Nektarine. Obwohl der Junge keine Erfahrung mit Hunden hat, geht er instinktiv gut mit dem Tier um, ist behutsam und liebevoll. Und er ist nicht zimperlich; dass der Hund ihm die Finger ableckt, stört ihn offenbar nicht, er lacht nur. «Das kitzelt.»

Während einer Nachhilfestunde hat er Ellen einmal erzählt, dass er auch sehr gerne ein Tier hätte, einen Hund am liebsten, aber auch eine Katze wäre okay, oder ein Kaninchen, «die sind so schön weich». Aber seine Mutter hat eine Tierhaarallergie, höchstens ein Vogel würde gehen, hat er gesagt, oder Fische, aber wenig Lust darauf gezeigt. Klar, einen Wellensittich oder Guppys kann man nicht streicheln.

Als sie ihn fragt, ob sie ins Schwimmbad gehen wollen, das um diese Uhrzeit hoffentlich noch nicht zu voll ist, nickt er erst. Als er aber hört, dass der Hund nicht mitkommen darf, runzelt er die Stirn. «Können wir nicht was anderes machen? Mit ihm spazieren gehen oder so?»

Sie fahren mit der U-Bahn zur Münchner Freiheit und laufen von dort in den Englischen Garten, wo sie den Hund frei laufen lassen kann. Wie immer rast er blitzartig davon, sobald sie die Leine löst, um nach einer kurzen Strecke abzubremsen, sich nach ihr umzusehen und zu ihr zurückzulaufen, fünf-, sechsmal mindestens. Erst dann beginnt er, die Umgebung zu erkunden, an Bäumen zu schnüffeln, Gebüsche zu durchforsten.

Sie umrunden den Kleinhesseloher See und gehen über die Brücke in den Nordteil des Parks, die Hirschau. Weil Elvis hier noch nie war, machen sie an einer grossen Tafel mit einer farbigen Karte halt, auf der die umliegenden Wege, Bäche, Brücken und Denkmäler eingezeichnet sind. Sie zeigt Elvis ihren Standort und die Strecke zwischen zwei Bächen, die sie mit dem Hund gerne läuft.

Oberstjägermeisterbach», buchstabiert Elvis stockend, er braucht zwei Anläufe, bis er den Namen flüssig aussprechen kann. «Was ist ein Oberstjägermeister?»
«Also ein Oberst ist im Prinzip ein Soldat mit einem hohen Rang beim Militär. Und ein Oberstjägermeister war früher für den ganzen Staat oder einen Kaiser oder einen König der oberste Beamte der Jagdbehörde.»
«Aber warum heisst der Bach so?»

«Weil früher der grösste Teil des Parks Staatsforst war. In dem auch gejagt wurde. Aber das ist lange her, über zweihundert Jahre.»
«Und danach?»
«Hat der Kurfürst Karl Theodor einen Volksgarten daraus gemacht.»
«Das war gut, oder? Dass dann keine Tiere mehr geschossen wurden.» Er sieht sie forschend an.
«Ja», sagt Ellen, «finde ich schon. Der Englische Garten ist übrigens eine der größten Parkanlagen der Welt, sogar grösser als der Central Park in New York.»
«Echt?»
«Wenn man die Länge der Wege zusammenzählt, käme man auf ungefähr achtzig Kilometer. Man würde Tage dafür brauchen, sie alle abzulaufen.»

Sie gehen ein gutes Stück in nördliche Richtung, dann machen sie halt an einer schönen Stelle, wo der Schwabinger Bach flach ist und der Hund baden kann. Ellen breitet ihre Picknickdecke aus und holt aus der Kühlbox die belegten Brote, die sie zu Hause vorbereitet hat.
«Käse oder Erdnussbutter? Wurst hab ich nicht.»
«Weiss ich», sagt Elvis. «Weil du kein Fleisch isst. Hat meine Mutter schon gesagt. Erdnussbutter bitte.»

Er hat das halbe Brot schon aufgegessen, als er fragt: «Und warum?»
«Warum was?»
«Warum du kein Fleisch isst. Wegen der Tiere? Weil du nicht willst, dass die totgemacht werden?»
«Das ist der Hauptgrund, ja. Aber es gibt auch noch andere.»
«Und welche?»

Er scheint es wirklich wissen zu wollen. Sie wird es etwas kindgerecht aufbereiten.

«Weisst du zum Beispiel, wie viel eine Kuh pupst und rülpst am Tag?»
Er lacht. «Bestimmt viel. Die frisst ja die ganze Zeit. Weil sie vier Mägen hat. Haben wir in Sachkunde gelernt.»
«Genau. Und jedes Mal, wenn sie das tut, stösst sie ein bestimmtes Gas aus, Methan heisst das. Bis zu zweihundertfünfzig Liter kommen da raus, aus jeder Kuh.»
Er schaut sie mit gerunzelter Stirn an. «Das stinkt bestimmt ganz schön. Wir waren in der zweiten Klasse mal auf einem Bauernhof, in einem Stall.»
«Hat nicht gut gerochen, oder? Aber vor allem verpestet es die Luft. Und es wird immer schlimmer, weil wir immer mehr Fleisch essen.»
«Du aber nicht», sagt er.
«Nein, ich nicht.»
«Weil du willst, dass die Luft sauber ist.»
«Ja», sagt Ellen. «Willst du noch ein Brot? Viel-leicht eines mit Käse?»

Er nickt, nimmt das Sandwich entgegen und beisst hinein, kaut mit abwesender Miene. «Wir kaufen unser Fleisch immer im Bioladen», sagt er. «Weil wir mal so einen Film im Fernsehen gesehen haben, mit Hühnern und Schweinen. Die waren ganz viele und total eng zusammengesperrt. Manche sind sogar gestorben.»
«Das nennt man Massentierhaltung. Kein schöner Anblick, ich weiss.»
«Die sind dann alle geschlachtet worden, am Fliessband. Aber das durfte ich nicht sehen, hat meine Mutter nicht erlaubt.»
«Das kann ich verstehen.»
«Findest du Bioläden gut?»
«Schon. Aber noch besser wäre es, wir würden gar kein Fleisch essen. Oder sehr viel weniger.»
«Wenn es keine Kühe mehr geben würde, hättest du aber auch keine Milch. Und keine Butter. Keinen Käse. Und Joghurt.»
Damit hat er sie natürlich am Haken. «Da hast du leider recht, das esse ich alles sehr gerne. Wenn ich wirklich konsequent wäre, müsste ich mich vegan ernähren, also gar nichts Tierisches essen. Aber Käse mag ich einfach zu gern.»

Die Box mit den Broten ist schon leer, Ellen packt sie zurück in den Korb, holt die Schüssel mit dem Obstsalat heraus.
«Ich auch», sagt Elvis, «nur nicht, wenn er furchtbar stinkt. Wie Kuhfurz.»

Aus seiner Portion Obstsalat pickt er die Nektarinenstücke für den Hund heraus, er will ihm auch Weintrauben geben, bis Ellen ihm erklärt, dass Hunde die nicht essen dürfen, sie können krank werden davon.

Dummerweise hat sie seinen Trinknapf vergessen. Elvis schüttet Wasser aus seiner Flasche in seine hohle Hand und lässt ihn daraus schlabbern. Er lacht dabei, weil die Zunge ihn kitzelt.
Danach zieht er die Turnschuhe aus und geht mit dem Hund an den Bach. Ellen streckt sich auf der Decke aus und sieht zu, wie die beiden im nur gemächlich fliessenden Wasser plantschen. Sie würde gern die Augen schliessen, aber sie will den Jungen nicht aus den Augen lassen, sie trägt schliesslich die Verantwortung für ihn.

Sie sieht zu, wie er im Wasser steht, das Licht im Rücken, sie kann sein Gesicht kaum erkennen, aber er lacht, weil der Hund wild durch den Bach tobt und ihn nassspritzt. Er wirkt gelöst und fröhlich, eine ganz neue Erfahrung; sie hat ihn bisher immer sehr still erlebt, fast bedrückt, so als trage er eine Last, die zu schwer ist für seine acht Jahre.

Wieso glorifizieren eigentlich Erwachsene so oft die Kindheit, wieso behaupten sie, dass diese Zeit per se etwas wunderbar Unbelastetes, Sorgenfreies ist? Als bedeute die Tatsache, dass Kinder sich nicht mit Geldsorgen, Beziehungsproblemen oder einer kaputten Waschmaschine herumschlagen müssen, automatisch Glück und Unbeschwertheit. Sie selbst kann sich, obwohl es schon so lange her ist, noch sehr genau an viele quälende Situationen in ihrer Kindheit erinnern, an Angst vor schlechten Noten, verletzende Streitereien mit ihrer besten Freundin, an gedankenlose Erwachsene, die sich im Milchladen vordrängten und sie einfach beiseiteschoben, an peinliche Momente, wenn sie das aufgegebene Gedicht zu lernen vergessen hatte und prompt aufgerufen wurde.

Oder daran, wie sie am Anfang der vierten Klasse von Elke, die vom ersten Schultag an immer neben ihr gesessen hatte, weggesetzt wurde, weil sie angeblich zu viel schwatzten. Sie teilte sich fortan eine Bank mit Franz, der von einem Bauernhof kam und auch so roch. Dass sie ihn eklig fand und immer so weit wie möglich von ihm wegrückte, merkte er natürlich. Er rächte sich, indem er sie verpetzte, als sie ihre Rechenhausaufgaben von Elke ab-geschrieben hatte. Und eines Tages kotzte er mitten im Unterricht auf den Tisch, aus heiterem Himmel, ohne Vorwarnung. Ihr Deutschbuch hatte etwas abgekriegt, den Geruch bekam sie nie wieder weg, immer roch es in ihrem Ranzen ein bisschen nach Kotze. Ihre Eltern behaupteten, es sei Einbildung.

Jetzt schliesst sie doch einen Moment die Augen und lauscht den Geräuschen um sie herum, dem Gluckern des Baches, Elvis’ lockenden Rufen in Richtung Hund, dessen kurzem Bellen, den Vögeln in dem Baum über ihr, dem entfernten Rauschen des Verkehrs, dem Gebrabbel des Babys, das mit seiner Mutter ein paar Meter weiter auf einer Decke liegt. Vor ihren geschlossenen Augen warmes rotes Licht. Sie dämmert gerade weg, als sich Elvis neben sie auf die Decke fallen lässt. «Wollen wir noch weitergehen? Oder müssen wir zurück?»

Ellen rappelt sich mühsam auf. Jetzt spürt sie doch den fehlenden Schlaf, natürlich hat sie den Österreicher gestern Abend erst auf Seite 166 weggelegt, kurz vor Mitternacht. «Nein, wir haben jede Menge Zeit. Und wenn du noch magst?»
«Klar.» Er setzt sich auf die Decke und zieht sich Socken und Turnschuhe an, während Ellen ihren Rucksack packt. Plötzlich hält er inne.
«Wir haben ja die gleichen Schuhe!»
«Das fällt dir jetzt erst auf?» Nur die Farbe ist anders, ihre sind schwarz, seine dunkelgrün.
«Meine sind ganz neu. Haben wir in Lanzarote gekauft.»
«Ich hab meine schon drei Jahre. Aber wahrscheinlich nicht mehr lange.»

Sie liebt diese Schuhe. Das erste Paar, ganz in Weiss, hat sie sich 1972 gekauft, da waren sie gerade in Mode gekommen, weil Mick Jagger sie zu seiner Hochzeit getragen hatte. Seither hat sie alle zwei, drei Jahre neue angeschafft, rot, grau, blau, nur die Muster hat sie ausgelassen.
«Findest du es komisch, dass wir die gleichen Schuhe haben?»
«Ich weiss nicht», er runzelt die Stirn. «Irgendwie schon.»
«Weil ich alt bin und du jung?»

Er wird ein bisschen verlegen, natürlich hat er das gemeint, sie findet das absolut verständlich. Aber er rudert höflich zurück. «Du bist doch nicht alt. Also richtig.»
«Und was ist richtig alt?»
«Na ja … die Leute, die am Stock gehen oder an so einem Gehgestell … und die gefüttert werden müssen und alles vergessen. Und nicht so gut riechen. Und ein Gebiss haben.»
«Ein Gebiss hab ich wirklich nicht. Aber alt bin ich trotzdem.»
«Aber du siehst nicht so aus.»

«Danke schön, das ist sehr nett von dir.» Sie zieht sich noch genauso an wie vor dreissig Jahren, Jeans, T-Shirts, Pullover, weite Hemden, Strickjacken, zu Hause trägt sie auch gerne zwei alte Pullis von Jock, die sie sich schon zu seinen Lebzeiten oft von ihm ausgeliehen hat, inzwischen sind sie ausgeleiert und haben kleine Löcher. Und an den Füssen, zumindest vom Frühling bis zum ersten Schnee, Turnschuhe, dann erst steigt sie auf Stiefel um.

Röcke hat sie nie gern getragen, obwohl Jock sie darin mochte, ihm gefielen ihre Beine. Heute hängt noch ein einziges schlichtes schwarzes Kleid im Schrank, sie trägt es im Theater oder auf Festen, aber auch da nicht immer.

«Und graue Haare hast du auch nicht.«»Elvis schultert seinen Rucksack, sie gehen los Richtung St. Emmeram, wenn sie dort müde sind, können sie eine Tram nehmen.
,Doch, hab ich. Aber ich färbe sie.»
«Warum?»

Tja, warum. Eine modische Torheit in ihrem Alter, noch dazu womöglich krebserregend, aber in diesem Fall ist ihr das egal. Sie will ihre Farbe be-halten. Und sie wird sich auch keinen praktischen Kurzhaarschnitt zulegen wie so viele Frauen ihres Alters, sondern ihre Haare schulterlang lassen, so dass sie sie bei jeder Bewegung ihres Kopfes spürt.

Sie wird auch im Sommer keine ärmellosen Blusen tragen, aus denen schwabbelige Oberarme heraus-schauen. Oder diese beliebten Hosen, vorzugsweise in Farben wie Kitt oder Sahara, dreiviertellang, unten schauen stachelige weisse Waden raus, die Füsse in Trekkingsandalen oder Schnürschuhen, «sensible» nennen die Engländer solche Treter, vernünftig. Sie will, zumindest in dieser Hinsicht, nicht vernünftig sein.

Beim Sortieren alter Fotos hat sie neulich ein Bild ihrer beiden Grossmütter entdeckt, anlässlich ihrer Taufe. Sie müssen damals beide Ende fünfzig gewesen sein, also zehn Jahre jünger als sie jetzt, sahen aber, zumindest aus ihrer Perspektive, locker zwei Jahrzehnte älter aus in ihren schwarzen Kleidern, mit den Haarknoten und den klobigen Schuhen. Sie waren, würde Elvis sagen, richtig alt.

Sie gibt sich Mühe, aus dem, was noch vorhanden ist, das Beste zu machen. Das Unansehnliche verhüllen und das Schöne betonen. Also mehr Verhüllung inzwischen. Und auf keinen Fall aufdonnern, kein deckendes Make-up, kein farbiger Lidschatten, kein greller Lippenstift, der sich in den Fältchen um den Mund festsetzt. Kein Behängen mit Schmuck und schon gar keine zu kurzen Röcke, die ober-halb des Knies enden. Sich nicht jünger machen, als man ist. Aber eben auch nicht älter. Jede Frau leidet unter dem Verlust ihrer Attraktivität, darunter, nicht mehr als weibliches Wesen wahrgenommen zu werden, davon ist sie überzeugt, wer etwas anderes behauptet, lügt.

Natürlich hat sie mittlerweile einen Bauchansatz, gegen den sie täglich mit einem schnellen Bauch-Beine-Po-Workout auf der Yogamatte ankämpft. Fitnessstudios hat sie noch nie leiden können, von den Kosten mal ganz abgesehen. Sie hat vor Jahren mal einen Probemonat absolviert, bei ihr um die Ecke, nur für Frauen. Die Gesellschaft der vielen durchtrainierten und gestylten Mädels mit ihren Proteindrinks hat sie nicht gestört, sie fand es einfach nur unfassbar langweilig, sich eine Stunde an den Maschinen zu quälen. Wozu auch, sie braucht keine Muskeln wie Madonna. Sie will sich auch keinen Mann mehr anlachen, sondern fit und beweglich bleiben, solange es geht. Und dafür tut sie genug.

«Weil ich eitel bin, vermutlich. Und noch ein bisschen nett aussehen möchte.÷
«Ich finde, das tust du», sagt er ganz ernsthaft.
«Sehr nett sogar.»
Ellen muss lachen. «Noch mal danke schön», sagt sie. «Und du bist sehr nett! Das ist eigentlich viel wichtiger.»

Was bisher geschah:
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4

Martina Borger

Wurde 1956 geboren und arbeitete als Journalistin, Dramaturgin und Filmkritikerin, bevor sie sich aufs Drehbuchschreiben verlegte. Sie hat bei mehreren Serien als Storylinerin und Chef-Autorin gearbeitet. Gemeinsam mit Maria Elisabeth Straub veröffentlichte sie 2001 ihren ersten Roman «Katzenzungen», dem «Kleine Schwester» (2002), «Im Gehege» (2004) und «Sommer mit Emma» (2009) folgten. Ohne Co-Autorin erschien 2007 ihr Roman «Lieber Luca». Martina Borger lebt in München.


Martina Borger, «Wir holen alles nach», Roman, Diogenes

Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2020 Diogenes Verlag AG, Zürich, www.diogenes.ch
120 / 20 / 44 / 1; ISBN 978 3 257 07130 6

Beitrag vom 15.06.2020
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