© shutterstock

«Puppy Yoga» – ein fragwürdiger Trend

Der aus Grossbritannien und den USA stammende Trend, bei dem Hundewelpen für Interaktionen mit Teilnehmenden von Yogalektionen eingesetzt werden, hat einen regelrechten Social-Media-Hype ausgelöst. Derartige Sport- und Unterhaltungstrends mit Tieren sind aber stets kritisch zu hinterfragen, insbesondere mit Blick auf die Tierwürde. In Italien wurde diese Praxis kürzlich verboten.

Sport- und Unterhaltungstrends mit Tieren sind stets kritisch zu hinterfragen, insbesondere mit Blick auf die Tierwürde. Beim sogenannten «Puppy Yoga» (teilweise auch «Doga» genannt) laufen Hundewelpen frei im Raum umher und können von den Teilnehmenden gehalten, gestreichelt und fotografiert werden. Die jungen Hunde werden dabei vom jeweiligen Kursanbieter zur Verfügung gestellt. In der Regel werden für die Lektionen ganze Würfe von Züchterinnen oder Züchtern zum Yogastudio gebracht, wo die Teilnehmenden im Rahmen der Yogastunde oder im Anschluss daran mit den Welpen interagieren können.

Belastung des Wohlergehens

Im Hinblick auf das Wohlergehen und die Würde der eingesetzten Tiere sind solche Veranstaltungen höchst problematisch. Welpen befinden sich in einer – sowohl in physiologischer als auch in ethologischer Hinsicht – sensiblen Entwicklungsphase. Sie benötigen in diesem Alter eine stabile und sichere Umgebung sowie Rückzugsmöglichkeiten, um dem erhöhten Ruhe- und Schlafbedürfnis nachkommen zu können.

Die unkontrollierten Interaktionen mit mehreren fremden Menschen innerhalb kurzer Zeit und der häufige Ortswechsel zwischen den Lektionen können erheblichen Stress verursachen und somit sehr belastend für die Tiere sein. Der Transport der Welpen zum jeweiligen Yogastudio, die kurze Angewöhnungszeit an einen neuen Raum und an fremde Menschen erhöhen das Risiko für eine Überanstrengung der Tiere.

Eine kürzlich veröffentlichte gutachterliche Stellungnahme der tierärztlichen Fakultät der Universität München zur Verwendung von Hundewelpen bei Veranstaltungen warnt ebenfalls vor negativen Auswirkungen auf die Verhaltensentwicklung durch Stress und Überforderung in der Sozialisierungsphase. Hinzu kommt, dass das Immunsystem von Welpen noch nicht voll ausgereift ist, was sie anfällig macht für Infektionskrankheiten. Stress kann das Risiko für Erkrankungen noch zusätzlich erhöhen.

In der Würde verletzt

Der Schutz der Tierwürde bildet seit September 2008 ein ausdrückliches Grundprinzip der Tierschutzgesetzgebung. Die Würde von Tieren wurde damit als Schutzobjekt ihrem Wohlergehen gleichgestellt. Als Beispiele für würderelevante Belastungen nennt das Gesetz neben Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst auch die Erniedrigung, die übermässige Instrumentalisierung sowie tiefgreifende Eingriffe ins Erscheinungsbild oder in die Fähigkeiten eines Tieres. Kann die Zufügung einer solchen Belastung nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden, liegt eine strafbare Missachtung der Tierwürde und somit eine Tierquälerei im Sinne des Tierschutzgesetzes vor.

Durch ihren Einsatz im Rahmen von Yogastunden werden die Welpen regelmässig übermässig instrumentalisiert und dadurch auch in ihrer Würde verletzt. Von einer übermässigen Instrumentalisierung spricht man, wenn ein Tier als Instrument des Menschen verwendet wird, ohne dass seine arteigenen Bedürfnisse angemessen berücksichtigt werden. Auch das BLV kommt in seiner rechtlichen Einschätzung zum Puppy Yoga zum Schluss, dass das Anbieten von Yogastunden mit Hundewelpen das Risiko birgt, dass die Welpen ausschliesslich dem Zweck des Anwerbens neuer Kundschaft dienen und ihre artspezifischen Bedürfnisse in unzulässiger Weise ausgeblendet werden. 

Ablehnung von Bewilligungsgesuchen empfohlen

In der Schweiz gilt Puppy Yoga nach Ansicht des BLV als Werbung mit Tieren, weil sie als Attraktion eingesetzt werden, um Teilnehmende anzulocken. Für die Werbung mit lebenden Tieren braucht es stets eine Bewilligung der kantonalen Veterinärbehörden. Diese darf nur dann erteilt werden, wenn die Tiere während des Werbeanlasses und zwischen den Einsätzen tierschutzkonform untergebracht sind, die Person, die für die Tierbetreuung verantwortlich ist, die entsprechenden Ausbildungsanforderungen erfüllt und die Transportbedingungen eingehalten werden. Weiter stuft das BLV das Puppy Yoga und ähnliche Veranstaltungen mit Welpen aufgrund der Risiken für die Gesundheit und der Würderelevanz als problematisch ein und empfiehlt den Kantonen, entsprechende Bewilligungsgesuche abzulehnen. In Italien hat das Gesundheitsministerium inzwischen auf die immer lauter werdende Kritik aus Tierschutzkreisen reagiert und den Einsatz junger Hunde in Yogakursen untersagt. Ein entsprechendes ausdrückliches Verbot wäre auch in der Schweiz wünschenswert. 

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org.

Beitrag vom 08.10.2024
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

Das könnte sie auch interessieren

Tiere

Tiere: Wie viel Lärm ist erlaubt

Nachbarn müssen dafür sorgen, dass ihre Tiere keinen übermässigen Lärm verursachen, der für An- oder Mitbewohner eine unzumutbare Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens darstellen. Unsere Expertin erklärt,  wann eine Immission zumutbar ist und wann nicht.

Tiere

Dürfen Hunde kupiert werden?

Was in vielen europäischen Ländern leider noch zur Normalität gehört, ist in der Schweiz glücklicherweise längstens verboten: das Kupieren der Ohren und Ruten bei Hunden.

Tiere

Tierschutzrecht: Wie müssen Katzen gehalten werden?

Laut Tierschutzgesetzgebung sind Tierhaltende verpflichtet, den Bedürfnissen ihrer Tiere in bestmöglicher Weise gerecht zu werden und für deren Wohlergehen zu sorgen. Bei Büsi gilt es zusätzlich katzenspezifische Tierschutzvorschriften einzuhalten.

Tiere

Schädlingsbekämpfung: Was ist erlaubt?

In der Schweiz werden jedes Jahr Millionen von sogenannten Schädlingen (Mäuse, Wespen, Schaben, Ameisen etc.) systematisch bekämpft und getötet. Das Tierschutzgesetz verbietet zwar, dass sie qualvoll oder mutwillig umgebracht werden. Dies gilt jedoch (von wenigen Ausnahmen abgesehen) nur für Wirbeltiere..