Wie viel Energie braucht eigentlich eine E-Mail?
Digitale Medien sind eine saubere Sache, doch deren Nutzung verbraucht beachtliche Mengen von Energie. Was können wir besser machen?
Text: Marc Bodmer
Während den Jahren der Pandemie veränderte sich vieles in unserer Welt und unseren Köpfen. Im Jahr 2020 sank die Energienachfrage um fast vier Prozent und der damit verbundene CO2-Ausstoss um 5,8 Prozent, denn Reisemöglichkeiten und Mobilität waren teils massiv eingeschränkt. In der gleichen Zeit schnellte der Stromverbrauch um 40 Prozent in die Höhe. Home Office, aber auch das Bedürfnis nach Ablenkung von der Krise sorgten für vermehrte Zugriffe auf das Internet. Diese erfolgen oft durch neue Geräte. Laut einer Studie fallen jährlich 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an.
Den genauen CO2-Fussabdruck durch die Nutzung digitaler Medien zu berechnen, ist nicht einfach. Fangen wir mal mit der Frage an: Wie produziert digitale Technologie überhaupt CO2?
Jede digitale Aktion, gleich welcher Grösse, sorgt dafür, dass Daten durch das Netzwerk schiessen und über Daten-Center zu den gewünschten Servern finden. Nehmen wir zum Beispiel eine nett gemeinte E-Mail, in der man einfach «Danke» schreibt. Die Verarbeitung des digitalen Dankeschöns erzeugt Wärme, die gekühlt werden muss, damit die Server und weitere Geräte nicht überhitzen. Diese Kühlung verbraucht Energie, besonders wenn grössere Datenmengen anfallen, können die Rechner heiss werden.
Gemäss einer Studie sind Daten-Center für ein bis zwei Prozent des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich. Also vergleichbar mit dem CO2-Ausstoss der Luftfahrt. Die gute Nachricht hier: Wie bei den Flugzeugen werden Fortschritte in der Energieeffizienz gemacht. Der Verbrauch sollte deshalb trotz zunehmenden Datenvolumen nicht weiter steigen.
Neun Milliarden Suchaufträge pro Tag
Aber sparen kann man ohnehin. Wenn wir auf unnötige E-Mails verzichten würden – jede Botschaft verursacht zwischen 0,3 – 17 Gramm CO2, hängt noch ein Foto dran sogar 50 Gramm – dann könnten wir eine Menge sparen. Laut einer Schätzung könnten über 16’000 Tonnen CO2 gespart werden, wenn alle Erwachsenen in Grossbritannien eine E-Mail weniger pro Tag verschicken würden. Zum Vergleich: Man müsste über 3300 Autos für ein Jahr von der Strasse nehmen, um das auszugleichen. Und eine schlechte Nachricht für Nostalgikerinnen und Nostalgiker: Eine E-Mail verbraucht 50 Mal weniger Energie als der Versand eines richtigen Briefs – ist aber 1000 Mal unpersönlicher.
Längst zu unserem Alltag gehört die Suche mit Hilfe von Google und Co. Googeln hat als Verb im Duden Einzug gehalten. Was schnell vergessen geht, ist, dass es natürlich auch nicht ohne ist, was im Hintergrund abläuft, wenn man schnell eine Frage online stellt. Google schätzt, dass jede Anfrage 0,2 Gramm CO2 produziert. Das ist nicht viel, doch täglich werden neun Milliarden Suchaufträge allein bei Google gemacht. Da sieht die Öko-Bilanz schon ganz anders aus.
Mehr als die Hälfte des Internetverkehrs dient der Unterhaltung
Während den letzten Jahren legte das Streaming von Filmen über Youtube, Netflix oder andere Anbieter um rund 40 Prozent zu und verursacht 60 Prozent des Internet-Verkehrs. Will man einer Studie des französischen Think Tanks «The Shift Project» vertrauen, so produziert der Online-Videokonsum 300 Millionen Tonnen CO2 und damit ein Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Doch diese Resultate sind umstritten. Laut dem britischen Carbon Trust hängt der CO2-Ausstoss stark vom jeweiligen Land und dessen Stromversorgung ab: Werden Dieselgeneratoren oder Kohlekraftwerke zur Stromgewinnung eingesetzt, kann dies 76 Gramm Treibhausgase pro Stunde wie in Deutschland generieren. In Schweden hingegen sollen es bloss 3 Gramm sein, was einem einfachen E-Mail entsprechen würde, was schwer zu glauben ist.
Laufend an Beliebtheit gewinnt Gaming. Besonderen Spass macht es, wenn man mit anderen vernetzt spielt. Das kann man übers Handy oder auch von zu Hause aus. Interessant ist hierbei, dass das Spielen über mobile Netzwerke durchschnittlich mehr Energie verbraucht als das Gamen über ein Festnetz. Der Unterschied rührt daher, dass mobile Netzwerke weniger energieeffizient sind. Im Vergleich zu Streaming in hoher Auflösung verbraucht Online-Gaming weniger als die Hälfte der Energie.
Was kann man also tun, um den digitalen CO2-Fussabdruck zu verringern?
- Schreiben Sie weniger E-Mails und googeln Sie weniger.
- Melden Sie sich von Versandlisten ab, deren Mails Sie nicht wirklich lesen.
- Schliessen Sie im Browser Fenster, die im Hintergrund möglicherweise Werbe-Videos abspielen.
- Räumen Sie Ihre Cloud-Speicher wie Dropbox, Google Drive etc. auf und löschen Sie Dateien, die Sie nicht mehr brauchen.
- Wenn Sie längere Zeit abwesend sind, stecken Sie Ihre elektrischen Geräte wie Fernseher, Computer, Radio aus, damit Sie nicht weiter Strom im Stand-by-Modus verbrauchen.
Total digital
Bereit für eine Reise in die digitale Welt? Im Themenschwerpunkt «total digital» schauen wir nach vorn – aber auch zurück: Wir zeigen, dass Künstliche Intelligenz nicht nur jüngeren Generationen vorbehalten ist, erinnern uns an unsere ersten Erfahrungen mit der digitalen Technologie, zeigen eine innovative Community-Wohnform und kommen mit virtueller Realität hoch hinaus: zeitlupe.ch/total-digital