
Buchtipp «Was man von hier aus sehen kann»
Der Roman «Was man von hier aus sehen kann» von Mariana Leky erzählt humorvoll und poetisch aus dem Leben in einem kleinen Dorf. Und verhandelt dabei wie nebenbei die grossen Themen Liebe, Freundschaft, Tod und Trauer. Wie die schrulligen Dorfbewohner einander einfach akzeptieren, kann auch zu entspannter Familienzeit rund um Weihnachten inspirieren.
Text: Monica Müller
Im Mittelpunkt des Buches steht Luise, die anfangs zehn Jahre alt ist und mit ihrer Grossmutter Selma in einem Dorf im Westerwald aufwächst. Luises Eltern gibt es noch, auch wenn sie für die Tochter meist abwesend sind. Der Vater, weil er sich ständig therapieren lässt und davon redet, mehr Welt in sein Leben lassen zu wollen. Die Mutter, weil sie sich einfach nicht entscheiden kann, ob sie den Vater verlassen soll und deshalb am liebsten in ihrem Blumenladen ist.
Immer wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Niemand weiss, wen es treffen wird, und so erledigen die Dorfbewohner ruck zuck, was ihnen wichtig scheint. Sie gestehen sich Geheimnisse, wagen lange Unversuchtes oder lassen Dinge verschwinden. Es stirbt dann auch tatsächlich jemand – und der Verlust wird Luise ein Leben lang prägen.
Trotz Momenten grosser Traurigkeit liest sich der Roman wunderbar leicht. Das liegt zum einen an den liebevoll gezeichneten Dorfbewohnern. Jeder ist irgendwie eigen und schrullig, aber man nimmt ihn wie er ist und hält zusammen in dieser Gemeinschaft. Zum anderen ist die märchenhafte Geschichte wunderbar leichtfüssig formuliert und gespickt mit charmanten Details.
Der Optiker beispielsweise hat die Gabe, Verbindungen zwischen Dingen zu finden, die scheinbar nicht zusammengehören. Wie Pfandflaschen und Tannenbäume. Nämlich: Sie sind beide meistens dunkelgrün und pfeiffen, wenn der Mensch oder Wind hineinbläst. Und doch gelingt es ausgerechnet dem Meister des Zusammenbringens nicht, Selma seine lebenslange Liebe zu gestehen.
Auch Luise findet im Laufe des Buches die grosse Liebe. Und natürlich lebt das ganze Dorf bei dieser Romanze mit.
Mariana Leky, «Was man von hier aus sehen kann», Dumont, 2017.