
Frechheit, Zusammenarbeit, Schwesterlichkeit
1975 wagten Isländerinnen etwas, das sich 50 Jahre später als Revolution herausstellt. Dem historischen Ereignis widmete Pamela Hogan die Dokumentation «Ein Tag ohne Frauen». Und erschuf damit ein Rezept zur Gegenwartsbewältigung.
Text: Maximilian Jacobi
«Liebes, du kannst nicht Kapitän werden, du bist ein Mädchen.»
«Anwältin? Du wirst verheiratet sein, bevor du 18 bist.»
Mit diesen Sätzen beginnt die Geschichte jenes Tages, der solche Aussagen beerdigen sollte. Am 24. Oktober 1975 legen die Frauen Islands ihre Arbeit nieder. Und demonstrieren für Lohngerechtigkeit, Chancengleichheit, Anerkennung. Kurz: für Gleichberechtigung.
Von diesem Kampf erzählt Pamela Hogan im Dokumentar-Film «Ein Tag ohne Frauen». Darin analysiert die amerikanische Journalistin und Regisseurin ein Stück isländische Vergangenheit. Und zeigt so, wie es Bürgerinnen gelingen kann, Geschichte zu schreiben.
Der Film lässt sich als Anleitung verstehen: Wie verschafft man – beziehungsweise frau – sich politisch Gehör? Wie verändert man eine Gesellschaft radikal? Mit Kompromissbereitschaft und Inklusion. Das zumindest sind die Zutaten des isländischen Rezepts.
Gut gewürztes Revolutions-Rezept
Als die linken Emanzen der «Roten Strümpfe» am Frauenkongress 1975 einen Streik vorschlagen, protestieren rechte Isländerinnen. Eines Streiks, dieses kommunistischen Machtwerkzeugs, wollen sie sich mitten im kalten Krieg nicht bedienen. Sie erklären sich jedoch bereit, an einem «freien Tag» für Frauen teilzunehmen. Auch im Exekutivkomitee sitzen anschliessend Isländerinnen des gesamten politischen Spektrums und planen die Aktion. Der Spagat zahlt sich aus: Letztendlich gehen 90 Prozent der Isländerinnen am 24. Oktober auf die Strasse.

Hogans Film kommt gelegen. Denn er ruft in Erinnerung, was auch die amerikanische Ethnologin Margaret Mead schon sagte: «Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe aufmerksamer, engagierter Bürger die Welt verändern kann. Tatsächlich ist das das Einzige, das es je tat.» Der Film zeigt auf, wie viel Macht in der Mitte der Gesellschaft liegt. Etwas, das schnell vergessen geht, in Zeiten der Ohnmacht.
Zugegeben: Das klingt jetzt mehr nach Politikwissenschafts-Seminar als nach Sehvergnügen. Doch lassen Sie sich nicht abschrecken. Das Revolutions-Rezept ist gut gewürzt:
- Beispielsweise mit gepfefferten Zitaten: «Wir hassten doch keine Männer. Wir liebten unsere Chauvinisten-Schweine.»
- Mit bunten Animationen und kräftigen Bildern.
- Und mit Details, die man sich gern auf der Zunge zergehen lässt: Eine Frau erzählt, wie ihr Mann sich weigerte, am Frauentag auf die Kinder aufzupassen. Sie setzte beide Söhne ins Auto, parkte es vor dem Büro ihres Mannes, gab ihm die Schlüssel und ging.
Der Film zeigt: Wer den Lauf der Geschichte ändern will, braucht immer jemanden, der derweil die Kinder hütet.
«Ein Tag ohne Frauen», von Pamela Hogan, 71 Minuten, ab 5. Juni im Kino. Weitere Informationen zum Film finden Sie hier.