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Durchatmen und entspannen

Stress schnürt uns oft genug die Luft weg. Mit gezielten Atemübungen finden wir zurück zur Ruhe – sogar Schlafprobleme lassen sich dadurch mildern.

Text: Roland Grüter

Unsere Atmung und Psyche sind eng miteinander verbandelt – über das vegetative Nervensystem, der Schaltzentrale vieler Organe. Atmen wir beispielsweise über längere Zeit schnell und oberflächlich, schüttet der Körper Stresshormone aus, was Unwohlsein bewirken kann. Gerät umgekehrt das Seelenstübchen in Schieflage – etwa in Situationen der Überforderung – beginnen wir schneller zu atmen, was zu zusätzlichem Stress führt.

Die beiden Faktoren stehen erwiesenermassen in reger Wechselwirkung. Entsprechend lohnt es sich, deren Stellwerk zu kennen und dieses möglichst zu unserem Vorteil zu nutzen. Folgende Übungen beruhigen, wenn wir neuerlich atemlos durchs Leben hecheln oder nur schwer in den Schlaf finden.

Übung 1

Setzen Sie sich auf einen Sessel und nehmen eine aufrechte Haltung ein. Lehnen Sie sich zurück, Bauch und Brustkorb müssen sich frei bewegen können. Lassen Sie Schultern und Arme locker hängen, stellen Sie die Füsse flach auf den Boden. Nun schliessen Sie die Augen. Atmen Sie tief und langsam durch die Nase ein und durch den Mund mit hörbarem «ssssss» wieder aus. Wichtig: Je leiser der S-Ton ist, desto weniger Luft strömt aus – was die Ausatmung verlängert und beruhigend wirkt. Legen Sie während dieser Übung eine Hand auf die Bauchdecke. So spüren sie, wie sich diese langsam hebt und senkt. Konzentrieren Sie sich dabei 10 bis 20 Minuten nur auf sich selbst.

Anatomie der Atmung

Die Atmung versorgt unseren Körper mit Sauerstoff. Wir steuern diese Körperfunktion nicht willentlich. Deshalb sind sich die allermeisten Menschen erst gar nicht gewahr, wie genau sie sich Luft verschaffen: durch die Nase, durch den Mund, schnell oder langsam? Ein Tipp: Idealerweise lassen wir die einströmende Luft durch die Nase fliessen (dabei wird sie erwärmt, befeuchtet und gereinigt) und diese in der Folge über den Mund entweichen.

Generell unterscheidet die Medizin zwischen zwei Atemtypen, je nachdem, welche Muskelgruppen daran beteiligt sind: Die Brust- und Schulteratmung gilt dabei als weniger effizient, weil darin nur der Brustkorb und die Schultern mitwirken. Entsprechend wird das Lungenvolumen nicht vollends genutzt, also nur teilweise mit Sauerstoff versorgt. Das führt oft zu einer erhöhten Atemfrequenz – und damit zu einem erhöhten Stresshormon-Spiegel oder gar zu Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen.

Expertinnen und Experten raten deshalb zur weit effizienteren Bauch- respektive Vollatmung. Denn mit Einsatz des Zwerchfells und der Bauchmuskeln kann sich die Lunge besser ausdehnen und unseren Körper mit mehr Sauerstoff versorgen. Gut zu wissen: Die Vollatmung lässt sich mit Trainings (an)trainieren.

Übrigens: Bereits kleine Verhaltensveränderungen tragen dazu bei, die Atmung zu verbessern. Achten Sie beispielsweise darauf, dass sie im Sitzen eine aufrechte Körperhaltung einnehmen. Denn sackt der Oberkörper ein, ist eine tiefe Atmung nur bedingt möglich, da das Zwerchfell und die Bauchmuskeln blockiert sind. Wählen Sie zudem möglichst bequeme Kleidung und meiden Sie enge Hosen, diese schnüren Ihnen womöglich die Luft weg. Lüften Sie ausserdem regelmässig die Wohnung und bewegen Sie sich möglichst viel an der frischen Luft.

Übung 2

Mit dieser Übung können Sie sich innerhalb weniger Minuten entspannen. Legen Sie sich bequem aufs Bett und legen eine Hand auf die Bauchdecke. Nun atmen Sie durch die Nase ein und zählen dabei bis vier. Anschliessend halten Sie für sechs Sekunden inne und atmen die Luft acht Sekunden lang durch den Mund wieder aus. Nach zirka vier bis fünf Durchgängen schwindet das Stressgefühl bereits merkbar. Der Mechanismus dahinter: Durch die langsame Atmung, wird der Blutdruck gesenkt, der Körper schaltet auf Erholung.

Übung 3

Die Misere ist vielen vertraut: Kaum legen wir uns hin zum Schlafen, fängt das Gedankenkarussell zu kreisen an. Wir bleiben wach und beginnen, zu grübeln. Diese Übung hilft, besser in den Schlaf zu finden. Legen Sie sich bequem aufs Bett. Die Füsse liegen hüftbreit auseinander, die Arme neben dem Körper. Legen Sie nun eine Hand auf die Bauchdecke. Atmen Sie jetzt ruhig ein und aus. Zählen Sie ihre Atemzüge bis neun und beginnen dann wieder von vorne. Konzentrieren Sie sich dabei einzig auf die Atmung und das Heben und Senken der Bauchdecke. Dadurch atmen Sie innert kurzer Zeit ruhiger. Der Herzschlag wird ruhiger, das Nervensystem kommt wieder ins Gleichgewicht.

Mit den skizzierten Trainings kommen Sie nach Strapazen schnell wieder zur Ruhe. Um deren Wirksamkeit zu steigern, gilt es die Übungen alle zwei Tage zu wiederholen – am immer gleichen Ort, damit uns nichts davon ablenkt. Übung macht die Meisterin, den Meister – auch beim Entspannen.


Beitrag vom 17.01.2023

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