Vaters silberner Armreif
Kürzlich fragten wir unsere Leserinnen und Leser, welches Erinnerungsstück sie über die Jahre aufbewahrt haben – und was sie damit verbindet. In einer losen Reihe zeigen wir einige dieser wohl behüteten Schätze und erzählen die Geschichte, die dahinter steckt. Heute: der silberne Armreif von Waltraud Das.
Von Jessica Prinz
Waltraud Das› Augen strahlen, wenn sie vom silbernen Armreif ihres Vaters erzählt. Obwohl die Geschichte dahinter eine traurige ist. Nur wenige Male konnte der Vater, der zu Kriegszeiten im Militär war, seine heute 80-jährige Tochter besuchen. Er sah weder, wie sie laufen lernte, noch wie sie später heiratete. Als Waltraud Das nämlich etwa zweieinhalb Jahre alt war, da erreichte die Familie die Nachricht vom Verschwinden des Vaters.
Nicht einmal die Marke des jungen Sanitäters konnte das Schweizerische Rote Kreuz bei seiner Suchaktion auffinden. Und obschon die Mutter auf einen wichtigen Teil der Witwenrente verzichten musste, wollte sie den Vater nie für tot erklären lassen. Diese Aufgabe musste Waltraud Das nach dem Tod ihrer Mutter selbst erledigen.
Es mutet ein wenig seltsam an, der schweren Geschichte von Waltraud Das zu lauschen und dabei das Geräusch der Flieger des nahegelegenen Militärflugplatzes in Emmenbrücke zu hören. Für sie wird das Erlebte allerdings eher durch andere Dinge als den Flugzeuglärm wieder wachgerüttelt. «Es macht mich traurig, wenn ich sehe, was beispielsweise auf den griechischen Inseln passiert. All die Geflüchteten überall. Es dreht sich alles immer wieder im Kreis.» Allerdings bleibe einem nichts anderes übrig, als die Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Wie damals, als ihr Vater verschwand. Auch da galt einfach: Weitermachen.
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