Vor 50 Jahren: Die Watergate-Affäre
Die Machtmissbräuche durch höchste Politiker lösten in den USA eine schwere politische Krise aus, die schliesslich zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon führte.
Wer hatte in der Nacht des 17. Juni 1972 das Stück Klebeband an der Tür des Watergate-Gebäudekomplexes in Washington angebracht, um ein Zufallen zu verhindern? Wachmann Frank Wills bemerkte es bei seinem Rundgang und entfernte es. Bereits bei der nächsten Tour klebte es wieder dort. Frank Wills alarmierte die Polizei – und brachte einen der grössten Skandale der amerikanischen Geschichte ins Rollen.
Die Ordnungshüter verhafteten fünf Männer im Hauptquartier der Demokratischen Partei. Dies war bereits ihr zweiter Einbruch dort und hatte zum Ziel, Abhörmikrofone neu zu justieren und Dokumente zu fotografieren. Das gesammelte Material sollte bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen im November 1972 gegen die Demokraten verwendet werden.
Der Kopf sitzt im Weissen Haus
Der amtierende Präsident Richard Nixon wurde im Amt bestätigt. Doch das FBI und Journalisten der «Washington Post» deckten auf, dass die Auftraggeber des Einbruchs im engsten Umfeld des Präsidenten sassen. Dies führte zur Aufdeckung weiterer Verbrechen und Vergehen, die in den Jahren zuvor teils auf direkte Anweisung des Weissen Hauses begangen worden waren.
In einer Reihe von Enthüllungen erfuhr die US-amerikanische Öffentlichkeit vom Ausmass dieser Amtsmissbräuche zulasten der politischen Gegner. Die Anhörungen von Zeugen und Schlüsselpersonen, die während des Sommers 1973 im Fernsehen übertragen wurden, stellten der Nixon-Regierung ein verheerendes Zeugnis aus und verursachten einen katastrophalen politischen Schaden für den amtierenden Präsidenten.
Da sich dieser jedoch weigerte, die Vorkommnisse aufzuklären, leitete das Repräsentantenhaus ein Verfahren zur Amtsenthebung (Impeachment) ein. Richard Nixon trat am 9. August 1973 zurück – der erste Rücktritt eines amerikanischen Präsidenten überhaupt.
Erfolg für die «Vierte Gewalt»
Die Watergate-Affäre gilt als Triumph der Pressefreiheit. Die Washington-Post-Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein erhielten 1973 für ihre Berichterstattung den Pulitzer Preis. Sie hatten schon früh eine bis ins Weisse Haus reichende Verschwörung vermutet, gestützt auf ihren unter dem Decknamen «Deep Throat» in die Pressegeschichte eingegangen Hauptinformanten. Die Kontrolle des Staates durch die «Vierte Gewalt» der Medien gilt als beispielhafter investigativer Journalismus und ermutigt bis heute Reporter/innen, Machtmissbräuche in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft anzuprangern.
Zum 40. Jahrestag im Juni 2012 veröffentlichten Carl Bernstein und Bob Woodward erstmals seit 36 Jahren wieder einen gemeinsamen Artikel in der Washington Post, in dem sie ihre Erfahrungen zusammenfassten. Sie stellten fest, dass illegale Praktiken, die systematisch die demokratischen Verfahren und Freiheitsrechte verletzen, schon lange vor Watergate zur Methode von Nixons Regierung geworden waren. Nixon und sein Team führten demnach einen fünffachen Krieg: Gegen die Proteste zum Vietnamkrieg, gegen die Medien, gegen die politischen Gegner, gegen die Justiz und gegen die Geschichte. Von seinem Rücktritt bis zu seinem Tod versuchte Richard Nixon systematisch, Zusammenhänge zu verschleiern. Der Titel des Artikels lautete: «Woodward und Bernstein: 40 Jahre nach Watergate, Nixon war wesentlich übler als wir dachten.»
Was geschah vor zehn, zwanzig, fünfzig oder über 100 Jahren?
Ob längst vergangen oder noch frisch im Gedächtnis: Diese Unfälle, Verbrechen und Katastrophen bewegten die Schweiz und die Welt. Geschockt sassen die Menschen vor der Zeitung, dem Radio und den Fernsehschirmen und trauerten mit den Betroffenen. Filme und Dokumentationen erinnern an die grossen Unglücke und lassen uns die Verstorbenen nicht vergessen.