Was tragen die Bräute von heute? Susan Lippe-Bernard, Chefredaktorin des Magazins «Braut & Bräutigam», weiss alles über moderne Hochzeitsmode.
Interview: Claudia Senn
Susan Lippe-Bernard, moderne Bräute wählen oft Kleider, die an Opulenz kaum zu überbieten sind. Ist die Brautmode ein Ventil für die Prinzessinnenträume, die in vielen Frauen schlummern?
Ich denke schon, dass viele Frauen diesen Traum hegen. Das grosse Prinzessinnen-Kleid mit Tüll-Unterrock und vielen Lagen Stoff ist heute aber nur eine Möglichkeit von vielen. Vor zwei Wochen war ich auf der European Bridal Week, der grossen Einkaufsmesse für Hochzeitsmode, wo man immer die neusten Trends beobachten kann. Da sah ich auch ganz schlichte, sehr royale Kleider aus Mikadoseide oder weich fallendem Chiffon. Nicht jede will Bling-Bling.
Muss das Brautkleid heute noch weiss sein?
Nein, es gibt inzwischen auch Kleider in Schwarz, Hellblau, Knallrot oder mit farbigen 3D-Blüten drauf. Zudem sind Weisstöne keineswegs immer weiss. Neben der Farbe Elfenbein findet man auch zarte Pudertöne, Roségold oder das hautschmeichelnde Champagner. Ich rate den Bräuten immer: Nehmt ein leichtes Kleid. Je leichter das Kleid, desto grösser ist die Bewegungsfreiheit, desto mehr könnt ihr euren Bräutigam küssen, desto besser könnt ihr tanzen und Gratulationen entgegennehmen.
Muss es überhaupt ein Kleid sein?
99 Prozent der Bräute heiraten nach wie vor im Kleid. In den Kollektionen sieht man im Augenblick aber auch viele Jumpsuits, also elegant getragene Overalls. Oder sogenannte Mix-and-Match-Kombinationen aus unter schiedlichen Oberteilen mit Röcken, engen Capri- oder weit fallenden Marlenehosen. Das hat den Vorteil, dass man während des Tages verschiedene Looks tragen kann. Wenn Ober- und Unterteile perfekt zueinander passen, ist so ein Kleiderwechsel in kürzester Zeit möglich.
Eine Thuner Konditorin kreierte für ihre eigene Hochzeit kürzlich ein essbares Brautkleid aus Schokolade- und Vanillebisquit mit Buttercreme. Mehr als fünf Meter konnte sie darin allerdings nicht gehen, weil das Kleid 130 Kilo wog. Wissen Sie von ähnlich exzentrischen Experimenten?
Wenn wir über verrückte Outfits sprechen, dann ist momentan sicher Transparenz ein grosser Trend. Die aussergewöhnlichsten Hochzeitskleider sind wirklich sehr – sehr! – transparent.
Sie sprechen von sogenannten «Nackt-Kleidern».
Vor zehn Jahren dachten wir noch, so etwas würde niemand tragen. Inzwischen ist es längst Mainstream.
Die Hochzeitsfeiern in den 60er-Jahren waren noch relativ bescheiden: Man traf sich nach der Kirche zum Mittagessen und machte danach vielleicht noch eine kleine Rundfahrt. Wie läuft so ein Fest heute ab?
Vor 60 Jahren heirateten viele, um überhaupt erst zusammenziehen zu dürfen. Man war ja oft noch sehr jung. Es gab eine Menge Konventionen, an die man sich halten, und Erwartungen, die man erfüllen musste. Im Unterschied zu damals ist heute bei der Hochzeit alles erlaubt. Die durchschnittliche Schweizer Braut ist 30,3, der Bräutigam 32,2 Jahre alt. In diesem Alter wissen die Leute ziemlich genau, was sie wollen. Etwa dreissig Prozent aller Brautpaare heiraten zudem nicht zum ersten Mal. Bei diesen etwas älteren Paaren ist eine Destination Wedding besonders beliebt. Das heisst, man fliegt in die Toskana, nach Ibiza, Bali oder Thailand. Die KaribikInsel Aruba hat sich sogar komplett auf Hochzeiten spezialisiert.
Und wenn das Budget dafür nicht reicht?
Es gibt auch den Trend zu sogenannten Tiny Weddings. Das heisst, man lädt nur ganz wenige Leute ein, leistet sich dafür aber ein formidables Essen, einen renommierten Fotografen, luxuriöse Trauringe oder einen super DJ. Die Möglichkeiten, Geld auszugeben, sind ja nun wirklich mannigfach. Brautleute müssen sich fragen: Was ist uns wirklich wichtig?
Welches war die aufwendigste Hochzeit, die Sie je erlebt haben?
2010 war ich als Reporterin bei der Vermählung der schwedischen Kronprinzessin Victoria mit dabei – eine fantastisch durchorchestrierte Liebeshochzeit. Victoria trug ein goldenes Diadem und fuhr mit ihrem Daniel in einer Kutsche durch Stockholm. Die Schweden jubelten den beiden zu und wünschten ihnen alles Glück der Welt. Die ganze Stadt stand kopf. Dazu strahlender Sonnenschein, die Ostsee glitzerte. Schöner gehts nicht.
Drei langjährig verheiratete Zeitlupe-Leserinnen haben für uns ihre Hochzeitskleider aus dem Keller geholt und erzählen von den Höhen und Tiefen ihrer Ehe. Den Artikel finden Sie hier.