Smart Homes und verschiedene Applikationen helfen uns, länger selbstständig und unabhängig zu bleiben.
Der Wunsch, auch im fortgeschrittenen Alter möglichst autonom und ohne pflegende Hilfe im Eigenheim zu bleiben, ist gross. Doch der Zahn der Zeit nagt an uns allen, und schnell einmal ist unsere Mobilität eingeschränkt oder gar unsere geistige Kapazität.
An diesen Stellen setzt das iHomelab der Hochschule Luzern an (siehe Box). Seit 2018 leitet der gebürtige Australier Andrew Paice die Forschungsabteilung und bringt einige Jahrzehnte an Erfahrung aus der Industrie mit. Dieses Wissen ist wichtig, wenn es darum geht, Applikationen und Hilfen zu entwickeln, die in den Alltag einziehen sollen. «An der Hochschule arbeiten wir eng mit Firmen aus Europa zusammen und sind so nahe an den Bedürfnissen der Bevölkerung», sagt Paice. «Unser Ziel ist es, dass Technologie nicht auffällt und funktioniert.»
Ein weitverbreitetes Warnsystem, das aber deutliche Schwächen aufweist, sind Sturzmelder. «Stürze zählen bei älteren Personen zu den häufigsten Notfällen, aber nicht alle führen zu einer Meldung bei einer Notfallzentrale und nicht alle Meldungen sind Notfälle», sagt Andrew Paice. «Deshalb braucht es redundante Systeme.» Er legt eine lebensgrosse Puppe namens Anna auf den Boden und weist auf den Sturzsensor hin. Bei der vom iHomelab gezeigten Sturzsensor-Demo fragt zuerst der digitale Butler James wie ein wohlmeinender Hausgeist bei Anna nach, ob alles in Ordnung sei. Bleibt eine Antwort aus, verständigt James eine vorgängig gespeicherte Kontaktperson. Diese erhält über die App einen Zugriffs-Code für die Kamera in Annas Wohnung und sieht, dass sie am Boden liegt. Wiederum über die App kann der Notruf verständigt werden. Die digital hinterlegte Krankengeschichte von Anna kann wertvolle Zeit für die Rettungssanitäter sparen, die – als sie am Unfallort eintreffen – von James nach erfolgter Identifikation eingelassen werden.
Fingerabdruck des Verbrauchs
Doch nicht alle Systeme sind so umfassend wie die Demo im iHomelab. Solche Installationen wecken auch Vorbehalte, sammeln sie doch Unmengen von Daten, um alltägliche Verhaltensmuster aufzuzeichnen. Diese dienen als Grundlage, um spätere Abweichungen in den Gewohnheiten aufzuzeigen. Den ebenso raffinierten wie datenschutzkonformen Umweg über den Energieverbrauch wählt das vor kurzem abgeschlossene Projekt «Cleverguard». «Jeder Gerätetyp hinterlässt einen typischen ‹Fingerabdruck›», erklärt Andrew Paice und zeigt auf einem Bildschirm unterschiedliche Energieverbrauchskurven von Ventilatoren, Monitoren und Lampen. «Wenn ich weiss, welche Geräte laufen, kann ich mir ein Bild davon machen, was die Menschen gerade tun.»
Gute Gesprächsbasis
Um die Daten für «Cleverguard» zu erfassen, braucht es keine aufwendigen Installationen. Kleine smarte Manschetten, die um die Kabel beim Verteilkasten gelegt werden, reichen aus, um die Nutzungsprofile zu erstellen. So lässt sich ein üblicher Tagesablauf zusammenstellen. Gibt es davon Abweichungen, wird die Spitex oder das Pflegepersonal darüber informiert. «Die Hinweise bieten eine gute Gesprächsbasis», sagt Andrew Paice. «Die anfängliche Skepsis der Projektteilnehmenden wich Zustimmung, denn die Kommunikation vertiefte sich und blieb nicht beim oberflächlichen ‹Wie geht es Ihnen heute?›.»
Eine andere Analyse der gesammelten Daten wie durch das Projekt «Home4Dem» kann helfen, eine sich anbahnende Demenz festzustellen. «Eine Demenz macht sich dadurch bemerkbar, dass regelmässige Muster im Tagesablauf wegfallen», erklärt der Leiter des iHomelab. Um diese Veränderungen festzustellen, ist Maschinenlernen sehr hilfreich, denn künstliche Intelligenz eignet sich hervorragend, um Muster und Abweichungen davon aufzuzeigen. Wichtig aber ist für Andrew Paice, dass diese Informationen auch kritisch hinterfragt werden, denn nicht immer steckt eine Krankheit hinter einem unüblichen Verhalten: «Während der Olympiade läuft das TV-Gerät beispielsweise länger, oder in südlichen Ländern wie Italien findet im Sommer das Leben draussen statt und nicht in den Wohnungen.»
Als tückisch erweist sich auch die Vielfalt der Assistenzsysteme von verschiedenen Anbietern, die selten miteinander kompatibel sind. So können Daten eines Aktivitätszählers oder einer App, die an die Einnahme von Medikamenten erinnert, nicht ohne Weiteres zwischen unterschiedlichen Systemen ausgetauscht werden.
Und wie sieht es mit der Sicherheit aus? Mit der Anzahl Geräte mit Netzzugriff steigt auch das Risiko für eine Hacker-Attacke. «Weit gefährlicher als Hacking ist Social Engineering, also die betrügerischen Mails und Telefonanrufe, die zum Handeln auffordern», sagt Andrew Paice und empfiehlt unabhängig davon ein starkes Passwort und stets die Software mit Updates auf dem neusten Stand zu halten.
Leben mit Sensoren
Der Besuch im Luzerner iHomelab zeigt, dass den Sensoren, den digitalen Daten und der künstlichen Intelligenz die Zukunft gehört. Datenschutzverordnungen und eine positiv-kritische Einstellung gegenüber den Fortschritten in der Digitalisierung helfen, dass nützliche Anwendungen Einzug in die Haushalte finden und uns so unterstützen, länger unabhängig und oft auch gesünder zu bleiben.
iHomelab – Blick in die Zukunft
Das iHomelab gehört zum Departement «Technik & Architektur» der Hochschule Luzern. Es widmet sich der Unterstützung von Menschen durch digitale und smarte Technologien und teilt diese in drei Schwerpunkte ein:
Active Assisted Living AAL: Verbesserung der Autonomie und Lebensqualität älterer Menschen
Smart Energy Management: Smarte Lösungen für die Energiewende
Safe Building Intelligence: Vernetzte Geräte und Sensoren kommunizieren miteinander
Das iHomelab in Horw bei Luzern verfügt über ein Besucherzentrum, das in einem futuristisch aussehenden Bau untergebracht ist. Es finden regelmässig kostenlose Füh-rungen statt, die einen Blick in die Zukunft offenbaren.
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