Süffiges ohne Alkohol
Die Apéro-Kultur ist um besondere Drinks reicher geworden. Mocktails, die alkoholfreie Alternative zu den Cocktails, liegen voll im Trend und können ganz schön herb sein.
Text: Marc Bodmer
Es mag erstaunen, doch im Jahr 2020 brach der Konsum von Alkoholika ein. Während des Lockdowns sollen rund 35 Prozent weniger Wein abgesetzt worden sein, auch Bier wurde in kleineren Mengen getrunken. Grosse Anlässe wie Schwingfeste und Open-Air-Konzerte wurden nicht durchgeführt, was die verminderten Bier-Absatzzahlen zu erklären vermag. Die Gastronomie blieb während Monaten geschlossen, geselliges Beisammensein ausserhalb der eigenen vier Wände war schwierig.
Die Pandemie hat uns auch die Fragilität unserer Gesundheit vor Augen geführt und damit bei vielen Menschen einen bewussteren Umgang mit der Ernährung bewirkt. Während der traditionelle Bierkonsum gemäss dem Schweizer Brauerei-Verband zurückgegangen ist, legte der von alkoholfreiem Bier um 15 Prozent zu.
Doch nicht nur das immer besser werdende und in verschiedenen Varianten erhältliche «gesunde» Bier erfreut sich wachsender Beliebtheit. Sogenannte Mocktails, die alkoholfreie Variante von Cocktails und Mixgetränken, sind ebenfalls eine geschätzte Abwechslung bei Einladungen und bieten sorglosen Genuss.
Der grosse Vorteil von Mocktails ist, dass sie in ihrer Vielfalt Klassikern wie einem Gin & Tonic, Negroni oder einem Moscow Mule in nichts nachstehen und selbst Fans von weniger süssen Mixgetränken begeistern. Grund dafür ist, dass Hersteller von erstklassigen Spirituosen wie Berliner Brandstifter und Siegfried, aber auch spezialisierte Brennereien wie Seedlip alkoholfreie «Schnäpse» produzieren. Sie verfügen über herbe Noten, die einem Drink Charakter verleihen und ihn nicht ins Sirupige abdriften lassen.
Die Idee von alkoholfreien Spirituosen ist nicht neu. Die Hersteller des Start-ups Seedlip greifen auf eine Tradition zurück, die ihren Ursprung Mitte des 17. Jahrhunderts hat. Damals destillierten Ärzte nicht-alkoholische Rezepte. Seedlip-Firmengründer Ben hat die alten Weisheiten von damals wiederaufleben lassen. Er begann während zweier Jahre auf dem Bauernhof, den seine Familie seit vielen Generationen im Norden Englands führt, zu experimentieren. Für jede Zutat musste ein eigener Destillationsvorgang gefunden werden.
Seedlip gibt es in drei verschiedenen Varianten, wovon ich das Original, den «Spice 94», verkostet habe. In der Nase ist der Brand frisch. Eine feine Zitrusnote lässt sich in Harmonie mit Kardamom ausmachen. Sie verspricht auch eine gewisse Süsse, die aber nicht klebrig ist. Pur schlägt das Holzige der exotischen Pflanze durch und bleibt im Abgang lange hängen. Das Destillat wirkt wässerig und offenbart einen fast medizinalen Charakter. Doch «Spice 94» ist auch nicht zum pur Trinken gedacht, sondern in Kombination mit einem Tonic-Wasser. Hier empfiehlt sich ein nicht zu süsses Tonic wie etwa das Swiss Mountain Spring Dry Tonic oder – wer es ganz trocken mag – das Calamansi Bitter. An dieser Stelle sei auch der Wonderleaf Cup erwähnt, eine alkoholfreie Variante des Moscow Mules: 5 cl Siegfried Wonderleaf, Saft einer Viertel Grapefruit, 15 cl Ginger Ale und ein Gurkenstängel für die Deko. Wunderbar.
Perfekt für laue Sommerabende
«Für die bevorstehenden Sommermonate bietet der Martini Aperitivo Vibrante eine weitere tolle Kombination mit einem erfrischenden Tonic-Wasser», sagt Andreas Bornstein vom Schweizer Wein- und Spirituosenhändler Paul Ullrich AG. Die Firma hat auch die hier erwähnten Getränke zur Verkostung zur Verfügung gestellt. Geschmacklich erinnert der Martini Aperitivo Vibrante an den Martini Rosso, einen klassischen roten Wermut. Die Basis des Vibrante ist denn auch die gleiche wie beim bekannten Bruder, nur wurde dem Wein der Alkohol entzogen, bevor man die Kräuter in der Flüssigkeit mazerierte.
Eine ganz einfache Möglichkeit, neue Geschmackswelten zu entdecken, sind die Mixer des Schweizer Start-ups Mikks. Am besten besorgt man sich ein Set mit drei Flaschen. Es gibt verschiedene Geschmacksrichtungen wie «Basil Lime» – Basilikum und Limetten – oder «Passion Lemon» – Passionsfrucht- und Zitronensaft. Diese Mixer können gut mit den alkoholfreien Spirituosen kombiniert oder mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser verdünnt werden. Wer etwas bluffen will, lässt die handlichen Fläschchen in der Küche stehen und trumpft mit farbenfrohen Drinks bei seinen Gästen auf. ❋