Der Schmerz kommt ganz -unverhofft: Plötzlich krampfen die Wadenmuskeln. Mit Gurkenwasser, Stretching und anderen einfachen Mitteln lässt sich das Übel verhindern oder zumindest lindern.
Text: Roland Grüter
Wer ständig Hochleistung erbringen muss, gerät leicht aus dem Tritt. Das gilt für den Menschen allgemein, aber ganz besonders für dessen Beine. Täglich 7500 Schritte verlangen wir ihnen ab – das entspricht einer Distanz von sechs Kilometern. Will heissen: Am Ende eines 80-jährigen Lebens tragen uns die Beine 170 000 Kilometer weit oder umgerechnet viermal um den Äquator. Kaum erstaunlich, dass sie ab und an müde werden, schmerzen oder sogar krampfen.
Auf letzteres ist die Wadenmuskulatur besonders anfällig, vor allem im fortgeschrittenen Alter. Denn im Laufe des Lebens verkürzen sich die Muskeln und schrumpfen merklich, wenn wir sie nicht regelmässig auf Trab halten – entsprechend sind sie anfälliger auf Zipperlein. Dazu zählen auch besagte Wadenkrämpfe: Urplötzlich zieht sich der Wadenmuskel zusammen und verursacht einen beissend-stechenden Schmerz. Fuss und Zehen krümmen sich dabei nach unten. Medizinerinnen und Mediziner bezeichnen diesen Mechanismus als Plantarflexion.
Die gute Nachricht: So unangenehm die Krämpfe sind, in der Regel sind sie harmlos. Meist genügt es, den Wadenmuskel zu dehnen, und schon lässt er locker. Tritt dieses Übel aber regelmässig auf, eventuell auch an anderen Körperstellen, sollte man die Ursachen genauer abklären. Eventuell sind dafür eine chronische Krankheit oder Medikamente verantwortlich.
Stretching hilft
Krämpfe treten oft in Belastungssituationen auf, etwa beim Rennen, Walken oder Velofahren – aber auch, wenn wir entspannt im Bett liegen, manchmal sogar im Schlaf. Sie entstehen durch einseitige oder zu starke Belastung – oder im Gegenzug durch Unterforderung, wenn wir Muskeln zu wenig trainieren oder ständig vor dem Fernseher sitzen. Auch Flüssigkeitsmangel kann dahinter wirken, weil wir zu wenig trinken, ebenso Durchfall, Erbrechen oder übermässiges Schwitzen (etwa bei Fieber oder an heissen Tagen). Oder Gelenkprobleme, Fehlstellungen der Füsse, schlechtsitzende Schuhe, vor allem High Heels, sowie schwere, eingeschlagene Bettdecken, die die Füsse durch ihr Gewicht überstrecken.
Sind die Krämpfe erst da, gilt es zu handeln: respektive zu dehnen. Stretching löst in der Regel Wadenkrämpfe sofort – idealerweise zieht man die entsprechende Fussspitze Richtung Körper. Oder man stellt das betroffene Bein nach hinten, streckt dieses durch und drückt dabei die Ferse fest auf den Boden, während man sich mit den Armen an einer Wand abstützt. Dehnübungen wirken auch prophylaktisch – sie lassen bei regelmässiger Anwendung Muskeln generell weniger krampfen.
Mangel an Mineralstoffen
Meist ist es schwierig herauszufinden, weshalb die Waden rebellieren. Die schmerzhaften Reaktionen werden gemeinhin einem Mangel an Mineralstoffen zugeschrieben, erwiesen ist diese Kausalität aber nicht. Zumindest nicht in allen Fällen. Zur Erklärung: Mineralstoffe, also Natrium, Kalzium, Magnesium und Kalium, regulieren die Muskelaktivitäten in unserem Körper entscheidend mit. Sie sind – vereinfacht formuliert – als Elektrolyte im Körperwasser zu finden und massgebend daran beteiligt, die Signale der Nerven an die Muskelzellen weiterzuleiten. Elektrolyte sind also wichtig, damit sich die Muskeln überhaupt anspannen oder entspannen können.
Fehlt es dem Körper beispielsweise an Magnesium, gerät das fein justierte System aus dem Takt: Die Muskeln neigen zu Krämpfen. Viele Betroffene nehmen deshalb vorausblickend Magnesium-Präparate zu sich, sie sollen die Muskeln entspannen – obwohl deren Wirkung wissenschaftlich nicht belegt ist. Vermutlich helfen diese nur dann, wenn tatsächlich ein Defizit besteht. Wer trotzdem darauf vertraut, beschränkt die Einnahme idealerweise auf etwa zwei -Wochen und auf täglich maximal 200 Milligramm. Bei wiederkehrenden Krämpfen ist es weit sinnvoller, die Ernährung anzupassen: Blattgemüse, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen, Hülsenfrüchte oder Fisch und Meeresfrüchte etwa sind reich an Magnesium.
Genügend trinken
Treten Krämpfe öfters in der Nacht auf, also in Ruhephasen, und sind sie sehr schmerzhaft, können Chinin-Präparate helfen. Diese sollten aber ausschliesslich in Absprache mit einer Fachperson eingenommen werden. Denn schwangere Frauen und Menschen mit Herzrhythmusstörungen sind beispielsweise von entsprechenden Medikationen ausgeschlossen. Was auch hilft, ist Gurkenwasser: jene Flüssigkeit also, in der saure Gurken in ihren Einmachgläsern harren. Empfohlen wird ein Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht.
Wo die Wirkkraft herrührt, weiss man nicht schlüssig. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten, dass die salzig-essighaltige Flüssigkeit die Muskeln generell positiv stimuliert und dazu führt, dass sie sich besser entkrampfen. Fazit: Wer regelmässig die Wadenmuskulatur dehnt, passende Schuhe trägt, genügend trinkt, auf Kälteschocks beim Baden verzichtet und sich darüber hinaus ausgewogen ernährt, wappnet sich meist gegen Muskelkrämpfe. Die Beine können uns so locker durchs Leben tragen.
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