Ernährungsberaterin Jelina Linder erklärt im Interview, wie sich Bitterstoffe auf die Gesundheit auswirken – und sogar in der Krebsbehandlung Verwendung finden.
Text: Franz Ermel
Warum sollte ich Bitteres essen, wenn mein Körper sagt: Wäääh? Weil sich unsere Geschmacksknospen erst an den bitteren Geschmack gewöhnen, wenn wir diesen regelmässig essen. Nur weil wir etwas nicht gern haben, heisst das nicht, dass es für den Körper nicht gut ist.
Bitterstoffe wurden in den letzten Jahrzehnten zunehmend aus den Gemüsen herausgezüchtet. Ist das ein Problem? Ja, das ist sehr schlecht, weil wir mit den natürlichen Bitterstoffen auch einen grossen Teil der Antioxidantien weggezüchtet haben.
Was heisst das? Antioxidantien helfen unserem Körper, Entzündungen zu bekämpfen, und sie beeinflussen das Immunsystem positiv.
Spielen sie auch in der Krebstherapie eine Rolle? Durchaus. Unsere Patientinnen und Patienten haben wegen der starken Medikamente oft Probleme mit der Leber. Hier unterstützen wir mit Bitterstoffen. Anderseits setzen wir sie als Appetitanreger ein, weil Krebstherapien vielen den Appetit nehmen.
Wie kann ich Bitterstoffe zu Hause in meine Ernährung einbauen? Am besten überlegen Sie sich, welche bitterstoffhaltigen Lebensmittel Sie bereits auf dem Speiseplan haben. Vielleicht können Sie die ja noch etwas regelmässiger zu sich nehmen. Und sie nach und nach mit weiteren Lebensmitteln ergänzen.
Zum Beispiel? Etwa mit Baumnüssen, die zusätzlich viele Omega-3-Fettsäuren enthalten – so kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Was auch ein guter erster Schritt ist: einfach Sprossen und Kerne über den Salat und andere Speisen streuen. So muss man die Gerichte an sich überhaupt nicht verändern.
Kann ich Bitterstoffe auch einfach als Tropfen zu mir nehmen? Es kommt darauf an, ob man Bitterstoffe präventiv oder therapeutisch einsetzt. In der Therapie sind Tropfen eine gute Möglichkeit, weil die Bitterstoffe massiv höher dosiert sind als in Lebensmitteln.
Besteht die Gefahr einer Überdosierung? Man kann sie tatsächlich überdosieren, was sich in Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall zeigen kann. Man sollte bei einem neuen Produkt immer mit einer kleinen Dosis starten oder die Tropfen stärker verdünnen.
Wie profitieren ältere Menschen von Bitterstoffen? Im Alter nehmen Appetit und Durstgefühl ab. Dem wirken Bitterstoffe entgegen. Aber auch bei chronischen Erkrankungen wie etwa Diabetes können sie helfen – sie wirken sich positiv auf Verdauungsenzyme und das Darmmikrobiom aus. Aber natürlich immer in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung.
Dann kann ich mir zwischendurch auch mal einen Magenbitter genehmigen? Aus medizinischer Sicht würde ich das nicht empfehlen, einfach weil der Alkohol viel negativer ins Gewicht fällt als die positiven Effekte der Bitterstoffe.
Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».
Um diese Website optimal bereitzustellen, verwenden wir Cookies.
Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Erfahren Sie mehr in der
Datenschutzerklärung.