Im Volksmund als Raucherlunge bezeichnet, zählt COPD zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Allein in der Schweiz leiden über 400’000 Menschen an der Krankheit. Wir haben zwei Betroffene besucht.
Text: Franz Ermel
Eigentlich war Markus Frey (73) im Frühsommer 2024 wegen seiner Schlafapnoe zum Arzt gegangen: Sie hatte sich in letzter Zeit verschlimmert, in der Nacht setzte sein Atem immer häufiger aus, am Morgen fühlte er sich todmüde und musste sich oft schon nach dem Frühstück wieder hinlegen.
Zur vertieften Abklärung überwies die Hausärztin den ehemaligen Lehrer aus Lungern OW an einen Pneumologen. Dieser diagnostizierte bei Frey zusätzlich zu seiner Schlafapnoe eine chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD).
Rauchen ist Risikofaktor Nummer eins
Der Volksmund nennt die Krankheit «Raucherlunge», über 400’000 Menschen in der Schweiz sind betroffen. Wer an COPD leidet, muss mit der dauerhaften Verengung (Obstruktion) der Atemwege leben, ähnlich wie bei Asthma ist vor allem das Ausatmen erschwert – als Folge der Überblähung der Lunge. Die Hauptsymptome sind Husten, Atemnot und Auswurf.
Markus Frey kannte die Symptome schon lange vor der Diagnose. Zuweilen musste er auf dem kurzen Weg von seiner Wohnung zum Bahnhof innehalten, weil er zu wenig Luft bekam. Auch ein hartnäckiger Husten begleitete ihn seit Jahren. «Er hustete manchmal mitten in einem Wort», sagt seine Frau Margrith (72).
Rauchen ist Risikofaktor Nummer eins für die Entwicklung von COPD. Entsprechend ist ein Rauchstopp für die Prävention und Therapie entscheidend. Markus Frey hörte nach der Diagnose von einem Tag auf den anderen mit Rauchen auf – nach vierzig Jahren. Nur drei Tagen später fragte ihn seine Frau plötzlich: «Hast du eigentlich gemerkt, dass du kaum noch hustest?» Ärzte unterteilen bei COPD vier Schweregrade. Markus Freys ist zurzeit im Stadium 2. Noch ist er im Alltag nicht stark eingeschränkt.
Ein Leben am Sauerstoffgerät
Ganz anders dagegen Charlotte Diggelmann (74) aus Pfäffikon ZH. Sie hat COPD im letzten Stadium 4. Sie geriet schon bei der kleinsten körperlichen Anstrengung völlig ausser Atem, als sie im Dezember 2023 endlich – und notfallmässig – zum Arzt ging. Sie erinnere sich gut, sagt sie im Gespräch, wie sie für die hundert Meter vom Parkplatz zur Praxis fast eine halbe Stunde benötigt habe.
Als der Arzt ihre Lungenwerte testete, glaubte er zuerst, sein Messgerät sei kaputt. «Es lag aber nicht am Gerät, ich war kaputt», sagt sie. Umgehend wurde sie ins Spital eingewiesen. Es folgten zwei Wochen Reha in Wald ZH. Seither ist Charlotte Diggelmann fast rund um die Uhr auf zusätzlichen Sauerstoff angewiesen.
Heute lebt sie wieder zu Hause und besitzt zwei Sauerstoffgeräte – «Kübel», wie sie sie nennt: für daheim ein stationäres Modell, wuchtig wie ein Reisekoffer, und ein akkubetriebenes in Handtaschengrösse für unterwegs. Sie sind im Unterhalt nicht ganz gratis: Frau Diggelmann musste letztes Jahr 800 Franken Strom nachbezahlen. «Es ist nicht ganz einfach, ich lebe von der AHV», sagt sie. Kommt dazu: Jeder Ausflug, jeder Einkauf, jeder Arztbesuch muss geplant werden, damit ihrem Gerät nicht plötzlich der Strom und ihr der Sauerstoff ausgeht. «Meine Freiheit ist stark eingeschränkt», resümiert Charlotte Diggelmann, um gleich anzufügen: «Aber es ist, wie es ist.»
Behandlung beruht auf zwei Säulen
Markus Frey hat eine ehemalige Arbeitskollegin, die ebenfalls COPD hat und schon seit längerem auf Sauerstoff angewiesen ist. Sie ist gewissermassen sein Menetekel: So weit möchte er es in seinem Fall nicht kommen lassen. Er will sich seiner Krankheit stellen und sie therapieren.
In der Behandlung gebe es zwei Säulen, sagt Alexander Turk, Facharzt für Pneumologie und Präsident von Lunge Zürich: «Verhindern von Lungenattacken und Lindern der Atemnot». Bei einer Lungenattacke, die etwa durch eine banale Erkältung oder durch Covid ausgelöst werden kann, verschlechtern sich die Symptome schubartig und das Fortschreiten der Krankheit beschleunigt sich.
Auf diesen beiden Säulen baut auch das Programm «Besser leben mit COPD» auf, das Turk mitentwickelt hat. Es ist ein Selbstmanagement-Coaching, das Betroffenen hilft, den Umgang mit COPD nachhaltig zu verbessern. Lunge Zürich und die Lungenligen in der ganzen Schweiz führen für Patientinnen und Patienten entsprechende Schulungen durch.
Umgang mit COPD lernen
Auch Markus Frey hat durch die Lungenliga Zentralschweiz von dem Kurs erfahren und ihn zusammen mit seiner Ehefrau besucht. An sechs Vormittagen haben sie gelernt, wie man der Krankheit am besten begegnet: wie man die Atmung unterstützen kann, was bei akuter Atemnot zu tun ist, warum viel Bewegung die Lebensqualität erhöht.
Markus Frey weiss, dass es keine Aussicht auf Heilung gibt, wohl aber die Chance, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten und die Lebensqualität zu verbessern.
Charlotte Diggelmann hat sich bisher gegen das Programm entschieden. Sie erhielt im Herbst 2024 vier Ventile in ihre Lunge eingesetzt, die die Überblähung lindern. An guten Tagen kann sie inzwischen für mehrere Stunden ohne zusätzlichen Sauerstoff sein.
Auch Charlotte Diggelmann wird mit der Krankheit leben müssen. Aber kleine Freiheiten will sie sich zurückerobern. Vor ihrem Haus hat sie vor Jahren einen Rosengarten angelegt. Den möchte sie im kommenden Frühling und Sommer wieder pflegen.
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