Pneumologe Alexander Turk erklärt im Interview, was das Tückische an der Lungenkrankheit COPD ist, wie sich sich von Asthma unterscheidet – und warum die Politik für deren Bekämpfung noch mehr tun könnte als die Medizin.
Text: Franz Ermel
Kann ich in jedem Alter COPD bekommen?
Ja. Typischerweise trifft es Menschen ab 40 bis 50 – also in einem Alter, in dem man seine Raucherkarriere schon hinter sich hat. Der Schaden ist dann angerichtet. Die Lunge erholt sich leider nicht wie etwa die Haut.
Ein Rauchstopp ist also für Prävention und Therapie gleichermassen entscheidend?
Ja, ganz klar. Das Traurige ist, dass in der Schweiz immer noch so viele Leute rauchen und dass die ganze Tabakprävention mehr oder weniger gescheitert ist. Es ist letztlich unsere Politik, die das nicht will – das Tabakproduktegesetz ist ein zahnloser Tiger.
Hilft bei der Tabakentwöhnung die Umstellung auf E-Zigaretten?
Man kann versuchen, mit E-Zigaretten vom Rauchen wegzukommen, es ist von den Inhaltsstoffen her ziemlich sicher weniger schädlich. Aber es hat auch dort Stoffe drin, die definitiv nicht in die Lunge gehören, und über die Langzeitfolgen weiss man noch zu wenig.
Wie unterscheiden sich COPD und Asthma?
Asthma ist neben COPD die zweite weit verbreitete Lungenerkrankung, die chronisch und nicht heilbar ist. Entscheidend ist: Asthma lässt sich besser behandeln als COPD. Betroffene mit allergischem saisonalem Asthma zeigen häufig ausserhalb der Pollensaison kaum Symptome. COPD-Patienten haben dagegen immer Symptome.
Begünstigen sich die beiden Krankheiten?
Nein, nicht in dem Sinn, dass Asthmatiker eher COPD entwickeln würden. Aber die beiden Krankheiten verstärken sich gegenseitig, wenn sie zusammen auftreten. Und das ist leider gar nicht so selten der Fall. Man spricht dann von einem Asthma-COPD-Overlap.
Kommt COPD mit anderen Krankheiten zusammen gehäuft vor?
Ja, vor allem mit Herzgefäss-Erkrankungen, Schlaganfall und Osteoporose, die alle mit ähnlichen Risikofaktoren wie COPD einhergehen. Daneben gibt es Korrelationen mit Depressionen und Angststörungen.
Wie das?
Atemnot ist ein sehr unangenehmes Gefühl, das Angst und Panik auslöst. COPD-Betroffene vermeiden deshalb Situationen, die Atemnot hervorrufen. Sie nehmen zum Beispiel statt der Treppe den Lift. Wenn ich aber nicht mehr Treppen steige, vermindere ich meine Kondition. Wenn ich meine Kondition vermindere, habe ich noch schneller Atemnot, sobald ich mich körperlich anstrengen muss und so weiter. Man spricht von einer Atemnotspirale. Im Extremfall führt sie dazu, dass sich Patienten sozial isolieren. Angststörungen und Depressionen können die Folgen sein. So raubt einem die Atemnot letztlich die Lebensqualität. Das ist das Tückische an dieser Krankheit.
Alexander Turk ist Lungenfacharzt und Chefarzt der Medizinischen Klinik am See-Spital Horgen ZH. Er ist Präsident von Lunge Zürich.
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