
Gemeinsam erinnern: 1938 bis 1945
Drei Länder, ein Thema: Museen in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz gedenken des Zweiten Weltkriegs 80 Jahre nach dessen Ende – und erinnern daran, wie es den Menschen diesseits und jenseits des Rheins damals erging.
Anbauschlacht, Rationierung, Fluchtgeschichten und eine ständige Bedrohung: Das sind die Erinnerungen der Menschen im Dreiländereck des Rheintals an den Zweiten Weltkrieg. Damals entscheiden oft nur wenige Meter über ein Schicksal: Die Dörfer links des Rheins liegen in der Schweiz, diejenigen rechts in Österreich, das 1938 dem deutschen Reich angeschlossen wurde.
2025, achtzig Jahre nach Kriegsende, haben sich nun zum ersten Mal Museen aus Liechtenstein, Österreich und der Schweiz zu einem gemeinsamen Gedenkprojekt zusammengeschlossen. Verschiedene Ausstellungen unter dem übergeordneten Thema «Gemeinsam erinnern im Rheintal 1938 bis 1945» stellen die Kriegserfahrungen der Bevölkerung ins Zentrum. Obwohl unmittelbar benachbart, erlebten die Menschen links und rechts des Rheins den Krieg ganz unterschiedlich und erinnert sich bis heute unterschiedlich an diese Zeit.
Auf beiden Seiten pflegt man gewisse Erinnerungen gern, andere verschweigt man lieber. So etwa, wie man mit den vielen Tausend Geflüchteten umging, die über den Rhein die sichere Schweiz erreichen wollten. Darunter waren viele Jüdinnen und Juden, aber auch politische Gegner:innen der Nazis, Deserteure, Kriegsgefangene sowie Zwangs- und Fremdarbeiter:innen aus dem Osten. Wo sie Rettung erhofften, erwartete sie jedoch oft Abweisung oder ein jahrelanger Kampf um Asyl.

Der Krieg als ständige Bedrohung – links und rechts des Rheins
In Liechtenstein war die Zukunft des Ländles als unabhängiger Staat ungewiss. Das neutrale Land ohne Armee schwebte ständig in Gefahr. Mit seinen 11’000 Einwohnern lag es zwischen dem kriegführenden Deutschland und der bewaffnet neutralen Schweiz. An die Eidgenossenschaft konnte man sich anlehnen. Doch von Deutschland her drohte der Anschluss, den auch einheimische Anhänger:innen des Nationalsozialismus anstrebten und damit die Gesellschaft spalteten.

Auch das Leben im Schweizer Grenzgebiet war schwierig. Womit die Fenster verdunkeln? Wohin flüchten bei einem Einmarsch? Im St. Galler Rheintal, nahe der Grenze, lebte die Bevölkerung zwar kriegsverschont, doch die Bedrohung war immer spürbar. Der Schatten des Krieges war ein ständiger Begleiter im Alltag der Menschen.
Hatte die Schweiz 1989 noch als einziges europäisches Land fünfzig Jahre Mobilmachung und damit den Beginn des Krieges gefeiert, schloss sich das Land im neuen Jahrtausend dem internationalen Gedenken an die Shoah an. Im Zuge dessen wurden auch ehemalige Fluchthelfer:innen aus dem Rheintal rehabilitiert. Im alten Zollhaus von Diepoldsau gleich an der Grenze ist ein Vermittlungszentrum geplant, das an die Schicksale geflüchteter Menschen erinnern soll.
Verbinden statt trennen
Die Wiederbelebung regionaler Geschichten im Dreiländereck will eine Verbindung schaffen zwischen dem Gestern und dem Heute. Die länderverbindende Erinnerungskultur soll Grenzen überwinden und die Gemeinschaft stärken, anstatt das Trennende zu betonen.
In einer Welt, die von Konflikten, Flucht und sozialen Spannungen geprägt ist, wollen die Museen dafür sorgen, dass die Geschichte nicht vergessen geht. Mit ihrem Gemeinschaftsprojekt zeigen sie, wie nah die Ereignisse von 1938 bis 1945 auch heute noch sind. Indem die Ausstellungen das Schicksal der Menschen vor Ort wieder sichtbar machen, können Besucherinnen und Besucher nachvollziehen, wie sich die «grosse Geschichte» von damals auf das persönliche Umfeld der Rheintalerinnen und Rheintaler auswirkte und teilweise bis heute auswirkt. Denn die Geschichte dieser Region, so machen sie deutlich, ist ein Spiegel der globalen Herausforderungen.
Drei Ausstellungen und ein Veloweg
Ausstellungen des Projektes «Gemeinsam erinnern im Rheintal. 1938-1945»
- «Im Schatten des Krieges. Alltag im Rheintal» noch bis Ende Januar 2027 im Museum Prestegg in Altstätten SG.
- «Nah am Krieg. Liechtenstein 1939 bis 1945» noch bis am 11. Januar 2026 im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz.
- «Rettende Schweiz? Fluchtversuche im Rheintal»: Die durch das Jüdische Museum Hohenems kuratierte Ausstellung ist noch bis Ende Januar 2027 im Museum Prestegg in Altstätten SG zu sehen.
- «Entlang der Grenze»: Der seit 2022 bestehende Hörradweg zwischen Lindau (D) und Partenen (A) des Jüdischen Museums Hohenems mit Audiostationen wurde 2025 mit weiteren Fluchtgeschichten ergänzt. www.ueber-die-grenze.at
Verschiedene Lokalmuseen beteiligen sich mit Veranstaltungen am Projekt.