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Entenhausen ade 3. Februar 2025

Die langjährige Zeitlupe-Redaktorin Usch Vollenwyder erzählt alle zwei Wochen aus ihrem Alltag im bernischen Gürbetal. Heute: von Comics und grossmütterlichen Segenswünschen.

Wenn die grosse Kleine mit ihren Eltern in die Ferien fährt, bekommt sie von uns jeweils ein Comic geschenkt. «Neues aus Entenhausen» zum Beispiel, «Entenhausen-Stars», etwas von Donald Duck oder Daisy Duck, eine Enten- oder Maus-Edition. Jetzt stehen die Skiferien an, und ich bin ziemlich ratlos. Sie ist definitiv aus dem Alter von Goofy, Tick, Trick und Track und Onkel Dagobert rausgewachsen. Ein Wendy-Comics? Aber sie interessiert sich überhaupt nicht für Pferde. Ich stehe unschlüssig in der Buchhandlung vor den entsprechenden Regalen. Was schenkt man einer Zwölfjährigen? 

Erst noch kuschelte sie sich auf meinen Schoss und liess sich in die Welt von Jorinde und Joringel oder Hans im Glück entführen. Wenn sie jetzt für einen kurzen Besuch zu uns hochkommt, setzt sie sich höchstens noch neben mich auf die Lehne des Sessels, und ich kann ihr den Arm umlegen. Meist ist jetzt sie es, die etwas zu erzählen hat: vom Sport, den Wettkämpfen, von den Tests, Projekten und Vorträgen in der Schule und von den Jungs. Diese Jungs! Sie rollt die Augen. «Die sind immer noch sooo laut und doof wie früher.» Trotzdem seien in ihrer Klasse jetzt immer mehr Jungs und Mädchen zusammen. 

Der Weg zur Teeny-Zweisamkeit scheint einfach: «Man fragt einander, ob man zusammen sein will», klärt sie uns auf. Manchmal schenke ein Mädchen seinem Auserwählten ein Haargummi. Nehme er es an, bedeute das ein Ja. Genauso schnell kann man einander aber auch wieder loswerden. Da genügt scheinbar ein «Ich will nicht mehr». Die grosse Kleine erzählt: «Als der Adrian die Astrid nicht mehr wollte, hat diese sich heulend im WC eingeschlossen.» Und der Lehrer sei vor der Tür gestanden und habe eine halbe Lektion lang vergebens versucht, sie wieder herauszulocken. 

Ja, und dann dieser Pubertäts-Workshop, meint sie und rollt wieder die Augen. Der Lehrer habe eine Menge Bücher gebracht, zum Beispiel «Das Begleitbuch vom Mädchen zur Frau». Das würden aber vor allem die Jungs anschauen und dabei immer nur grinsen. Ausser Linus. «Der interessiert sich nur für Traktoren. Immer nur für Traktoren! Für ihr Reifenprofil, die Radkappen, für ihre PS und wieviel sie kosten.» Für diesen Pubertäts-Workshop übrigens würden Leute von aussen kommen, eine Frau für die Mädchen und ein Mann für die Knaben. «Stell dir vor, die Lehrer können das nicht einmal selber machen!» Sie ist ganz aufgebracht, und wieder folgt ein Augenrollen. 

Ob all der Geschichten muss ich laut lachen. Wie sehr hat sich der Alltag unserer grossen Kleinen verändert! Schule und Leichtathletik bestimmen den Rhythmus. Wenn sie frei hat, bleibt sie lange im Bett liegen. Die Dinosaurier-Bücher sind Abenteuer- und Fantasy-Geschichten gewichen. Ihre Finger huschen so schnell über die Handy-Tastatur, dass ich beim Zuschauen nicht mehr nachkomme. Wenn ihre Eltern über Mittag weg sind, kocht sie für sich selber. An die Fasnacht geht sie als Elb-Kriegerin aus «Herr der Ringe» verkleidet. Sie malt und zeichnet und will Illustratorin werden. Aus der Kleinen ist ein junges Mädchen geworden, fast so gross wie ich, mit langen Beinen und einem ungebändigten Krauskopf. 

Ich stehe in der Buchhandlung und weiss definitiv, dass die Zeiten von Micky und Minnie Maus vorbei sein. Schliesslich werde ich mit «Das gläserne Schwert» doch noch fündig: Micky und Goofy sind im Fantasie-Reich namens Asgardland gelandet, das unter der Schreckensherrschaft des Fürsten von Niflheim leidet. Mit Hilfe des gläsernen Schwerts gelingt es den beiden Freunden aus Entenhausen, Asgardland von der Tyrannei zu befreien. 

Wie so oft schicke ich grossmütterliche Segenswünsche zum Himmel: Dass dieses junge Menschenkind behütet bleiben und dereinst das gläserne Schwert für das Gute in der Welt einsetzen möge. 


  • Sind aus ihren Enkelkindern auch Teenies geworden? Wie gehen Sie damit um und worüber geraten sie ins Staunen? Wir würden uns freuen, wenn Sie uns davon berichten oder die Kolumne teilen würden. Herzlichen Dank im Voraus.
  • Hier lesen Sie weitere «Uschs Notizen»

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Beitrag vom 03.02.2025
Usch Vollenwyder

Zeitlupe-Redaktorin
© Jessica Prinz

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