«Crossing» – oder wie man Grenzen überwindet
Im Film «Crossing» macht sich die pensionierte Lia auf nach Istanbul – um ihre Nichte zu suchen, die als Transfrau vor ihrem georgischen Umfeld geflohen ist. Das Werk ist eine Horizonterweiterung.
Text: Fabian Rottmeier
Es ist ein Film über eine Suche, vor allem aber auch über innere Reisen. Nach dem Tod ihrer Schwester beschliesst die pensionierte georgische Lehrerin Lia, ihre Nichte Tekla aufzuspüren. Diese hat sich vor Jahren über Nacht aus dem Staub gemacht, weil sie es als Transfrau in der georgischen Stadt Batumi, am Schwarzen Meer gelegen, nicht mehr aushielt. Sie sei nach Istanbul gereist, hiess es.
Achi, ein arbeitsloser junger Mann aus der Nachbarschaft, begleitet Lia. Er gibt vor, die Adresse der Verschwundenen zu kennen. In Wahrheit packt er bloss die Gelegenheit, seiner Perspektivlosigkeit zu entkommen. Packen? Er hat nichts zu packen.
Bald findet sich das ungleiche Duo im überwältigenden Istanbul wieder – mit einer Jugendherberge als Bleibe. Die türkische Metropole ist eine Ort der Vielfalt, der Gegensätze. Sie pulsiert und bietet auch queeren Menschen Quartiere, in denen sie sich akzeptiert fühlen. Lia und Achi nehmen jede Gelegenheit wahr, um einen Hinweis auf Tekla zu erhalten. Dabei ergeben sich viele Zufallsbegegnungen (mit viel angebotenem Tee). Während Lia die Stadt anfangs nachdenklich und in sich gekehrt wahrnimmt, erlebt Achi die lebensfrohe, jugendliche Seite Istanbuls. Der fremde Ort und die Suche sind ein Abenteuer. Lia nimmt die Grossstadt aber auch als einen Ort wahr, «an den Menschen gehen, wenn sie verschwinden wollen».
Auch Evrim gehört zu ihnen. Die Transfrau arbeitet als Anwältin für eine wohltätige LGBTQI+-Organisation. Der schwedische Regisseur Levan Akin baut seine Geschichte so auf, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer Evrims Alltag erleben, bevor sie auf Lia und Achim trifft und ihnen bei der Suche hilft. Der Film beruht auf einer wahren Geschichte, auf die Akin bei der Recherche zu seinem letzten Film gestossen war.
«Crossing» nimmt die Zuschauenden mit auf eine Reise auf mehreren Ebenen. Man taucht ein in die türkische Gemeinschaft der queeren Menschen, erlebt, wie sich Lia und Achi einander annähern – und Lia ihre Vorbehalte gegenüber Transpersonen überdenken muss. Zusehends legt sie dabei auch die Traurigkeit ab, die sie umgibt.
Regisseur Levan Akin sagt, er habe «einen Film über Solidarität und die kleinen Gesten der Freundlichkeit und des Verständnisses zwischen Fremden und Familie» gemacht. Ausserdem wollte er Räume und Orte zeigen, die in Geschichten aus dieser Region nur selten erforscht würden. Es ist auch ein persönliches Werk geworden: Die Eltern des 44-Jährigen stammen aus Georgien, viele Verwandte leben in der Türkei. Die «TAZ» zitierte ihn mit den Worten, dass er «Crossing» all jenen widme, «die nicht ihr wahres Selbst ausleben können». Er zeigt Istanbul entgegen der weitläufigen westeuropäischen Meinung als offenen Lebensraum – abseits des konservativen türkischen Patriarchats und als Gegenpol zu Präsident Erdogans Politik. Ein wichtiges Zeichen.
«Crossing», Schweden / Dänemark / Frankreich / Türkei / Georgien 2024, 106 Minuten, ab 12. September im Kino
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Einsendeschluss ist der 10. September 2024.
Viel Glück!