Vor 150 Jahren

1873 entstand mit der «Gotthardpost» des Zürcher Malers Rudolf Koller eines der bekanntesten und beliebtesten Werke der Schweizer Kunst.

Die «Gotthardpost» ziert Plakate, Postkarten, Schulbücher, Gedenkmünzen, Tassen, Mausmatten und Porzellanteller und wird auch in der Werbung benutzt. Das Publikum war begeistert. Ihr Schöpfer Rudolf Koller hielt sein Gemälde jedoch nicht für besonders gelungen, bloss der Titel gefiel ihm.

Gemälde von Rudolf Koller: «Die Gotthardpost»
Rudolf Koller «Die Gotthardpost», 1874 © SIK-ISEA, Zürich

Die «Gotthardpost» war ein Auftragswerk der Schweizerischen Nordostbahn als Abschiedsgeschenk für ihren Direktionspräsidenten, den Zürcher Industriellen und Eisenbahnpionier Alfred Escher. Der angefragte Künstler entschied sich für ein Gotthard-Motiv, da Alfred Escher den Bau des Gotthardtunnels entscheidend vorangetrieben hatte.

Die Idee für das Sujet der fahrenden Postkutsche hatte Rudolf Kollers Frau bei einem Aufenthalt auf dem Gotthard-Hospiz. Das Bild entstand in mehreren Schritten, wobei dem Maler für seine Studien ein Pferdegespann zur Verfügung gestellt wurde. Seit 1842 gab es einen regelmässigen Postkutschen-Verkehr mit einem Fünfspänner. Täglich bediente die Kutsche den Kurs von Flüelen am Vierwaldstättersee mit Abfahrt um 8 Uhr morgens über den Pass. Um 7 Uhr am nächsten Morgen traf sie in Camerlata am Südende des Comersees ein. Die Fahrt dauerte somit 23 Stunden. Unterwegs wechselte man zwölf Mal die Pferde.

Der Fortschritt brachte das Ende der Postkutsche

Das Bild zeigt die Postkutsche mit drei Schimmeln vor zwei Braunen in rasender Fahrt die «Tremola» hinunter mit ihren vierundzwanzig imposanten und für viele furchterregenden Serpentinen. Symbolisch soll die rasante Pferdekutsche den Gegensatz zur gemächlichen Kuhherde und damit die Beschleunigung der Verkehrsmittel zeigen. Es steht für den Fortschritt und die Modernisierung, welche die Eisenbahnlinie von Schwyz nach Flüelen Anfang des Jahrzehnts mit sich gebracht hatte. Auch mit dem Bau des Gotthardtunnels war eben begonnen worden. Dabei galt Alfred Escher, der Empfänger des Gemäldes, als treibende Kraft.

Eschers Lebenswerk trug damit entscheidend zum Ende des Postkutschenbetriebs bei. Im Herbst 1881 fuhr die letzte Kutsche über den Gotthard, im Frühjahr 1882 wurde der Eisenbahntunnel eröffnet. Tourist:innen können heute Passfahrten in einem originalgetreuen Postkutschen-Nachbau buchen. Die einzige erhaltene originale Gotthardkutsche steht im Eingang des Landesmuseums in Zürich. Alfred Eschers Familie schenkte das Gemälde 1898 dem Zürcher Kunsthaus.

Originale Gotthardkutsche vor dem Landesmuseum Zürich.
Originale Gotthardkutsche vor dem Landesmuseum Zürich.© creative commons
Beitrag vom 20.01.2023

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