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Verkehrsunfall mit einem Tier: Wie verhält man sich richtig?  

Wer ein Tier anfährt und es einfach liegen lässt, handelt nicht nur verantwortungslos, sondern macht sich möglicherweise auch wegen Tierquälerei strafbar. Tipps, was bei einem Unfall zu tun ist.

Verkehrsunfälle mit Tieren sind in der Schweiz leider keine Seltenheit. Es ist verständlich, dass viele Menschen nach einem Unfall mit einem Tier unter Schock stehen und oftmals erscheint es als die einfachste Lösung, das verletzte Tier einfach liegen zu lassen. Wer allerdings so handelt entzieht sich seiner Verantwortung als Verkehrsteilnehmer und macht sich möglicherweise zusätzlich noch wegen einer Tierquälerei strafbar.

Fallbeispiel:

Im Kanton Bern überfuhr kürzlich eine junge Frau mit 70 km/h einen Hund, der mit seinem Halter auf einem Spaziergang unterwegs war. Obwohl die Lenkerin den Zusammenstoss bemerkte, unterliess sie es, anzuhalten, dem Tier Hilfe zu leisten und die Polizei zu verständigen. Der Hund verstarb noch auf der Unfallstelle. 

Die Frau wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft wegen Widerhandlung gegen das Tierschutz- und das Strassenverkehrsgesetz zu einer bedingten Geldstrafe von 1440 Franken mit einer Probezeit von zwei Jahren verurteilt. Eine Busse von 760 Franken sowie die Verfahrenskosten im Umfang von 500 Franken muss die verurteilte Verkehrsteilnehmerin sofort bezahlen. 

So verhält man sich richtig:

Wer im Strassenverkehr ein Heimtier anfährt, muss sofort anhalten, die Unfallstelle mit einem Pannendreieck sichern und sich um das verletzte Tier kümmern, ohne sich selbst zu gefährden. Das verletzte und unter Schock stehende Tier sollte am besten mit einer Decke zugedeckt werden, damit es nicht panikartig die Flucht ergreift. Zudem muss der Unfall unverzüglich gemeldet werden, und zwar wenn möglich dem Eigentümer des verletzten oder getöteten Tieres, auch wenn solche Hiobsbotschaften natürlich nur ungern überbracht werden.

Häufig kann die tierhaltende Person aber nicht unmittelbar ausfindig gemacht werden, sodass der Unfall der Polizei zu melden ist. Diese Meldepflicht besteht von Gesetzes wegen; wer sich nicht daran hält, macht sich wegen eines Verstosses gegen das Strassenverkehrsrecht strafbar. Bei gechippten Hunden oder Katzen kann die Polizei den Halter oder die Halterin ausfindig machen und informieren.

Bei Kollisionen mit Wildtieren muss ebenfalls unverzüglich der Wildhüter beziehungsweise Jagdaufseher oder die Polizei verständigt und am Unfallort deren Eintreffen abgewartet werden. Tote Tiere sind möglichst von der Strasse zu entfernen, damit andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden. Ist ein Tier lediglich verletzt, sollte man sich ihm hingegen auf keinen Fall nähern, weil dies seine Angst und seinen Stress zusätzlich verstärken und zu weiteren unerwarteten Reaktionen führen kann. Die Polizei bietet sofern nötig die erforderlichen Spezialisten auf, um verletzte Tiere zu pflegen und allenfalls von ihren Leiden zu erlösen oder tote Tiere fachgerecht zu entsorgen.

Ein Unfall muss auch dann gemeldet werden, wenn ein verletztes Wildtier geflohen ist. Dieses könnte sich sonst entkräftet in ein Versteck zurückziehen und allenfalls erst Tage später unter grossen Qualen verenden. Wichtig ist deshalb, die Unfallstelle zu markieren, um dem Wildhüter die Suche mit einem sogenannten Schweisshund zu erleichtern. Auf keinen Fall darf ein totes oder verletztes Tier nach einem Unfall einfach mitgenommen werden; dies wäre strafbar. Wildtiere dürfen nicht ohne Weiteres privat gehalten werden, auch dann nicht, wenn man sie in guter Absicht pflegen möchte.

Die Missachtung der Meldepflicht im Zusammenhang mit Unfällen mit Tieren ist kein Kavaliersdelikt. Verkehrsteilnehmende stehen in der rechtlichen und moralischen Pflicht, Unfälle mit Tieren umgehend zu melden und das dadurch verursachte Tierleid auf ein Minimum zu beschränken. Fährt ein Automobilist einfach weiter, anstatt ein von ihm angefahrenes Heimtier zum Tierarzt zu bringen oder den Wildhüter oder die Polizei zu verständigen, muss dieser zusätzlich mit einem Strafverfahren wegen Tierquälerei durch Unterlassen rechnen. 

Stiftung für das Tier im Recht (TIR) – Rat von den Experten:

Haben Sie Fragen rund um das Tier im Recht? Kontaktieren Sie uns unter info@tierimrecht.org oder unter der Telefonnummer 043 443 06 43. Weitere Informationen finden Sie unter www.tierimrecht.org.

Beitrag vom 20.05.2025
Christine Künzli

MLaw, stv. Geschäftsleiterin und Rechtsanwältin Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

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