© Dominic Plüss

«Mein Jungbrunnen? Die Freude am Leben!»

Auf ein besonderes Ensemble für neue Theater-Produktionen setzt das «Kulturhuus Häbse» in Basel: Alle sechs Profi-Künstlerinnen und -Künstler sind über 65. Am meisten Bühnenerfahrung unter ihnen hat Hedy Kaufmann vorzuweisen – 77 Jahre!

Text: Marco Hirt

Premiere für die «Golden Girls & Boys» in Basel: Ausschliesslich gestandene Profis aus Schauspiel und Musik, die nicht mehr die Jüngsten sind, stehen vom 19. bis 29. September auf der Bühne des «Kulturhuus Häbse». «Die Dritte – Die goldigi Generation» heisst denn auch das neue Ensemble, das Theaterbesitzer Dani von Wattenwyl ins Leben gerufen hat. «Der schrullige Opa oder die tollpatschige Tante: Ältere Schauspielerinnen und Schauspieler bekommen fast immer nur die ewig gleichen Nebenrollen, selten sind es solche mit einer gewissen Ernsthaftigkeit», erklärte er in der «Basler Zeitung». Der 51-Jährige «TeleBasel»-Moderator hat vor zwei Jahren das Kulttheater «Häbse» übernommen, steht dort ebenfalls sehr erfolgreich auf der Bühne und verfasst auch selber Komödien.

Turbulente Wohngemeinschaft

Im Stück «Wenn’s Chaos zweimol lüttet» kommen nun aber alle, die über 65 sind, gleichwertig zum Zug. «Jede und jeder ist wichtig», sagt Dani von Wattenwyl, der das englische Boulevardstück, das von Charles Lewinsky ins Schweizerdeutsche übersetzt wurde, neu überarbeitet hat. Die WG zweier gänzlich unterschiedlicher Damen wird gehörig aufgemischt – dafür sorgen ein Ex-Liebhaber, ein Helfer der Hausverwaltung, eine Tochter und eine verwirrte Seniorin. Chaos eben!

Hedy Kaufmann – ein Muss bei den «Goldige»

Mittendrin: Hedy Kaufmann, die von allen am meisten Bühnenerfahrung hat. 77 Jahre! Sie ist schon fleissig daran, den Text einzuüben. «Wenn die Proben am 19. August starten, will ich, dass dieser auch sitzt.» Was ihr, wie die 89-Jährige nebenbei sagt, überhaupt nicht schwerfalle. »Ich liebe das Auswendiglernen.» Als Zwölfjährige trat die Baslerin erstmals auf – in einem Stück der Märchenbühne, die ihr Vater betrieb. Und die Liebe zum Theater liess sie fortan nicht mehr los.

Ist die Bühne eine Art Jungbrunnen für sie? «Nein», meint Hedy Kaufmann klar.» Wenn ich aufstehe, habe ich einfach Freude am Leben, mit oder ohne Bühne. Zudem ist mir nie langweilig, es läuft bei mir immer so viel.» Sowieso sei doch das Leben irgendwie auch ein Theater, fügt sie schmunzelnd hinzu. »Aber natürlich liebe ich die Bühne, die Schauspielerei. Und Dani von Wattenwyl – er ist das Beste, was man sich wünschen kann.» Keine Frage also, dass es kein Überlegen gab bei seinem Angebot mit der «Goldige Generation». «Ich freue mich auf jede Rolle, die ich spielen darf. Ob klein oder gross. So kann ich immer zeigen, was ich draufhabe.» Schon gebucht ist sie wiederum als Ensemble-Mitglied der Vorfasnachtsveranstaltung «Mimösli» Anfang 2025. «Ich bin ja noch jung!» Übrigens ist es die 32. Ausgabe – und bei jeder war Hedy Kaufmann dabei.

Rundum zufrieden

Dass bei ihr oft das Alter hervorgehoben wird, sie auf eine Zahl reduziert werden könnte, kümmert sie nicht. «Ich habe gelernt, damit umzugehen, da es halt passiert. Wenn ich allerdings auf der Strasse angesprochen werde, ist es kein Thema, welchen Jahrgang ich habe. Da werde ich für meine Auftritte gelobt – und das tut gut.« Bestimmt wird jeweils auch gefragt, wie sie es denn mache, so fit und gutaussehend zu bleiben? «Oh ja, das höre ich oft. Dabei weiss ich es doch gar nicht! Ich bin halt immer unterwegs und in Bewegung, wohne im dritten Stock, ohne Lift, habe tolle Menschen um mich herum, löse leidenschaftlich gern Kreuzworträtsel – und bin zufrieden mit mir.» Und ganz wichtig für Hedy Kaufmann: ihre Familie.» Meine drei Töchter und meine Enkelkinder sind das Grösste, mein Ein und Alles.» Wenn es ihnen mal nicht gut gehe, sei das fürchterlich. Und nur dann fällt es ihr schwer, wenn der Vorhang sich öffnet, sie aber zu sich sagt: «The Show Must Go On.»

© Kulturhuus Häbse

Gut zu wissen

«Wenn’s Chaos zweimol lüttet» wird vom 19. bis 29. September 2024 im Basler «Kulturhuus Häbse» gespielt (Infos/Tickets: haebse.ch). Eine Wiederaufnahme ist für Frühling 2025 geplant.

 Sie gehören zur «Goldige Generation»:

  • Hedy Kaufmann (89), die seit Anfang der 90er-Jahre im Basler Häbse-Theater zum Ensemble gehört (u.a. «Mimösli» und Komödien), spielte auch bei der „DinnerKrimi»-Theatertruppe mit.
  • Peter Richner (82), der einst nationale Bekanntheit als «Tagesschau»-Sprecher erlangte, sich jedoch auch als Schauspieler in vielen Produktionen (u.a. «Pfyfferli») einen Namen machte.
  • Sylvia Bossart (76), die lange auf deutschen Theaterbühnen auftrat, später in der Schweiz dann wieder in diversen Rollen zu sehen war.
  • Rinalda Caduff (72), die einst die TV-Sitcom «Café Bâle» aufmischte, nebst der Schauspielerei auch als Sängerin («Rinaldaband») und Tänzerin tätig ist.
  • Walter Aeppli (67), der als Sänger und Gitarrist der Mundartband «Diefflieger» – und deren Chef seit über 30 Jahren – ein Begriff ist.
  • Susi von Lindenau-Huber (65), die in Deutschland an Theatern und im TV («Sturm der Liebe») erfolgreich war.
Beitrag vom 25.07.2024

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