Adrenalin(e) fürs Gallier-Dorf
Sechzigjährig sind Asterix und Obelix dieses Jahr geworden. Im neusten Band jedoch spielt statt der alten Männer eine junge Frau die Hauptrolle: die Tochter des Vercingetorix.
Mehr Junge, mehr Frauen – nicht nur im Schweizer Parlament, sondern auch bei Asterix und Obelix. Sechzig Jahre nachdem 1959 der erste Band erschien, steht sie ganz in Greta-Manier stark und trotzig auf dem Cover: Adrenaline. Die bisher verheimlichte Tochter des Gallierhäuptlings Vercingetorix erhielt von ihrem Vater als kleines Mädchen nach der – von den Galliern gern verdrängten – Niederlage in der Schlacht bei Alesia den Wendelring umgehängt. Da der Sieger Caesar diesen für ein gefährliches Symbol hält, um das sich gallische Rebellen scharen könnten, ist er auf der Jagd nach dem Ring und dessen Trägerin. Wer könnte diese Schätze besser beschützen als das kleine gallische Dorf der Unbesiegten?
Asterix und Obelix werden also zu Bodyguards und Adrenaline macht ihrem Namen alle Ehre. Zu einem rebellischen Teenager herangewachsen, die sich nichts aus Mädchenkleidern macht und am liebsten «gotische Klamotten» trägt, bringt die junge Frau das von den bekannten männlichen Helden beherrschte Dorf ganz schön durcheinander. Gemeinsam mit den Dorf-Teenagern Aspix und Selfix, den Söhnen der sich dauerprügelnden Gewerbler Verleihnix und Automatix, hängt sie am liebsten im Hinkelsteinbruch ab oder widmet sich ihrem Lieblingshobby: Ausbüxen!
Die junge Rebellin macht sich nämlich gar nichts aus der kriegerischen Erbschaft ihres Vaters, die Gallier erneut zu vereinen und das Land zurückzuerobern. Viel lieber möchte sie sich auf einer fernen Insel weit weg vom Waffengetöse elternloser Kinder annehmen. Mit Hinkelsteinen und Zaubertrank, den «Stützen des Wildschweinesystems», wollen die Jungen nichts mehr zu tun haben und sorgen sich stattdessen um die leergejagten Wälder und den Müll im Meer. Obelix, dessen Versuch, sich unauffällig unter die Jugendlichen zu mischen, misslingt, muss zu seinem Entsetzen vernehmen, dass Zaubertrank vielleicht dick macht …
Fünf Millionen Exemplare beträgt die Startauflage des 38. Asterix-Albums, des vierten aus der Feder des Duos Jean-Yves Ferri und Didier Conrad. Das Buch erscheint zeitgleich in 15 Sprachen und dreissig Ländern. Neben den beliebten «alten» Helden, deren Puls Adrenaline gehörig in die Höhe treibt, führen die Autoren auch neue Figuren ein: Miesetrix, den gallischen Verräter, die Arvernerhäuptlinge und Pflegepapas Adrenalines, Mausklix und Monolitix, oder den Galeerenkommandaten Flocircus und seinen gotischen Adoptivsohn Ludwikamadeus.
Zeichnerisch ist das neue Album ein Genuss. Die Story ist vielleicht nicht allzu spektakulär und die Idee, moderne Themen und Figuren in die klassische Asterix-Welt einzubauen, manchmal eine Herausforderung. Sonst aber fehlt es nicht an den liebgewonnenen Zutaten und üblichen Verdächtigen für einen erfolgreichen neuen Band: Haufenweise Prügeleien und vermöbelte römische Legionäre, ein sinkendes Piratenschiff, witzige Wortspiele, liebevolle Details, historische Anspielungen, Zitate aus früheren Bänden für eingefleischte Asterix-Fans sowie ein Happy End mit grossem Schlussbankett. Troubadix übrigens gilt unter Jungen als cool: Den mag auch keiner und er macht echt schräge Musik …
Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: Die Tochter des Vercingetorix. Asterix Band 38, Egmont Verlag Berlin 2019, 48 Seiten, ca. CHF 18.–. www.egmont.de, www.asterix.com