
Späte Rache
TV-Tipp: In der rabenschwarzen Komödie «Ich lasse mir nichts mehr gefallen» bricht eine französische Rentnerin zu einem persönlichen Rachefeldzug auf. Erfrischend!
Text: Claudia Senn
Die Seniorin Emilie (gespielt von Yolande Moreau, der Concierge aus «Amélie») ist, um es mal deutlich auszudrücken, am Arsch. Nachdem ihr Sohn Alain an Dickdarmkrebs verstorben ist, steht auch ihre Existenz auf dem Spiel. Denn Alain war stets für das Zimmer im Altersheim aufgekommen, das Emilie bewohnt. Und nun, wo er tot ist, wird sie von der Heimleiterin stante pede vor die Tür gesetzt. Die Ex ihres verstorbenen Sohnes ist leider auch keine Hilfe, denn deren neuer Partner, ein windiger Kleinganove, ist bloss darauf aus, die alte Dame auszunehmen.
Rentnerin sinnt auf Rache
Wo also hin? Was soll Emilie tun? Jetzt, wo sie nichts mehr zu verlieren hat, beschliesst die Seniorin, auf den letzten Metern ihres Lebens einen Rachefeldzug zu starten. «Wir haben alle zuviel gekatzbuckelt vor einem Haufen Idioten, die uns das Leben vermiest haben mit ihrer Feindseligkeit und ihren Schikanen» verkündet sie an der Beerdigung ihres Sohnes. Nun gibt es Saures für den fiesen Mobber in der Schule, für die geldgeile Vermieterin und den unfairen Chef. Mit an ihrer Seite ist bald auch Lynda, die nette Putzfrau aus dem Altersheim. Das Frauen-Duo begleicht eine alte Rechnung nach der anderen und ist der Polizei dabei stets einen Schritt voraus. Autos werden zu Schrott gefahren, Männer müssen ihre Genitalien der frischen Luft aussetzen und ja, diese rabenschwarze Komödie macht allerhöchst viel Spass.

Es ist erfrischend, einer Heldin jenseits der 70 zuzusehen, die weder eine liebende Grossmutter spielen muss, noch eine Demenz-Patientin (denn das sind die beiden Rollen, die das Kino normalerweise älteren Schauspielerinnen zugedacht hat), sondern eine Kämpferin, die nicht auf den Mund gefallen ist und ihren Impulsen so hemmungs- und rücksichtslos nachgibt wie ein testosterongetriebener Mann. Politische Korrektheit? Auf derlei spassbefreiten Ballast kann man hier gut verzichten. Das Altersheim ist kein Schonraum, sondern das Königreich einer raffgierigen Direktorin. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind keine harmlosen Tattergreise, die bloss noch auf den Tod warten, sondern originelle Figuren, in denen trotz aller körperlichen Einschränkungen ein starker Geist wohnt. Gegen Ende verliert die Handlung etwas an Fahrt, und das Finale ist leider ein bisschen dünn geraten. Trotzdem ist diese besondere Rache-Komödie ein grosses Vergnügen. Der schwarze Humor stirbt zuletzt!
«Ich lasse mir nichts mehr gefallen» von Gustave Kervern finden Sie bis zum 27.2.2025 in der Arte-Mediathek (kostenlos). Mit Yolande Moreau, Laure Calamy und vielen anderen.
«Ich lasse mir nichts mehr gefallen»: Die rasante Komödie im Trailer.
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