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Mit der VR-Brille in die weite Welt

Aufsetzen – erleben – erinnern: Nach diesem Motto reist man per Virtual-Reality-Brille an spannende Destinationen von nah bis fern. In der Senevita Güpf in Wohlen AG konnte die Zeitlupe mitreisen.

Text: Annegret Honegger

Sonnenuntergang am Sandstrand, Städtebummel, Bergpanorama – an einem einzigen Nachmittag. Was nach einem verrückten Ferienplan klingt, schafft man dank virtueller Realität (VR) spielend. «Wo wollen wir heute hinreisen?», fragt Geschäftsführer Thomas Zimmerli: «Nach Venedig, Santorini oder nach Saas Fee?»

Hans, Heidi und Rüdiger entscheiden sich für die griechische Ferieninsel. Alle setzen ihre VR-Brillen auf und schon gehts los in die Süd-Ägäis. Der Blick schweift über weiss gekalkte Häuser, über felsige Küsten und übers Meer. Postkartenaussichten – und man fühlt sich mittendrin. Zum Greifen nah sind die Auslagen in den Geschäften der Altstadt, fast meint man, den frischen Fisch auf den Tellern des Strandrestaurants zu riechen und das Kitzeln der Brandung zwischen den Zehen zu spüren.

Die Kamera und die Stimme des Reiseführers nehmen einen mit durch enge Gässchen, vorbei an Souvenirläden zum Strand, wo junge Leute Volleyball spielen und Badegäste ihre Ferien geniessen. Die weisse Kalkfarbe halte die Häuser im Sommer kühl, wird erklärt, und der Sonnenuntergang in der Bucht von Amoudi sei der schönste der ganzen Insel.

Beeindruckende Technik

Längst hat man vergessen, dass man eine ziemlich klobige Brille trägt und in einem ganz gewöhnlichen Raum im Aargau sitzt. Man kann den Kopf drehen und wenden, nach oben und unten blicken – dank der auf Sitzhöhe gefilmten 360-Grad-Videoaufnahmen dünkt einen, man sitze selbst im Strandcafé oder flaniere durch die Altstadt – bis nach 14 Minuten der Film und der Insel-Trip enden und statt der griechischen Sonne wieder Neonröhren leuchten.

Die Reisenden nehmen ihre Brillen von der Nase, noch ganz bei den Eindrücken ihrer virtuellen Kurzferien. «Fantastisch!», fasst Hans das Erlebte zusammen. Ihn hat nicht nur die Landschaft beeindruckt, sondern auch die Technik: «Was in diesem Gerät drinsteckt – faszinierend!» Rüdiger, der früher auf Santorini Ferien machte, ist glücklich: «Alles wieder zu sehen, war sehr schön.»

Im umfangreichen Reisekatalog der Firma «VitaBlick» kommen auch Weitgereiste auf ihre Kosten. Über 150 Destinationen haben die Video-Teams bisher besucht und ermöglichen mit ihren Filmen Streifzüge rund um den Globus. In Kategorien wie Kultur, Natur oder Tierreich ist vom alten Ägypten bis zur Appenzeller Heuernte, von der Blumeninsel Mainau bis zur Basler Fasnacht, vom Besuch im Verkehrshaus bis zum Tauchgang im roten Meer alles dabei. Entspannungsreisen führen in den Winterwald, an einen ruhigen See oder zu herzigen Hundewelpen.

360-Grad-Reisen

Dem jungen österreichischen VitaBlick-Gründer Amadeus Linzer kam die Idee fürs virtuelle Reisen, als sein Grossvater bettlägerig wurde. Dank der modernen Technik brachte er die Welt, die sein Opa nicht mehr selbst sehen konnte, zu ihm nach Hause. Zusammen mit Fachleuten entwickelte er 360-Grad-Reisen, die mittlerweile in über 300 Senioren-Institutionen eingesetzt werden. Ein Video-Team erweitert den Katalog ständig.

«Anfangs wirken die grossen Brillen etwas befremdlich», ist die Erfahrung von Geschäftsführer Thomas Zimmerli, der das Projekt bei Senevita mitentwickelt hat, «aber man gewöhnt sich rasch daran – und geniesst einfach.» Wie beim Autofahren werde es manchen Menschen allerdings schwindlig. Wichtig sei deshalb, am Tisch zu sitzen, wo man sich jederzeit festhalten könne. Im Reisebeschrieb ist immer angegeben, ob einen grosse Höhe, eine Bootsfahrt oder Menschenmengen erwarten.

Thomas Zimmerli ist begeistert, dass er seinen Bewohnerinnen und Bewohnern eine Abwechslung im Alltag anbieten kann, wenn der Koffer mit den VR-Brillen wieder einmal in der Senevita in Wohlen Station macht. Denn dank VR-Technologie können auch nicht mehr so mobile Menschen reisen: Wieder einmal nach Venedig, zurück an einen Ort ihrer Kindheit oder endlich auf Safari in Afrika.

Heidi, Hans und Rüdiger haben noch nicht genug, blättern in der Reisebroschüre und einigen sich auf einen Städte-Trip nach Bern. Janina vom Aktivierungs-Team hat die Technik im Griff: Per iPad startet sie die Reise und kann am Bildschirm mitverfolgen, was die Reisenden durch ihre Brille sehen.

Stippvisite z’Bärn

«Grüessech» heisst es zur Begrüssung und schon fährt man über die Aare Richtung Zytglogge-Turm und Berner Münster. Velos flitzen vorbei, Kinder spielen am grossen Brunnen und ein paar Teenager starren auf einer Treppe in ihre Handys. Die Stimme im Ohr erzählt vom Bundeshaus und wo es in der Rathausgasse die beste Fonduemischung gibt. Auf der Münsterplattform wird Tischtennis gespielt, Glacé geschleckt, geplaudert – es wirkt, als ob man sich einfach dazusetzen könnte. Aber auch diese Reise endet wieder in Wohlen. Heidi wäre gern länger in Bern geblieben. «Ich habe lange gleich unterhalb des Münsters gewohnt», erzählt sie. Ganz im Sinne von VitaBlick, dass das Reisen die Erinnerung anregt und für Gesprächsstoff sorgt.

Noch ein letztes Mal für heute heisst es «Brille auf»: Diesmal geht es von Saas Fee hoch hinauf mit der Metro Alpin, der höchsten Standseilbahn der Welt. Ein Besuch im Drehrestaurant und der Eisgrotte, eine rasante Skifahrt und das herrliche Panorama auf der Sonnenterrasse sind inbegriffen. Bloss zugreifen kann man beim Apero-Plättli leider nur mit den Augen.

Mehr übers Reisen mit VR-Brille auf www.vitablick.com

Beitrag vom 24.09.2025

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