Die etwas verrückte Hochzeitsreise von 1965
Vreni und Ruedi Etter erzählen 54 Jahre nach ihren Flitterwochen per Zug und Schiff in Videos, Hördateien und mit alten Bildern von ihrer Reise nach Nordnorwegen. Sie haben so einiges erlebt.
Von Claudia Herzog und Fabian Rottmeier
Sie sind 25-jährig, einige Monate verheiratet, und wollen auf ihrer Hochzeitsreise die Mitternachtssonne im hohen Norden sehen. Dafür nehmen Vreni und Ruedi Etter aus dem zürcherischen Bachenbülach im Juni 1965 einiges auf sich. Nicht alle wären etwa begeistert vom Gedanken, zwischen Oslo und Bodø 24 Stunden im selben Zug zu verbringen. 1290 Kilometer lang ist diese Zugstrecke und macht doch nicht einmal die Hälfte der Distanz aus, die die beiden zurücklegen.
Die Reise führt die heute 79-Jährigen von Basel aus per Zug nach Hamburg, Kopenhagen, Trondheim und Bodø. Von dort geht es per Hurtigruten-Schiff zu den Lofoten und weiter nach Hammerfest – und zur Mitternachtssonne. Später wandert das Ehepaar durch den norwegischen Rondane-Nationalpark.
In der Juli-August-Ausgabe der Zeitlupe erzählen fünf Leserinnen von ihren früheren Ferien-Erlebnissen. Vreni und Ruedi Etter haben das «Zeitlupe-Team» in ihrem Garten empfangen, um das aus ihrer heutigen Sicht «etwas verrückte Abenteuer» samt seiner herrlichen Anekdoten Revue passieren zu lassen – in Form von Videos, Hördateien und Bildern von damals. Sie handeln vom «teuersten Essen», von grünen Äpfeln, von überraschenden Gästepflichten in norwegischen Wanderhütten oder vom erhabenen Gefühl, das Ziel Hammerfest am nördlichen Ende Norwegens erreicht zu haben. Zusammen mit seinem Ehepartner, einem Rucksack, einem Schlafsack und viel Sitzleder.
Vreni Etter schwärmt im Video von der Holzhütte in Hammerfest
«Sie raucht eigentlich gar nicht», sagt Ruedi Etter zum Foto seiner Frau Vreni, die sich 1965 in der Mitternachtssonne von Hammerfest seine Pfeife ausleiht.
Doch auch Ruedi Etter kommt an diesem Abend zum Zug. Die charmante kleine Holzhütte gefällt ihm ebenso wie der Blick aufs Meer und die Sonne.
Er hatte schon lange von diesem Moment geträumt: «Ich brauchte diese Reise», sagt Ruedi Etter.
«Wir waren uns der riesigen Distanzen nicht bewusst.»
«Für damalige Verhältnisse waren die norwegischen Schlafwagen sensationell», sagt Ruedi Etter. Er vermutet, dass diese «Schlafwagenkultur» mit den grossen Distanzen in Norwegen zu tun hatte.