Henri Dunant um 1855 © creative commons

Ein Buch, das die Welt veränderte

Henry Dunants flammender Appell «Eine Erinnerung an Solferino» erscheint über 160 Jahre nach der Erstveröffentlichung in einer neuen Fassung.

Eine blutige Schlacht, Abertausende von Verwundeten und Toten und im Zentrum des Geschehens ein einsamer Mann. Dieser hiess Henry Dunant und löste mit der Beschreibung seiner Erlebnisse in der historischen Schlacht von Solferino eine weltweite Bewegung aus, die für die damalige Zeit revolutionär war. Während einer Reise wurde der 1828 in Genf in eine tief gläubige Familie geborene Geschäftsmann in der Nähe der Stadt Solferino Zeuge der erschreckenden Zustände unter den Verwundeten nach einer Schlacht zwischen der Armee Österreichs sowie den Truppen Sardinien-Piemonts und Frankreichs.

Schlacht von Solferino
Henry Dunant in Solferino © Museo nazionale del Risorgimento, Torino

Damals kannte die Bevölkerung nur verherrlichende Kriegserzählungen. Henry Dunant hingegen beschrieb das Leid nach den Kämpfen 1858 in Norditalien realistisch. Er würdigte die Frauen, die sich selbstlos um Tausende schwerverletzte Soldaten beider Seiten kümmerten – sie hielt er für die eigentlichen Heldinnen dieser Schlacht.

Die Schilderungen erschütterten die Leserinnen und Leser. Der Schweizer General Guillaume-Henri Dufour etwa schrieb an Henry Dunant, dass man durch sein Buch erkenne, dass Schlachtenruhm mit Leid und Tränen bezahlt werde und man nach der Lektüre nicht mehr länger nur die glänzenden Seiten des Krieges sehen könne.

Henry Dunant liess seine Schrift in einer Auflage von etwa 1500 Exemplaren auf eigene Rechnung drucken und sandte sie an einflussreiche Persönlichkeiten seiner Zeit. Auf den letzten Seiten schlägt er vor, eine internationale «Hilfsgesellschaft» auf der Grundlage von «Menschlichkeit und Zivilisation» zu gründen. Sein Buch war flammender Appell und Zukunftsvision zugleich – und so überzeugend, dass es Staatsmänner und gekrönte Häupter Europas zusammenführte, die diese utopisch anmutende Idee in die Tat umsetzten: die Gründung der weltweiten Bewegung des Roten Kreuzes.

Ab 1892 lebte Henry Dunant verarmt und unbekannt in einem Spital in Heiden im Appenzell. Als ein Journalist ihn in einer Illustrierten porträtierte und so wieder ins gesellschaftliche Gedächtnis zurückrief, erhielt Henry Dunant 1901 den Friedensnobelpreis und überarbeitete mit 74 Jahren sein Buch zum siebten und letzten Mal. Er regte darin an, dass das Rote Kreuz sich auch in Friedenszeiten für Hilfebedürftige einsetzten sollte, was zwanzig Jahre später auch geschah.

Die eben vom SRK neu herausgegebene Ausgabe 2024 basiert auf dieser letzten, dreissig Jahre nach der Erstausgabe 1862 überarbeiteten Version des Textes, das quasi Henry Dunants Vermächtnis darstellt. Das reich bebilderte und kommentierte Werk wirft ein spannendes Licht auf das, was noch heute die Grundidee des Roten Kreuzes darstellt

«Eine Erinnerung an Solferino» ist in der neuen Fassung für CHF 8 ab Oktober 2024 im Shop des Schweizerischen Roten Kreuzes erhältlich.

Beitrag vom 21.10.2024

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