Wenn das Leben beschwerlicher wird, dann kommt die Zeit, sich mit Fragen der Betreuung zu befassen. Eine neue Studie zeigt auf, was gute Betreuung kostet – und wie sie finanziert werden könnte.
Von Kurt Seifert
Wir leben heute im Durchschnitt länger als die Generationen unserer Vorfahren – und wir sind in der Regel gesünder als sie. Das heisst aber nicht, dass nicht auch wir eines Tages abhängig von der Unterstützung und Hilfe durch andere werden – oder es vielleicht schon sind.
Die Schweiz verfügt über verhältnismässig gute Voraussetzungen für ein gesichertes Leben im Alter. Eine gravierende Lücke im System tut sich allerdings auf, wenn es um Fragen der Betreuung geht. Nur eine Minderheit älterer Menschen ist pflegebedürftig, doch auf Angebote, die das Leben erleichtern und eine selbstständige Existenz im Alter erst möglich machen, sind viele angewiesen.
Bislang wurde dies vor allem als familiäre Aufgabe angesehen. Da aber längst nicht alle Angehörigen in der Nähe leben und sie zudem häufig durch häusliche und berufliche Verpflichtungen gebunden sind, stellt sich die Frage, wer diese Aufgabe übernehmen soll.
Menschen, die mit genügend finanziellen Mitteln ausgestattet sind, können solche Dienstleistungen bei entsprechenden Anbietern einkaufen. Es gibt auch Nonprofit-Organisationen wie Pro Senectute, die sich um Fragen der Betreuung kümmern. Wie Untersuchungen zeigen, ist der Bedarf allerdings um einiges grösser als das bisherige Angebot – vor allem auch dann, wenn es kostengünstig sein soll.
Vorschläge zur Finanzierung
Konkret bedeutet dies, dass mehr als 620 000 Menschen über 65 Jahren Betreuung benötigen, diese aber nicht in ausreichendem Mass oder gar nicht erhalten. Pro Jahr fehlen rund 20 Millionen Betreuungsstunden, um den effektiven Bedarf zu decken. Die Kosten dafür belaufen sich zwischen 800 Millionen und 1,6 Milliarden Franken. Diese Zahlen stammen aus einer Studie* der Paul-Schiller-Stiftung, die kürzlich veröffentlicht worden ist.
Die Studie berechnet nicht nur Bedarf und Kosten, sondern macht auch Vorschläge zur Finanzierung. In fünf verschiedenen Modellen wird skizziert, wie bereits bestehende Systeme ausgebaut und ergänzt werden könnten. Auf diese Weise soll ein Grundangebot an Betreuung für alle geschaffen werden, die dies wünschen. Entscheidend dabei ist, dass ein solches Angebot auch jenen zugänglich gemacht wird, die nur über ein schmales Budget verfügen.
Die Paul-Schiller-Stiftung schreibt in einer Broschüre, die die wichtigsten Studienergebnisse und Schlussfolgerungen enthält, jetzt sei «politischer Gestaltungswille» gefragt. Zusätzliche öffentliche Gelder für eine gute Betreuung im Alter sind sinnvoll investierte Mittel: Sie können die eigenständige Existenz älterer Menschen fördern und einen entscheidenden Beitrag zu einer «Gesellschaft des langen Lebens» leisten. ❋
*Die Studie und weitere Dokumente können von der Website gutaltern.ch heruntergeladen werden.
Ein gutes Alter – für alle!
Um Fragen der Betreuung geht es auch an einer nationalen Tagung, die am 29. Oktober 2021 in Bern stattfinden soll – sofern es die Pandemiemassnahmen erlauben. Eine zentrale Frage der Tagung lautet: «Brauchen wir eine Volksinitiative für ein gutes Alter für alle?»
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit Betreuung im Alter gemacht? Dann schreiben Sie uns doch einen Kommentar dazu.
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