© Jessica Prinz

«In Gegenständen bleibt das Leben sichtbar»

Gegenstände sind Brücken zu anderen Menschen und Zeiten.  Sie halten Erinnerungen und Gefühle wach. Kulturwissenschaftler Walter Leimgruber weiss um ihre Bedeutung und ihren emotionalen Wert. 

Was zeichnet Menschen aus, die Lieblings- oder Erinnerungsgegenstände aufbewahren?
Bereits ein Baby ertastet seine Umgebung, es entdeckt neue Formen und Gegenstände. Diese Verbindung mit der gegenständlichen Welt bleibt ein Leben lang erhalten, und viele der Dinge, denen wir im Laufe der Jahre begegnen, werden uns wichtig. Darum bin ich fast sicher, dass jeder Mensch Dinge aufbewahrt – auch wenn einige sie vielleicht nur in der Erinnerung speichern. 

Was zeichnet diese Gegenstände aus?
Sie markieren wichtige Phasen, Ereignisse und Übergänge im Leben. Der vertraute Teddy eines kleinen Kindes ist mehr als ein Teddy – er vermittelt Sicherheit in einer sich verändernden Welt. Die Erinnerung an ihn bringt dieses Gefühl von Geborgenheit zurück. Andere Gegenstände halten die Verbindung zur ersten Liebe, zu einer verstorbenen Person, zu früheren Generationen oder auch zu einem anderen Ort aufrecht. Sie rufen Erinnerungen und Gefühle hervor, die man noch nicht loslassen möchte. Mit solchen Dingen lässt sich das eigene Leben zeitlich und räumlich wie auf einem Koordinatennetz ordnen und strukturieren. Manchmal braucht es dazu nicht einmal Worte: Ich weiss von einer Familie, die jedes Jahr zu Weihnachten einen ganz bestimmten Gegenstand an den Baum hängt – als Erinnerung an ein früh verstorbenes Geschwisterchen. 

Das Thema interessiert Sie?

Werden Sie Abonnent/in der Zeitlupe.

Neben den Print-Ausgaben der Zeitlupe erhalten Sie Zugang zu sämtlichen Online-Inhalten von zeitlupe.ch, können sich alle Magazin-Artikel mit Hördateien vorlesen lassen und erhalten Zugang zur Online-Community «Treffpunkt».

Zeitlupe abonnieren oder