Beim Trauern gibt es kein Richtig oder Falsch, keinen Zeitplan und kein Schema X, erklärt unsere Expertin Margrit von Wyl.
Trauer hat ganz unterschiedliche Ursachen. Menschen trauern um Verstorbene, aber auch um die vertraute Wohnung oder um ein Haustier. Abschied zu nehmen, ist eine Herausforderung für alle. Aber wie man Trauer erlebt und äussert, ist sehr persönlich. Jede und jeder verarbeitet einen Verlust auf eigene Art und im eigenen Tempo. Die Beziehung zu den Verstorbenen spielt ebenso eine Rolle wie die Umstände eines Verlusts oder wie man mit den eigenen Gefühlen umgeht.
Wechselbad der Gefühle
Früher ging man von einer festen Abfolge von Trauerphasen vom Nicht-Wahrhaben-Wollen über Wut oder Depression bis hin zur Akzeptanz aus. Heute weiss man, dass Trauer keiner geraden Linie von unendlich traurig bis wieder glücklich folgt, sondern ein Auf und Ab ist, ein Wechselbad der Gefühle.
Meist kommt Trauer in Wellen. Anfangs ist sie düster und vielleicht so stark, dass man glaubt, kaum mehr atmen und leben zu können. Mit der Zeit wird sie weicher und geschmeidiger, die Wellen erfolgen seltener, sind kleiner und kürzer.
Mit den Verstorbenen bleiben wir ein Leben lang verbunden. Viele sprechen mit ihnen, fragen sie um Rat und erhalten Hilfe. Oft trauert man doppelt: Um eine verstorbene Person und um das Leben zu zweit. Nach einer langen Zeit als Paar wieder auf sich selbst gestellt zu sein, kann anspruchsvoll sein. Manche möchten am liebsten auch gleich sterben.
Persönlicher Trauerweg
Trauernde werden vom Umfeld genau beobachtet. Aussenstehende wundern sich etwa, wenn jemand «schon» nach kurzer Zeit wieder lacht. Oder «immer noch» weint, obwohl bereits ein halbes Jahr vergangen ist. Solche fixen Vorstellungen führen leider dazu, dass viele Trauernde ein schlechtes Gewissen haben oder sich Vorwürfe machen.
Doch es ist wichtig, seinen eigenen Trauerweg zu gehen. Die Gefühle nicht zu verdrängen, nicht immer stark sein und alles im Griff haben zu wollen. Tränen lösen den Schmerz. Auch reden hilft. Mit der Zeit entsteht eine Balance, wann man die Trauer zulässt und wann man sich wieder dem Leben zuwendet.
Unterstützung suchen
Spürt man, dass die Gedanken über längere Zeit ums Immergleiche kreisen, man ständig müde und antriebslos ist, dann ist vielleicht Unterstützung von aussen angezeigt. Helfen kann eine Vertrauensperson wie etwa eine Trauerbegleiterin oder ein Seelsorger. Auch ein Trauercafé ist ein geschützter Ort, an dem man sich öffnen kann und Verständnis erfährt. Bei unseren Treffen sind manche schon seit Jahren dabei, für andere ist die Trauer noch ganz frisch. Zu erleben, wie die Gruppe einander unterstützt und trägt, ist immer wieder berührend und schön.