Im kommenden Jahr tritt das revidierte Erbrecht in Kraft. Verpassen Sie nicht, Ihren letzten Willen mit der neuen Gesetzgebung abzugleichen.
«Schon vor Jahren habe ich meinen Nachlass in einem Testament geregelt. Nun lese ich in der Zeitung, dass ab dem 1. Januar das revidierte Erbrecht gilt. Was ändert sich dadurch? Muss ich mein Testament anpassen?»
Ja, es kann tatsächlich sein, dass Ihr Testament Anpassungen braucht. Ich empfehle Ihnen deshalb, es einer Notarin vorzulegen. Sie wird erkennen, ob wegen der neuen Gesetzgebung Änderungen notwendig sind.
Das alte Erbrecht, das noch bis zum 31. Dezember gilt, ist über hundert Jahre alt. Die Familienstrukturen sahen damals anders aus als heute, wo Scheidungen, Konkubinate und Patchworkfamilien zum Alltag gehören. Das revidierte Erbrecht trägt dieser Entwicklung Rechnung. Es gibt dem Erblasser oder der Erblasserin mehr Handlungsspielraum, weil gewisse Pflichtteile – also jene Anteile des Nachlasses, die die Erbinnen und Erben zwingend bekommen müssen und die sie notfalls auch vor Gericht einklagen können – reduziert werden. Hier die wichtigsten Neuerungen auf einen Blick.
Der Pflichtteil der Eltern fällt weg. Wenn Sie unverheiratet sind oder in nicht eingetragener Partnerschaft leben und keine Nachkommen haben, können Sie nach dem neuen Recht über Ihren Nachlass frei verfügen. Bisher war es so, dass Ihre Eltern die Hälfte zugesprochen bekamen, sofern sie noch am Leben waren. Dieser Pflichtteil fällt nun weg. Sie können also Ihr gesamtes Vermögen der Konkubinatspartnerin oder dem Göttibub vermachen.
Der Pflichtteil der Kinder wird kleiner. Wenn einer von zwei unverheirateten Partnern stirbt, galt bisher, dass der Pflichtteil der Kinder drei Viertel des gesetzlichen Erbteils betrug. Wer in seinem Testament die Hälfte seiner Konkubinatspartnerin und die andere Hälfte seinen Kindern vermachen wollte, musste also damit rechnen, dass die Kinder das Testament vor Gericht anfechten. Nach dem neuen Erbrecht beträgt der Pflichtteil der Kinder nun nur noch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die andere Hälfte können Sie zum Beispiel Ihrem Lebenspartner vermachen.
Stirbt einer von zwei Ehepartnern nach dem 1. Januar 2023, haben die Kinder mindestens ein Viertel zugute, der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners beträgt ebenfalls ein Viertel. Das bedeutet: Sie können über die Hälfte des Nachlasses frei verfügen. In der Regel lässt man diese Hälfte auch dem überlebenden Ehepartner zukommen. Das nennt man Meistbegünstigung.
Sobald es ein hängiges Scheidungsverfahren gibt, entfällt der Pflichtteilsschutz. Unter dem alten Recht hatte der Ehepartner noch Anrecht auf einen Pflichtteil, bis das Scheidungsurteil gesprochen war. Er konnte Sie also auch dann beerben, wenn er den Scheidungsprozess jahrelang hinauszögerte. Damit ist nun Schluss.
Für Konkubinatspartner gibt es weiterhin keinen gesetzlichen Erbanspruch. Durch den Wegfall der Eltern-Pflichtteile und die Reduktion der Kinder-Pflichtteile haben Paare im Konkubinat nun aber viel bessere Möglichkeiten, sich gegenseitig zu begünstigen.
Wichtig zu wissen: Die Erblasserin oder der Erblasser muss formrichtig (von Hand oder in einer öffentlichen Urkunde) festhalten, wer das frei verfügbare Vermögen bekommen soll. Tut man das nicht, gelten die gesetzlichen Erbteile, die sich von den Pflichtteilen unterscheiden können. Diese bleiben im revidierten Erbrecht unverändert.
Hier können Sie anonym die gesetzlichen Pflichtteile Ihres Nachlasses berechnen lassen und erfahren, wer Anspruch darauf hat: prosenectute.ch/testamentrechner
Beratung in Ihrer Nähe: Die Adresse Ihrer Pro-Senectute-Beratungsstelle finden Sie hier: www.prosenectute.ch.
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